Ein Bier auf diese Beute! Ein Praga „Alfa“ Sechszylinder

Um es vorwegzunehmen – das mit dem Bier im Titel spiegelt keine persönliche Präferenz wider. Zwar lasse ich mir gern eines anbieten und weiß die Vielfalt auf dem Sektor zu schätzen. Aber im eigenen Haushalt findet sich nichts dergleichen.

Mein erster Kontakt in Sachen alkoholischer Genussgetränke dürfte bei einer Weinprobe in Hochheim im Rheingau gewesen sein und das war prägend.

Meine Eltern pflegten das mit den regelmäßigen Besuchen meines Onkels Dieter zu verbinden, der nach US-Kriegsgefangenschaft irgendwann dort „gestrandet“ war – wohl während seiner Zeit als Student der Architektur in Mainz.

Vielleicht bei einem Weinfest hatte er eine hübsche junge Hochheimer Kriegerwitwe kennengelernt und alsbald mitsamt „Beutetochter“ geehelicht.

Bekanntlich dominiert im Rheingau der Riesling und lange war selbiger mein Begleiter. Später entdeckte ich die spektakuläre Vielfalt italienischer Weine – zu den besten weißen gehören für mich Gewächse aus Kampanien (der Gegend um den Vesuv). Ein Riesling findet sich heute nur noch selten im Glas – soviel zu diesem wichtigen Thema.

Wieso dennoch ein Bier auf die Beute des heutigen Tages? Nun, zum einen ist die Beute schon etwas älter, wie Sie das in meinem Blog zurecht erwarten, und zum anderen gibt es hier tatsächlich ein Bier zur Feier eines offenbar gelungenen Ausflugs:

Vielleicht müssen Sie eine Weile suchen, doch auf dieser Versammlung prächtiger Individuen gönnt genau einer sich ein Bier nach getaner Arbeit, die offenbar mit der Schrotflinte erledigt wurde und einiges Geflügels sowie eines Hasen Tod war.

Man mag ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag konstatieren, aber bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass hier hinter den Jägern in der vorderen Reihe eine stattliche Anzahl an Helfern abgelichtet ist, die sich bei der Gelegenheit etwas dazuverdienten.

Bei näherer Betrachtung nimmt man auch die sozialen Unterschiede war. Wer mit der Flinte posiert, trägt saubere Kleidung und Krawatte – alle übrigen zeichnen sich eher durch eine Art Räuberzivil aus.

Offenbar wurde von den „einfachen“ Leuten durchaus auch das ein oder andere Jackett aus der besseren Gesellschaft aufgetragen. Auch heute lässt sich eine Jeans mit T-Shirt trefflich mit piekfeinem Nadelstreifen-Blazer von Zegna oder Windsor kombinieren – solche Sachen gibt es neuwertig für überschaubares Geld im Netz.

Was es heute dagegen nicht so leicht gibt, ist die Kombination aus gekonnnt-lässigem Kleidungsstil mit einem Automobil der späten 1920er Jahre:

Praga „Alfa“ Sechszylinder; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Jetzt sehen Sie, was ich Ihnen alles vorenthalten habe, nur um Gelegenheit zu meinen üblichen Abschweifungen zu haben. Aber das ist der (einzige) Preis, den Sie „zahlen“ müssen, wenn Sie sich auf ein Blog-Format zum Thema Vorkriegsautos einlassen.

Natürlich wissen Sie, dass das hier Gebotene trotz aller nervigen Um- und Abwege konkurrenzlos ist im deutschen Sprachraum, und bleiben seufzend dran. Immerhin sind wir jetzt schon weiter als auf dem ersten Ausschnitt und sehen – ein Automobil!

Leider gibt die Rückseite des Originalabzugs außer dem Aufnahmejahr 1932 nichts weiter her. So könnte man geneigt sein, hier eine typische US-Limousine zu erkennen, wie sie Ende der 1920er Jahre in weiten Teilen Europas anzutreffen war.

Doch das tschechische Kennzeichen eröffnet eine weitere Möglichkeit.

So gelang es dem einheimischen Hersteller Praga ab 1927 Anschluss an den von den Amerikanern bestimmten Trend hin zu geräumigen Sechszylinderwagen zu finden – zumindest formal, nicht, was Leistung oder gar Stückzahlen angeht.

Das seit 1922 angebotene mittlere Modell „Alfa“ wurde jedenfalls mit einem neu entwickelten kleinen 6-Zylindermotor ausgestattet, der bei 1,5 Litern Hubraum knapp 30 PS leistete.

Überzeugender war hingegen die äußerliche Gestaltung nach US-Vorbild, nur die Kühlerfigur und der Markenschriftzug auf dem Kühler verweisen auf Praga:

Praga „Alfa“ Sechszylinder; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Anerkennenswert ist, dass die Tschechen, die nach Erlangung der staatlichen Eigenständigkeit nach dem 1. Weltkrieg mit einem winzigen, wenig entwickelten Automobilmarkt zu kämpfen hatten, überhaupt den Versuch unternahmen, sich stärker nach oben zu orientieren als das beim bisherigen Vierzylinder-„Alfa“ der Fall war.

Zumindest optisch darf der Praga „Alfa“-Sechszylinder, der bis 1929 im Programm blieb, als absolut gelungen gelten.

Darauf dürfen die tschechischen Vorkriegsautofreunde noch heute stolz sein wie auf so viele andere Kreationen jener Zeit – und da die Tschechen eher zum Bierkonsum neigen, bleibt am Ende doch der Ausruf berechtigt „Ein Bier auf diese Beute“…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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