Auch wenn ich selbst nicht zu den passionierten Familienmenschen zähle, sagt mir der Verstand, dass die Familie für die meisten Menschen die wichtigste Gemeinschaft ist.
Sie ist die kleinste Einheit, die aus sich heraus die Welt reproduzieren kann, ohne dass es dazu mehr bedarf als weiterer Familien, die vor denselben Herausforderungen stehen und dasselbe Können in sich vereinen, die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten.
Das war über Jahrtausende so, lange bevor es überhaupt so etwas gab wie einen Staat, dessen Vertreter in Festtagsreden betonen, wie wichtig die Familie ist – nur um ihr anschließend immer mehr in Belange hineinzuregieren, die ihn nichts angehen.
Immerhin hatten die Vertreter der Obrigkeit die längste Zeit meist selbst Kinder und damit zumindest eine Gemeinsamkeit mit der Masse der Bürger, über die sie herrschten.
In Deutschland fällt indessen auf, dass seit einer Generation die Kinderlosen an den Schaltstellen der Macht weit überrepräsentiert sind. Das darf man für ebenso bedenklich halten, wie wenn ein Staatenlenker keine Ahnung von der Entwicklung des Benzinpreises hat, weil er den Sprit für seine Panzerlimousine nicht selbst zahlen muss.
Vor diesem Hintergrund fordere ich – selbst kinderlos, aber eben auch nicht der Anmaßung verfallen, über die Zukunft einer Gesellschaft zu befinden – ganz klar Vorfahrt für die Familien.
Jede Familie hierzulande sollte aus eigenen Kräften imstande sein, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und dabei einen soliden Wohlstand zu erlangen, der eine eigene Wohnung und mindestens ein ausreichend dimensioniertes Auto umfasst.
Das war in meiner Kindheit während der 1970/80er Jahre zumindest in der Bundesrepublik klar der Fall. Unsere Nachbarn, die alle Einfamilienhäuser mit großzügigen Grundstücken besaßen, waren mitnichten nur Akademiker, Beamte oder spezialisierte Fachleute – es waren einige fleißige Arbeiter dabei, die mit nur einem Einkommen und Eigenarbeit ebenfalls ein Haus hatten und obendrein deutsche Autos kauften.
Das kann man im angeblich reichen Deutschland des 21. Jh. völlig vergessen. Die breite Masse ist nicht nur relativ betrachtet verarmt. Sie wird gleichzeitig über steigende Verbrauchsteuern gemolken und mit Dutzenden von Almosen über Wasser gehalten.
Der in alle Lebensbereiche hineinwuchernde Staat muss sich drastisch beschränken – und zwar auf seine Kernaufgaben, die er vernachlässigt, obwohl seine Einnahmen laufend steigen.
Stets „Vorfahrt für Familien“ sollte es dagegen heißen und illustrieren möchte ich diese Forderung mit einer passenden Aufnahme aus meinem Fundus:

Gewiss, als diese Aufnahme entstand – Anfang der 1930er Jahre – war der Besitz eines so großzügigen Automobils in Europa ein Luxus, den sich die Durchschnittsfamilie nicht leisten konnte.
Kein Zufall, dass der Hersteller der Sechsfenster-Limousine – Citroen – diese spezielle Ausführung auf Basis ihres Modells C4 bzw. C6 (mit vier bzw. sechs Zylindern) mit dem Zusatz „Grand Luxe“ versah.
Doch gleichzeitig spielte man mit der Bezeichnung des geräumigen Aufbaus als „Familiale“ auf die eigentliche Zielgruppe an – nämlich Familien mit mehr als nur zwei Sprösslingen.
Dass ich dies so genau sagen kann, verdanke ich nicht eigener Weisheit oder aufwendigen Recherchen. Vielmehr lieferte mir Leser (und Kenner) Gerd Klioba hier vor Jahren in einem Kommentar zu einer weiteren Aufnahme eines auf den ersten Blick identischen Wagens die entscheidenden Hinweise.
