Mysteriöses Hanomag „Rekord“ Cabriolet

Auf diesem Oldtimerblog sind die grundsoliden Vorkriegsautos des Maschinenbauers Hanomag nahezu komplett in historischen Fotos dokumentiert (Bildergalerie).

„Nahezu“ deshalb, weil es immer wieder überraschende Entdeckungen gibt, die das Bild der einstigen PKW-Produktion von Hanomag vervollständigen helfen.

Klar, Bilder von Cabriolets des Erfolgsmodells „Rekord“ (1934-38) gibt es jede Menge. Hier als Beispiel eine Aufnahme eines Exemplars, das im 2. Weltkrieg bei einer Pioniereinheit der deutschen Wehrmacht im Einsatz war:

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© Hanomag „Rekord“ Cabriolet bei der Wehrmacht; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Auch wenn die Aufnahme etwas verwackelt ist, sind die typischen Elemente des von Ambi-Budd gefertigten Standardaufbaus zu erkennen:

Die vier Luftklappen in der Motorhaube, die der Neigung der Motorhaube und der A-Säule folgen, und die als „Meteorschweif“ auslaufende seitliche Zierleiste – ein Detail, das sich auch an den herrlichen Front Luxus Cabriolets von DKW wiederfindet.

So weit, so konventionell. Doch vor einiger Zeit erhielt der Verfasser Fotos eines weit spannenderen Cabriolets, das ebenfalls auf Basis eines Hanomag Rekord gebaut wurde.

Das vermutet jedenfalls der Einsender der Bilder, der rumänische Oldtimer-Enthusiast Radu Comsa. Er war bei der Entdeckung des Wagens 1990 in Bukarest dabei:

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© Hanomag „Rekord“ Cabriolet; Fotoquelle: Radu Comsa

Auf den ersten Blick erinnert die Frontpartie an Ford V8-Modelle der 1930er Jahre oder auch davon inspirierte Renaults. Doch das Innenleben dieses seiner Anbauteile weitgehend beraubten Wagens passt weit besser zu einem Hanomag-Vierzylinder:

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© Hanomag „Rekord“ Cabriolet; Fotoquelle: Radu Comsa

Die Heckpartie ist wie die Front des Wagens formal eigenständig und hat nichts mit der in der Literatur und auf diesem Blog hinreichend dokumentierten Cabriolet-Karosserie zu tun, die einst Ambi-Budd für den Hanomag Rekord lieferte:

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© Hanomag „Rekord“ Cabriolet; Fotoquelle: Radu Comsa

Man ahnt die einstige Schönheit des Wagens, dessen Substanz 1990 noch bemerkenswert intakt erschien. Wieviele Jahre mag das Auto wohl in diesem Zustand ausgeharrt haben, bis es wiederentdeckt wurde?

Denkbar ist, dass das Fahrzeug ehemals als Offiziersauto bei der deutschen Wehrmacht eingesetzt wurde und bei Kriegsende in Rumänien strandete. Dort mag es nach einer zivilen Neulackierung noch eine Weile genutzt worden sein, bis es aus Mangel an Ersatzteilen stillgelegt wurde.

Leider konnte uns Radu Comsa, der auf folgendem Foto im Hintergrund zu sehen ist, nicht mehr zur Geschichte des Autos sagen:

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© Hanomag „Rekord“ Cabriolet; Fotoquelle: Radu Comsa

Hochinteressant sind aber die Informationen, die er auf einer russischen Website zu dem Modell fand. Demnach wurde auf der IAMA 1939 genau ein solches Cabriolet von Hanomag gezeigt, das über eine Sonderkarosserie unbekannter Herkunft verfügte.

Die IAMA war die Internationale Automobil- und Motorradausstellung, die jährlich in Berlin stattfand. Hier eine zeitgenösische Originalreklame für die 1939er Veranstaltung, die der Vorläufer der heutigen IAA war:

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© Originalreklame für die IAMA 1939 aus Sammlung Michael Schlenger

Auf der 1939er IAMA scheint ein Hanomag „Rekord“ Cabriolet desselben Typs ausgestellt worden sein, wie er auf den von Radu Comsa eingesandten Fotos aus Bukarest aus dem Jahr 1990 zu sehen ist.

Leider konnte Radu Comsa nur diese beiden sehr kleinen Belegbilder von besagter russischer Website zuliefern:

© Hanomag „Rekord“ Cabriolet; Fotoquelle: Radu Comsa

Von den Abbildungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Hanomag Cabriolet desselben Typs wie auf unserem Foto zeigen, muss es irgendwo stärker aufgelöste  Versionen geben.

Möglicherweise kann ein Leser mit entsprechenden Quellen weiterhelfen. Schön wäre es auch zu erfahren, wer der Hersteller der schnittigen Karosserie war. Der Verfasser würde aus dem Bauch heraus auf Karmann aus Osnabrück tippen…

7 Gedanken zu „Mysteriöses Hanomag „Rekord“ Cabriolet

  1. You are right, Sir, a marvellous car. Thanks for the message!

  2. Danke für den Hinweis. Sieht in der Tat genauso aus, nur hat das Auto offenbar seither lange ungeschützt draußen gestanden. Demnach war es kein Hanomag „Rekord“, sondern ein Hanomag „Sturm“ mit Gläser-Karosserie. Für dieses Wrack wird der Verkäufer aber wohl kaum den geforderten Preis erhalten…

  3. Das Fahrzeug bzw. die Fahrzeugreste stehen derzeit bei Mobile.de in Rumänien für 20000€ zum Verkauf.

  4. Danke auch für Ihre Einschätzung in Sachen Hanomag Sturm mit Gläser-Karosserie, Herr Garmeister. Nun kann ich den Artikel entsprechend überarbeiten.

  5. Hallo Hano-Freunde, ich würde auch sagen,es handelt sich um einen „Hanomag-Sturm“
    mit „Gläser-Karosserie“ wie er von einem Mitglied der Hanomag-IG, an den Chef der landmaschinen Fa.Krone.verkauft wurde.
    Das Klapp-Verdeck von dem Rekord in Wehrmachts-Ausführung, wäre auch für meinen
    Rekord-Cabrio geeignet .Weiß jemand einen Sattler,der das fertig bekommt?
    Mit freundlichen Grüßen, F.E.

  6. Entschuldigung – nicht Hebmüller, sondern Gläser aus Dresden könnte der Erbauer der Karosserie sein. Gläser hatte diese besondere Form des Kühlergrills.
    Ggf. habe ich noch Fotos eines Hebmüller-Cabrios nach dem Wiederaufbau.
    Zu „Gläser“ habe ich auch noch etwas.

    Der vermeintliche Rekord ist ein Kurier. Erkennbar ist dies an den Luftschlitzen (Kurier). Der Rekord hatte die Luftklappen. Der Kurier hatte Scheibenräder, der Rekord Lochfelgen (Kronprinz).
    Ihre Seiten finde ich hochinteressant!!!!!!!
    Aufmerksam geworden bin ich über „Hanomag-Rekord-Diesel“ als Suchbegriff.
    Den habe ich aber noch nicht ganz fertigt, Er fährt zwar, kann aber noch nicht bremsen…

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