Dieses vorab: Machen Sie sich angesichts des Titels keine Sorgen – es ist alles in bester Ordnung mit dem Industriestandort Deutschland. Den Deutschen des frühen 21. Jahrhunderts geht es blendend – die Konjunktur boomt, die Preise sind stabil, die Rente ist auskömmlich, Immobilien sind wieder erschwinglich und laut Umfrage sind alle glücklich.
So heißt es sinngemäß in dem von mir aus Nostalgie bevorzugten Online-Presseportal, in dem ich morgendlich nur die Überschriften lesen, um zu wissen, was gerade als relevante Meinung gilt. Anschließend bilde ich mir als gewohnheitsmäßig kluger Kopf mein eigenes Urteil anhand anderer Quellen und vor allem: anhand eigener Beobachtung und Überlegung.
Man muss schon die Verhältnisse vor 100 Jahren bemühen, um mit Recht festzustellen, dass es der breiten Masse heutzutage verdammt gutgeht.
Tatsächlich war die Armut der meisten Deutschen Mitte der 1920er Jahre, die zu Unrecht als die Goldenen 20er gelten, bestürzend. Ein Automobil – überhaupt jedes Kraftfahrzeug – war für den Durchschnittsverdiener völlig unerreichbar. Allenfalls ein Fahrrad konnte man sich über viele Monate zusammensparen.
Im wirtschaftlich miserablen Umfeld jener Zeit ging es bei zahlreichen deutschen Autohersteller dem Ende entgegen – das galt auch für solche, die bereits seit der Jahrhundertwende im Geschäft waren.
Dazu zählte der am weitesten im Osten angesiedelten Hersteller in Deutschland überhaupt: Komnick aus Elbing in Westpreußen.
Vor ziemlich genau 100 Jahren – im August 1924 – machten die markanten Wagen mit der ungemein stilvollen Kühlerfront, die den Schild mittelalterlicher Ordensritter zitierte, wohl ein letztes Mal bei einem Sporteinsatz Furore:

Angeblich besaß der 8/40 PS Wagen der Marke Komnick einen drehfreudigen Motor mit Ventilsteuerung über obenliegende Nockenwelle, welcher von der Marke Dinos entlehnt worden war, die anno 1924 die Produktion eingestellt hatte.
Diesen Wagen, der in der Praxis deutlich über 50 PS leistete, bot Komnick mit einer Vielfalt von Aufbauten an, die damals teilweise bereits zum alten Eisen gehörten:
Speziell der „Außenlenker“ mit separatem Coupé-Aufbau für die Passagiere war Mitte der 1920er Jahre nicht mehr auf der Höhe der Zeit – den dazu erforderlichen Chauffeur konnte sich kaum noch einer leisten.
Hinzu kam, dass die Komnick-Wagen besonders teuer waren, weshalb auch der kompakte 4-Sitzer-Tourer für Selberfahrer und erst recht die Limousine kaum Absatz fanden:
Zwei Dinge muss man der Marke Komnick allerdings lassen:
Man ging dem Ende äußerlich mit Würde und Stil entgegen. Außerdem waren die Motoren Musterbeispiele für aufgeräumte und beinahe kunstvoll gestaltete Aggregate, wie sie damals in deutschen Landen eher die Ausnahme darstellten.
So fühlte sich Joachim Fischer anno 1927 in seiner trocken benamten Publikation „Handbuch vom Auto“ bemüßigt, das Komnick-Motor eigens zu präsentieren, merkwürdigerweise als „Normalmotor“, was er gerade nicht war:
Als dieses Werk anno 1927 erschien, ging es bei Komnick bereits rapide dem Ende entgegen – jedenfalls, was den Bau von Personenwagen angeht.
Das letzte mir vorliegende zeitgenössische Zeugnis eines Komnick-Autos ist das folgende, ebenfalls aus der Fischerschen Publikation, und nun mit Vorderradbremsen:
Der Autor konnte nicht ahnen, dass er mit seiner Bezugnahme auf die Komnick-Wagen keine glückliche Wahl getroffen hatte.
Im Erscheinungsjahr seines Buchs war die Komnick-PKW-Produktion bereits Geschichte. Überhaupt ging damals sehr vieles in der Hinsicht zuende und man fragt sich, ab wann den Zeitgenossen klar wurde, welcher Umwälzungen Zeuge sie waren.
Heute las ich, dass die urbritische Marke Jaguar die Herstellung von Verbrennerwagen einstellt und eine Produktionspause einlegt. Ab 2026 will man dann Batteriewagen in der Preisklasse von 100.000-200.000 (Währung in diesen Sphären egal…) bauen.
Wenn das ernstgemeint ist, geht auch heute einiges dem Ende entgegen, doch ohne dass es Ersatz gibt. Darin – und im Stil – liegt vielleicht ein Unterschied zu den späten 1920er Jahren…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Danke – speziell für die Laster der Marke eine sehr umfassende Abhandlung.
Die komplette Komnick -Geschichte:
http://www.aefl.de/ordld/Komnick/Neu171204/komnickindex.htm
http://www.aefl.de/ordld/Komnick/Neu171204/komnickindex.htm
Da gibt es ordentlich was auf die Augen !!!
Das Kreuz auf dem Kühler ist eng angelehnt an das Wappenschild des Deutschen Ritterordens aus dem Mittelalter