Heute kann ich eine Lücke in der Dokumentation der PKW-Typen der einst hochbedeutenden Marke Brennabor aus Brandenburg schließen.
Wenn ich es richtig sehe, gilt das nicht nur für meine stetig wachsende „Brennabor“-Galerie, sondern auch für die bislang erschienene – ziemlich dürftige – Literatur zu den bis 1933 gebauten Automobilen der Traditionsmarke.
Diesen Lückenschluss verdanke ich Leser Marcus Bengsch, der bereits viele Fotoraritäten aus seiner Sammlung beigesteuert hat.
Auch diesmal handelt es sich um Bilder, bei denen das Automobil eher als Staffage für Momentaufnahmen von großem Reiz dient. Hier hätten wir Nr. 1:

Diese hübsche Situation entstand einst auf einer Flussfähre – erkennt jemand die Landschaft im Hintergrund?
Das Kennzeichen verweist auf eine Zulassung im Raum Bochum, aber das muss nicht zwingend ein Hinweis auf den Entstehungsort des Fotos sein.
Dass wir hier einen Brennabor vor uns haben, verrät auf Anhieb das „B“ auf der eindrucksvoll dimensionierten Kühlermaske. Das gesamte Erscheinungsbild ist stark von US-Automobilen der späten 1920er Jahre geprägt.
Dies gilt auch für die auf zwei Gruppen pro Seite verteilten waagrechten Entlüftungsschlitze in der Motorhaube. Wer sich ein wenig mit den Brennabor-Modellen jener Zeit auskennt, könnte spontan an ein Exemplar des Typs Z 6/25 PS denken.
In der Tat besteht auf den ersten Blick einige Ähnlichkeit mit diesem 1928/29 gebauten Vierzylindermodell konventioneller Bauart:
Treuen Lesern meines Blogs wird diese schöne Aufnahme bekannt vorkommen – ich habe sie hier anlässlich der ausführlichen Besprechung des Brennabor Z-Typs gezeigt.
Dem aufmerksamen Betrachter werden vor allem zwei Details auffallen, die den Brennabor Typ Z 6/25 auszeichnen, aber auf dem eingangs gezeigten Foto fehlen:
- die Frontschutzbleche bestehen aus zwei Teilen und weisen eine umlaufende Prägung auf – beim ersten Foto sind die Kotflügel einteilig und glatt ausgeführt,
- die Luftschlitze reichen in der Haubenseite nicht so weit hinauf, es sind beim Z-Typ nur fünf pro Gruppe, während auf dem ersten Foto deutlich mehr zu sehen sind.
Für die Frontpartie des eingangs gezeigten Wagens kommt der Literatur nach zu urteilen scheinbar der Brennabor Typ C der frühen 1930er Jahre in Betracht.
Doch dieser besaß verchromte Nabenkappen und war zudem nicht mit einem so aufwendigen Aufbau verfügbar:
Dieser Wagen ist als viertürige Cabrio-Limousine mit zwei ovalen Heckfenstern ausgeführt, die ich bislang an keinem deutschen Serienwagen jener Zeit gesehen habe.
Der von der Frontpartie her ähnliche Brennabor Typ C war nur als Cabrio oder zweitürige Limousine erhältlich. Was also ist das für ein Modell?
Nun, allein auf Grundlage der Abbildungen in der mir vorliegenden Literatur hätte ich dies nicht sicher ermitteln können – es gibt dort keine vergleichbare historische Aufnahme.
Doch zum Glück liefert Foto Nr. 2 desselben Wagens den gewünschten Aufschluss:
Worauf der Herr rechts deutet, wissen wir nicht, doch davon lassen wir uns nicht ablenken.
Die Lösung des Rätsels findet sich in entgegengesetzter Richtung und trat erst bei der Aufbereitung des ziemlich mitgenommenen Abzugs zutage.
Nebenbei wird man hier bemerken, dass Kennzeichen und Kühlerschmuck ganz dem eingangs gezeigten Wagen entsprechen. Vor allem aber ist hier mit einem Mal etwas zuvor Verborgenes zu lesen:
Ins Auge fällt vielleicht zuerst das zuvor halb verdeckte Emblem mit dem mir bis dato unbekannten Kürzel „VDAD“. Leser Hans-Jürgen Wolter gab mir den Hinweis, dass es für den Verband der Automobilbesitzer Deutschlands steht – wieder etwas gelernt!
