Wohin nur mit dem Geld? Klar: Ein Horch von 1921!

Wer in den letzten Monaten nicht zugehört hatte, musste als Aktienanleger in den letzten Tagen ganz schön einstecken. Denn die neue US-Regierung arbeitet auch in Sachen Einfuhrzöllen schnell und konsequent ihre angekündigte Agenda ab.

Ob die Zollgranate der Amis nun angemessen ist und auf mittlere Sicht die erhoffte Wirkung zeitigt, was das krasse Handelsdefizit und die katastrophale Haushaltslage der Vereinigten Staaten angeht (denn darum geht es), darüber lässt sich streiten.

Nachdem ich meinen Aktienfonds-Sparplan im Dezember angesichts hoher Bewertungen in den USA beendet und Kasse gemacht hatte – ich brauchte die Moneten auch – habe ich die jüngsten Kurskorrekturen zum vorsichtigen Neueinstieg genutzt.

Keine Sorge – das Auf und Ab der Börsen ist seit dem Dotcom-Crash 2000 mein ständiger beruflicher Begleiter und ich bin mit den übertriebenen Reaktionen der Aktienmärkte nach oben wie nach unten über etliche Zyklen vertraut.

Wenn es einen guten Rat in Sachen Geldanlage gibt, dann diesen: Investieren Sie nie ihr ganzes Kapital auf einen Schlag und nie in nur eine Anlageform und: kaufen Sie nur, was Sie verstehen und wovon Sie persönlich überzeugt sind.

Also tun Sie mir den Gefallen: Lassen Sie aktuell die Finger von Aktienanlagen, wenn Ihnen nicht wohl dabei ist und lassen Sie sich nicht zu Euphorie angesichts mutmaßlicher Kaufkurse verleiten – ob wir die schon haben, wissen wir erst, wenn es zu spät ist.

Diese Haftungsausschlusserklärung (Aussagen im Zusammenhang mit Geldanlagen sind nicht als Anlageberatung zu verstehen) bezieht sich auch auf die augenzwinkernde „Empfehlung“, sich eilig einen Horch von 1921 zuzulegen.

Dieses Risiko können Sie sich schon deshalb nicht leisten, weil es wahrscheinlich gerade keinen im Angebot gibt und wenn doch, dürfte sein Preis sechsstellig sein…

Doch anno 1921 war es für vermögende Zeitgenossen, die angesichts der Überschuldung des Deutschen Reichs nach dem 1. Weltkrieg vor der Frage standen „Wohin nur mit dem Geld?“ durchaus eine Überlegung wert, sich so ein Gefährt zuzulegen:

Horch Landaulet von 1921; Originalfoto: Sammlung Jörg Pielmann

Diese herausragende Aufnahme verdanke ich in digitaler Kopie dem Sammler und Leser Jörg Pielmann, der hier einen Horch (siehe Kühleraufschrift) an Land gezogen hat, welcher so nach meiner Recherche bislang noch nirgends dokumentiert ist.

Glücklicherweise ist als Aufnahmedatum das Jahr 1921 überliefert, und angesichts des Zustands des Wagens mit Landauletaufbau und gepfeilter Frontscheibe dürfen wir annehmen, dass dies auch das Entstehungsjahr dieses mächtigen Automobils war.

Bei Horch arbeitete man damals an einer Reihe mittelschwerer Vierzylindertypen mit 35 bzw. 45 PS, die ab 1922 den Neubeginn des Herstellers markierten.

Doch bis es soweit war, hielt man sich mit Modellen über Wasser, die noch vor 1914 entstanden waren. So kommen im vorliegenden Falle anno 1921 grundsätzlich folgende größere Vorkriegstypen in Frage: 18/50, 25/60 und 33/80 PS.

Wie bei allen Anlagefragen agieren wir hier unter Unsicherheit und von daher ist meine Einschätzung wiederum nicht als gesicherte Aussage zu verstehen, auf die Sie sich verlassen sollten. Überhaupt sollten Sie wie im richtigen Leben bei allem kritisch sein, was ich hier als vermeintlicher Experte so von mir gebe.

Unter Vorbehalt des Irrtums und unter Ausschluss jeder Gewährleistung äußere ich die Ansicht, dass dieser prächtige Horch anhand der Gestaltung der Räder und speziell der Naben als noch eher moderat motorisierter Typ 18/50 PS anzusprechen ist:

Bei den äußerlich sehr ähnlichen, aber weit stärkeren Horch-Modellen mit gigantischen Hubräumen von 6,4 Liter (60 PS) bzw. 8,5 Liter (80 PS) finden sich auf den ganz wenigen Abbildungen massiver ausgeführte Räder mit mehr Schraubverbindungen als hier.

Diese Spitzenmodelle waren mit 122 bzw. 46 Exemplaren auch weit seltener als der knapp 300mal gebaute Horch 18/50 PS. Wir ersehen daraus zumindest eines: Es gab 1921 nur wenige hinreichend liquide Zeitgenossen in deutschen Landen, die ihr zurecht als bedroht angesehenes Kapital in solchen Horch-Vorkriegskonstruktionen versenkten.

Auf lange Sicht – ein von Anlageberatern gern bemühter Zeitraum – hätte im Jahr 1921 das Investment in so einem Horch-Luxusgerät zumindest den Werterhalt ermöglicht.

Denn damals wie heute darf man grob den Gegenwert eines Einfamilienhauses für ein Automobil dieser Klasse veranschlagen, sofern es sich in perfektem Originalzustand befindet, wie das die meisten modernen Kaufaspiranten wünschen.

Bloß was nutzt einem, selbst wenn man langfristig richtig liegt, ein Anlagehorizont von gut 100 Jahren? Genau, und das ist zum Schluss noch eine Lehre, die ich allen mit auf den Weg geben will, die sich aktuell fragen: Wohin mit dem Geld?

Also: Wann brauchen Sie ihre Moneten wieder und wie wichtig ist es, dass es bis dahin nicht infolge von Marktturbulenzen oder strukturellen Trends weniger geworden ist? In Bezug auf Vorkriegs-Oldtimer heißt das schlicht: Investieren Sie darin, wenn Sie selber Freude daran haben und ihren Nachkommen etwas Besonderes vermachen wollen.

Aber als Geldanlage? Nie und nimmer.

Investieren heißt, etwas erwerben, was aus sich selbst heraus produktiv ist und einen Ertragsstrom abwirft, weil andere einen messbaren Nutzen daraus beziehen. Alles andere ist reine Spekulation so wie die Frage, was für ein Horch hier anno 1921 im Angebot war…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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