Auch in „ziviler“ Version ganz schön flott: NSU 5/25 PS

Mit der Marke NSU verbinden selbst Freunde von Vorkriegsautos am ehesten Motorräder – erst recht, wenn es um sportlichen Einsatz geht.

Klar, aus der Nachkriegszeit kennt man die Krawallschachteln vom Schlage eines NSU „Prinz“ TT, die mit hervorragendem Leistungsgewicht punkteten. Dass NSU aber schon vor dem Krieg Autos baute, wissen die wenigsten.

Am ehesten bekannt sind die NSU-Fiats der 1930er Jahre, die jedoch mit NSU nur so viel zu tun hatten, dass sie im einstigen NSU-Werk in Heilbronn gefertigt wurden.

Tatsächlich gehörte NSU bis in die 1920er Jahre zu den bedeutendsten Automarken im deutschsprachigen Raum. Entsprechend häufig sind historische Fotos von NSU-Wagen –  auch auf diesem Blog sind einige vertreten.

In hiesigen „Oldtimer“-Magazinen wird man Vorkriegs-NSUs kaum finden. Noch weniger bekannt sein dürften die sportlichen Einsätze von NSU-Autos in der Zwischenkriegszeit.

Dabei hat einer der Rennboliden, mit denen NSU spektakuläre Erfolge einheimste, sogar überlebt – der bis zu 175 km/h schnelle NSU 6/60 PS mit Kompressor.

Im Archiv des Verfassers befinden sich Aufnahmen von Renneinsätzen des ebenfalls aufgeladenen Vorgängermodells NSU 5/25 PS. Eines davon haben wir hier als Fund des Monats gezeigt.

Hier nun ein weiteres Bild desselben Autos, das 1925 beim Taunusrennen den Gesamtsieg errang und damit diverse Bugattis bezwang:

NSU_5-25_PS_Kompressor_Taunusrennen_1925_Ausschnitt

NSU 5/25 PS Kompressor; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Die unbedingte Zuverlässigkeit, der NSU diesen Sieg gegen eine überlegene Konkurrenz verdankte, ließ sich in Verkaufserfolge des „zivilen“ 5/25 PS Modells ummünzen, das von 1925-28 gebaut wurde.

Der neue Typ löst das 5/15 PS-Modell ab, das wir hier anhand einer schönen Originalaufnahme vorgestellt haben. Im ersten Produktionsjahr besaß der NSU 5/25 PS noch einen moderaten Spitzkühler wie der Wagen auf folgender Reklame:

NSU-Reklame der frühen 1920er Jahre; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Doch schon 1926 erhielt der NSU Typ 5/25 PS einen Flachkühler und – was weit wichtiger war – Vierradbremsen als Extra.

Bis dahin wirkte die Fußbremse nur auf die Kardanwelle und musste durch Einsatz der auf die Hinterräder wirkenden Handbremse unterstützt werden.

Sportlich veranlagte Käufer konnten den NSU Typ 5/25 PS zudem mit längerer Hinterradübersetzung ordern, die eine höhere Endgeschwindigkeit als die offizielle Spitze von 75 km/h erlaubte.

Wer bei dieser Angabe lächelt, hat vermutlich die damaligen Straßenverhältnisse nicht bedacht und kann sich nicht vorstellen, wie schnell sich ein Tempo von 70-80 km/h in einem über 90 Jahre alten Automobil anfühlt.

Einen sportlich bewegten NSU des Typs 5/25 PS sehen wir auf folgender Aufnahme, auch wenn dies erst auf den zweiten Blick deutlich wird:

NSU 5/25 PS; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks

Dieses zauberhafte Dokument – so reizvoll sind nur historische Fotos von Vorkriegsautos – verdanken wir Klaas Dierks, der uns bereits einige Vintageaufnahmen aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt hat.

Nicht ausschließen können wir aus dieser Perspektive, dass es sich um ein Exemplar des parallel gebauten, aber deutlich stärkeren NSU Typ 8/40 PS handelt, der für eine Höchstgeschwindigkeit von über 100 km/h gut war.

Von vorne sahen die beiden Wagen praktisch identisch aus, soweit sich dies anhand der spärlichen Dokumente sagen lässt.

Die Wahrscheinlichkeit spricht aber für den gängigeren Typ 5/25 PS. Offenbar hat sich hier der Besitzer von den sensationellen Erfolgen der Werksrennwagen mit Kompressor zu eigenen wettbewerblichen Aktivitäten inspirieren lassen.

Auf der Motorhaube kann man die aufgepinselte Startnummer 130 erkennen, wenn nicht alles täuscht. Dazu passend weist der Wagen Spuren eines kürzlichen Einsatzes auf. Wie die Sache ausgegangen ist, wissen wir leider nicht.

Doch muss der Besitzer in Sektlaune gewesen sein, als er dieses Foto seiner zierlichen Partnerin schoss. Selbige scheint ebenfalls guten Mutes gewesen sein, denn auf dem Kühlergehäuse eines Autos balanciert man nicht so ohne weiteres:

Es gehört zu den Privilegien der Beschäftigung mit Vorkriegsautos auf alten Fotos, die einstigen Besitzer genauso zu erleben, wie sie mit diesen Fahrzeugen umgingen.

Generell kannte man keine Scheu, wenn es darum ging, sich möglichst vorteilhaft mit dem eigenen Wagen zu präsentieren – Bilder von Damen, die neckisch auf der Motorhaube posieren, gibt es aus jenen Zeiten zuhauf.

Doch so eine charmante Kühler“figur“, die jedem Modemagazin Ehre gemacht hätte, findet man auch auf Bildern von Vorkriegsautos nicht alle Tage.

Schon gar nicht heute, wo die Besitzer historischer Fahrzeuge hierzulande nur selten so stilbewusst unterwegs sind wie diese ansehnlichen Damen bei den Classic Days 2014 auf Schloss Dyck:

Classic Days Schloss Dyck 2014; Bildrechte: Michael Schlenger

Na, meine Herren, wäre das nicht eine Anregung für die beste aller Beifahrerinnen bei der nächsten Ausfahrt?

© Michael Schlenger, 2017. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://www.klassiker-runde-wetterau.com with appropriate and specific direction to the original content.

 

 

 

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