Rarität in Feldgrau: Ein Hanomag „Sturm“ Cabriolet

Die PKW-Palette des Maschinenbaukonzerns Hanomag wurde in den 1930er Jahren durch das 6-Zylindermodell „Sturm“ gekrönt. Damit wagten sich die stets vorsichtig agierenden Hannoveraner erstmals ins Territorum der Oberklasse vor.

Auf folgender zeitgenössischen Werbeanzeige von Hanomag steht der „Sturm“ entsprechend im Vordergrund:

Hanomag_Reklame

© Hanomag-Reklame der 1930er Jahre aus Sammlung Michael Schlenger

Formal ähnelte der Hanomag „Sturm“ dem Mittelklasse Modell „Rekord“, von dem hier bereits einige Exemplare anhand von Originalfotos vorgestellt wurden (Bildergalerie). Die gelungene Standardkarosserie der beiden Typen stammte von Ambi-Budd in Berlin.

Äußerlich erkennbar war der „Sturm“ in erster Linie am deutlich längeren Vorderbau und – gegebenenfalls – an den sechs Luftklappen in der Motorhaube (beim Rekord meist nur vier). Allerdings verfügten bei beiden Modellen einige Exemplare auch über fünf Luftklappen, was die Identifikation mitunter erschwert.

Im vorliegenden Fall verweist die lange Haube jedoch auf einen Hanomag „Sturm“:

Hanomag_Sturm_Cabrio_Ausschnitt

© Hanomag „Sturm“ Cabriolet, Baujahr: 1934-39; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Auf den ersten Blick könnte dies auch ein Adler „Diplomat“ sein, für den Ambi-Budd dieselbe Basiskarosserie lieferte. Ein Indiz dafür liefern insbesondere die geschlossenen Scheibenfelgen (beim Hanomag sieht man meist gelochte Felgen).

Doch zwei Details sprechen für einen Hanomag „Sturm“: Zum einen der flach auslaufende Vorderkotflügel, der beim Adler „Diplomat“ wuchtiger wirkt und nicht so elegant ins Trittbrett übergeht. Zum anderen entspricht das Flügellogo auf dem Kühlergrill eher demjenigen von Hanomag (beim Adler waren die Schwingen schlanker und länger).

Wer sich über die Aufnahmeperspektive und die geringe Schärfe des Fotos wundert, weiß nicht, dass dies lediglich eine Ausschnittsvergrößerung ist. Denn der Hanomag „Sturm“ auf unserem Bild war nicht allein unterwegs:

Hanomag_Sturm_Cabrio_und_SdKfZ_10_Galerie

© Hanomag „Sturm“ Cabriolet und SdKfz 10; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Man muss kein Spezialist für Militärfahrzeuge sein, um den Kontext der Aufnahme zu erkennen. Das Foto wurde während des 2. Weltkriegs bei einer Einheit der deutschen Wehrmacht geschossen, in der der Hanomag vermutlich als Stabsfahrzeug diente.

Leider verrät das Umfeld wenig über den Aufnahmeort. Die soliden Ziegeldächer sprechen gegen eine Entstehung in Russland, wo auf dem Lande strohgedeckte Dächer dominierten. In Frage kommt eher ein Dorf im ab 1940 besetzten Frankreich.

Mehr sagen lässt sich zu dem Halbkettenfahrzeug, dass hinter dem Hanomag steht:

SdKfZ10_Ausschnitt

Hierbei handelt es sich um ein Sonder-Kraftfahrzeug 10 (SdKfz 10), das zu Zeiten der Weimarer Republik als Artillerie-Zugfahrzeug für die Reichswehr entwickelt worden war.

Das mit einem bis zu 100 PS starken Maybach-Motor ausgestattete Gefährt erwies sich im Krieg als leistungsfähig und zuverlässig und wurde bis 1944 von diversen Herstellern – darunter auch den Frankfurter Adler-Werken – in über 17.000 Exemplaren gefertigt.

Auf unserem Foto ist wahrscheinlich die Variante mit 2cm-Maschinenkanone zur Flugabwehr zu sehen. Markant sind die außen montierten Munitionsbehälter und die Sitzplätze für das Bedienungspersonal (bis zu 8 Mann).

Soweit erkennbar handelt es sich bei den Soldaten auf dem Foto um einfache Wehrpflichtige (zu erkennen am Gefreitenwinkel auf dem Oberarm), die sich wie die meisten Soldaten der Wehrmacht den von der Berliner Führung angezettelten Krieg und seine fatalen Folgen nicht ausgesucht haben…

2 Gedanken zu „Rarität in Feldgrau: Ein Hanomag „Sturm“ Cabriolet

  1. Hallo Bertram, danke für den Korrekturhinweis, habe den Beitrag angepasst, Ein bisserl seltsam finde ich es schon, scharfe Munition außen am Fahrzeug zu deponieren, lässt auf eine Offensivsituation ohne ernstzunehmenden Gegner schließen…

  2. Hallo Michael,

    eine kleine Korrektur: an dem Halbkettenfahrzeug sind nicht außen montierte Benzinkanister zu sehen, sondern Munitionsbehälter.

    Gruß

    Bertram

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