Weiter unten findet man rechts die Eichel mit Eichenblatt, die nach Wunsch der deutschen Autoindustrie in Deutschland gefertigte Wagen kennzeichnen sollte – als ob die Deutschen ihre heimischen Marken damals nicht kennen und wiedererkennen konnten…
Im unteren Teil des Kühlergehäuses ist der geprägte Markenname „BRENNABOR“ zu sehen. Wirklich interessant ist aber der oval ausgeführte Schriftzug „IDEAL“ in der Mitte darüber.
Das war nämlich die Verkaufsbezeichnung des Brennabor Typ N 7/30 PS, der 1929 den Vorgängertyp Z 6/25 PS ablöste.
Dass die Buchstaben der einzelnen PKW-Typen von Brennabor keiner Logik folgten, ist symptomatisch für die zunehmend chaotische Modellpolitik der kurz nach dem 1. Weltkrieg so vielversprechenden Marke, die Mitte der 1920er Jahre ihren Zenit überschritten hatte und von Opel überflügelt wurde.
Als Fazit festzuhalten bleibt, dass Bilder wie diese dazu beitragen können, allmählich Klarheit und Ordnung in die aus meiner Sicht nirgends überzeugend aufbereitete Historie der Brennabor-Automobile zu bringen.
Erfreulich ist nicht zuletzt, dass mindestens ein Brennabor „Ideal“ überlebt hat und von einem Enthusiasten aus Verden an der Aller in vorbildlichen Zustand versetzt wurde. Dass er senkrechte (und nicht horizontale) Luftschlitze aufweist, wirft neue Fragen auf – doch auch diese werden sich über kurz oder lang beantworten lassen…
© Michael Schlenger, 2020. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Ja, sorgfältig sieht anders aus – immerhin gibt es aber die Neuauflage überhaupt mit sehr vielen Bildern zu so bislang nicht dokumentierten Typen. Besser machen in Zukunft geht aber sicher auch.
Oder wurden erst gar nicht gefragt…. Ich habe die Neuauflage nach Ansicht umgehend zurück geschickt. Für einen Markenspezialisten ist die Neuauflage tatsächlich schwer „aushaltbar“ mit den fortgeführten Fehlern und wenn die Möglichkeit einer vorherigen Korrektur unterbleibt. Ist das nur dumm, oder überheblich ?
Aber für Laien sicherlich doch ein Werk zum reinschauen und schönen Bildern.
Danke – sehr hilfreich! Leider wurden bei der Neuauflage des Oswald einige Fehler fortgeführt (und neue eingefügt, speziell bei der Fotobeschriftung). Nur bei einigen Marken haben die Spezialisten der Neuzeit Gelegenheit für Korrekturen genutzt. Vielleicht wird das bei der nächsten Auflage konsequenter gemacht, denn wie ich höre, haben einige Markenspezialisten bei dem Projekt schlicht geschlafen.
Die Umstellung kam 1931.
Beim Schrader Deutsche Autos Band 1 und Oswald Band 2 gibt es Auflistungen. Immerhin, wenn auch unvollständig und leider auch fehlerhaft. So gab es keine Typen PW 1926-27, N 1929-33 oder B von 1929-32. N und B waren Motor Typ Bezeichnungen. Für PW habe ich keine Erklärung woher Oswald die haben könnte.
Danke für den Hinweis! Weiß man, wann die Umstellung auf vertikale Luftschlitze stattfand? Dann könnte ich mehr Ordnung in meine Brennabor-Galerie bringen…
Wie immer besten Dank!
Hallo Herr Schlenger, kurze Info, der Ideal hatte zunächst horizontale, dann senkrechte Luftschlitze. In Brandenburg und Rathenow gibt es weitere Brennabor Ideal.
Gruß Mario Steinbrink
IG-Brennabor
Hallo Herr Schlenger,
gestatten Sie mir hier einen Hinweis. Es gab bei Brennabor keinen Typ N. Es handelt sich hier immer um den Typ Ideal bzw. Ideal Extra. In Typenblättern steht teilweise bei beiden die Motorbezeichnung Typ N. Eventuell erklärt sich so die nicht korrekte Bezeichnung.
Nur bei den Lieferwagenmodellen Typ Ideal war das N Bestandteil der Typbezeichnung – z.B. NL 35
Den Typ C 1931-33 war auch als Lieferwagen und Roadster erhältlich.
Beste Grüße aus Brandenburg
Mario Steinbrink
IG-Brennabor