Damals hatte ich dieses Foto besprochen, das deutsche Soldaten zeigt, die im 2. Weltkrieg mit einem im besetzten Frankreich beschlagnahmten Citroen des Typs C4 bzw. C6 unterwegs waren:
Der entscheidende Hinweis auf die 6-Zylinderversion ist die Zahl der seitlichen Lüftungsklappen in der Motorhaube. Fünf – wie hier zu vermuten – waren dem Sechszylinder C6 vorbehalten, während der C4 deren vier besaß.
Zudem weist die ganz links zu erkennende einteilige Stoßstange auf die „normale“ Ausführung als C6G hin, auch wenn hier ebenfalls ein „Familiale“-Aufbau als Sechsfenster-Limousine zu sehen ist.
Die aufwendiger ausgestattete „Grand Luxe“-Version, die es mit vier wie mit sechs Zylindern gab, zeichnete sich äußerlich durch die zweiteilige Stoßstange aus. Genau dieses Detail findet sich an dem eingangs gezeigten Citroen.
Die junge Frau vor dem Wagen – wohl eine Bedienstete im Haus der Besitzer – hatte den richtigen Instinkt bewiesen. Vielleicht dachte sie daran, dereinst eine Familie zu gründen (womöglich mit dem Chauffeur, wer weiß?) und sich dann mit ganz viel Fleiß einen Wohlstand zu erarbeiten, der dann auch ein Auto für die ganze Familie umfasste.
Anstatt plumper Umverteilung von oben nach unten, die kein strukturelles Problem löst und die „kleinen Leute“ nur in die Abhängigkeit von einem vermeintlich wohlmeinenden Staat stürzt, hätte diese junge Frau vielleicht bloß „Vorfahrt für die Familie“ gefordert.
Das heißt: die in Ruhe ihr Leben leben lassen, die das ganz aus eigenen Kräften können und die mit dem „Familiale“ die entscheidende Basis für die Zukunft schaffen. Denn das ist etwas, was der Staat erwiesenermaßen nicht kann, mögen seine Vertreter für sich auch noch sehr „Grand Luxe“ auf Kosten der Allgemeinheit in Anspruch nehmen…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog
Besten Dank für die genaue Typbestimmung! Es ist nicht das erste Mal, dass solche Fotos bereits „bekannt“ sind – speziell dann, wenn sie einst als Postkarte reproduziert wurden, was hier der Fall ist.
Liebe Frau Rapp, das schmerzt und freut zugleich – wie oft im Leben kommt beides zusammen. Wenn er noch bei uns ist: Ganz herzliche Grüße und einen festen Händedruck zurück an ihn und der Wunsch, dass ihm das Gehen möglichst leicht fällt. Die besten Dinge liegen wohl ohnehin hinter uns allen, auch das war und ist immer wieder ein Thema im Blog. Mein tiefes Mitgefühl, an Sie. Michael Schlenger
Lieber Herr Schlenger,
Mein Mann liebte Ihre Beiträge. Er hat sie nicht nur geschätzt sondern sich auch amüsiert, gewundert oder bestätigt gefühlt! Oft wollte er sie zu Gehör bringen, so begeistert war er und hat sie vorgelesen. Nun geht mein Mann nach schwerer Krebserkrankung, mit gerade 70 Jahren von uns und ich sende Ihnen ganz herzliche Grüße und einen großen Dank! Mein Mann war ein großer Fan von Ihnen!!
Tina Rapp
Das Bild mit dem Dienstmädchen zeigt einen C6F CGL (Citroen Grad Luxe) des Modelljahres 1931, zu erkennen an den doppelten Stoßstangen und dem thermostatgesteuerten Kühler mit verchromten Lamellen, die Luxusversion des C6F, der im Herbst 1929 herauskam.
Der C6G 1932 hatte dann grundsätzlich die einfachen, kantigen „Cromos“-Stoßstangen. Dieser hatte dann den etwas größerem Motor mit 50 PS und je nach Bestellung auch mit „schwebender“ Motoraufhängung (moteur flottant).
Interessant ist, dass das gleiche Foto auch im Citroen C4-C6 Standardwerk von Bernard Laurent abgebildet ist, scheinbar existieren mehrere Abzüge dieses Motivs. Hier kann man es schön in größerer Auflösung ansehen und erkennt, dass das Auto schon ein paar Jahre alt ist, der Chrom der Stoßstange ist schon etwas abgeblättert.