Eindeutig von Porsche inspiriert! Adler 9/24 PS

Wer sich mit Vorkriegsautos aus dem deutschen Sprachraum auskennt, der weiß: Ferdinand Porsche bzw. sein Entwicklungsbüro hatten bei vielen Konstruktionen ihre Finger im Spiel.

Mir gefallen Porsches Kreationen aus der Zeit bei Austro-Daimler am besten, andere werden die Kompressor-Autos bevorzugen, die er danach für Daimler-Benz entwickelte.

Porsches wohl bekannteste Konstruktion – der Volkswagen – war demgegenüber weniger originell. Damit realisierte er nur ein Konzept, an dem auch andere, teils deutlich vor ihm gearbeitet hatten – schon Ende der 20er gab es Entwürfe in der Richtung.

Doch heute wollen wir uns einem Fahrzeug zuwenden, von dem bis heute völlig unbekannt war, dass es von Porsche zumindest inspiriert war, hier schon mal die Heckansicht:

Adler 9/24 oder 9/30 PS; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Da ich hier keinen automobilhistorischen Anspruch erhebe, darf ich mir in der Hinsicht eine gewisse Freiheit erlauben. Dennoch stimmt die Story auf’s Wort. Und das geht so:

Nachdem ich den Tag überwiegend am Schreibtisch tätig gewesen war, stand mir der Sinn nach „echter Arbeit“ – dazu war freilich im Baumarkt einiges an Material zu besorgen.

Schon auf dem Hinweg deutete sich das heutige Thema an – mir begegneten drei Fahrzeuge nacheinander, die mit typischem Vorkriegstempo 60-70 km/h auf der für 100 Sachen freigegebenen, trocken und übersichtlichen Landstraße entlangzockelten.

Warum das immer mehr Leute machen – übrigens alters- und geschlechtsunabhängig?

Meine Vermutung ist die, dass die Hirne vieler mit der Bewältigung eines komplexer gewordenen Alltags ausgelastet sind – dann wird wie beim PC der Arbeitsspeicher zur Limitierung und die Rechenleistung im Oberstübchen lässt nach.

In solchen Fällen echauffiere ich mich nur noch selten, stattdessen drehe ich die Musik lauter oder fahre die Seitenscheibe herunter, um die gute Landluft reinzulassen.

Die Inspiration in Sachen Porsche erfuhr ich auf dem Rückweg. Da bog doch ein 924er aus den 1970er Jahren vor mir ein! Herrlich, so einen hatte ich ewig nicht mehr gesehen.

Als der Porsche 924 noch im Alltag unterwegs war – das war zu meiner Schulzeit – wurde er kaum ernst genommen. Das lag weniger an seiner Technik, die war für ein vergleichsweise günstiges Sportwagenmodell durchaus angemessen.

Es war eher die billige Optik speziell im Innenraum, die an die VW-Verwandtschaft erinnerte. Auch erschien die Linienführung gemessen am Porsche 911 wenig charakterstark.

Ich muss zugeben, dass der 924 aus heutiger Sicht äußerlich durchaus Wirkung entfaltet. Hier sitzt alles, keine unnötigen Polster irgendwo – so wie ein Herrenanzug von Armani.

Nur die Heckansicht, die sich mir heute eine Weile lang darbot, lässt zu wünschen übrig. Ich bin nicht sicher, ob an dem sonst makellos erscheinenden Auto etwas fehlte, aber unterhalb des Stoßfängers bot sich nicht nur der Endschalldämpfer voluminös dar, man konnte auch den unteren Teil der Reserveradwanne sehen und sogar das Transaxle-Getriebe.

Egal, ich war betört, nicht zuletzt weil der Porsche vor mir eine Abgasfahne hinter sich herzog, wie sie jüngere Zeitgenossen heute nicht mehr kennen. Was man heute gerne schnuppert, war einst in gehäufter Form eine Zumutung und definitiv schädlich.

Warum manche Kreise nun im 21. Jahrhundert einen solchen Krieg gegen die inzwischen blitzsauberen Verbrennerwagen führen, ist vor dem Hintergrund unverständlich – sofern man naiv ist und keine politischen Absichten dahinter vermutet.

Das Nummernschild des heute flott vor mir herfahrenden Porsche – am Steuer ein noch jugendlich wirkender Herr mit weißem Haar um die 70 – endete auf 924H, so muss das sein. Und in dem Moment, als der Wagen mit ungewöhnlicher Lackierung in „Milchkaffeebraun“ abbog, hatte ich meine Inspiration für den heutigen Blog-Eintrag.

Nicht ganz ein 924er aber ein 9/24er von Adler sollte es werden! Allerdings nicht von hinten betrachtet, sondern von der Schokoladenseite:

Adler 9/24 oder 12/34 PS (früh); Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ein großartiges Foto, finde ich. Ich will nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass es tatsächlich den Anfang der 1920er Jahre gebauten Adler des Typs 9/24 PS zeigt – der parallel angebotene Vierzylindertyp 12/34 PS kommt ebenfalls in Betracht.

Festzuhalten ist jedenfalls, dass diese kleinen Adler der Zeit kurz nach dem 1. Weltkrieg noch über einen Spitzkühler verfügten, der erst beim neuen 6/24 PS ab 1923 (nicht zu verwechseln mit seinem Nachfolger 6/25 ab 1925) verschwand.

Die damals ebenfalls erhältlichen Adler-Hubraumriesen mit 60 und 80 PS blieben demgegenüber sehr selten und sind an ihren enormen Dimensionen zu erkennen.

Die für die frühen 1920er typische Tulpenkarosserie ist hier besonders gut zu studieren – der Name rührt von dem wie eine Blüte nach oben sich weitenden Aufbau her.

In der Seitenansicht stellt sich diese Ausführung weniger spektakulär dar, doch ahnt man, wie der Aufbau ab der Frontscheibe nach hinten immer stärker nach außen auskragte – eine Herausforderung für die Karosseriebauer. welche diese mit Bravour meisterten:

Adler 9/24 oder 12/34 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Dieses Exemplar ist übrigens das einzige dieses kleinen Adler-Typs der frühen 1920er, das ich bisher gesehen habe, welches keine Drahtspeichenräder besitzt. Für den 9/24 PS wie den längeren 12/34 PS sind diese als Standardausstattung überliefert.

Der Käufer wird im vorliegenden Fall die weniger eleganteren, aber robusteren Stahlspeichenräder wohl so gewünscht haben.

Sehr wahrscheinlich „nur“ ein Adler 9/24 PS – nicht der 50 cm langere 12/34 PS – begegnet uns auf der nächsten Aufnahme.

Eventuell haben wir hier auch bereits die Ausführung 9/30 PS, die 1923/24 auf derselben Basis im Programm war – nun ohne „Tulpenkarosserie“:

Adler 9/24 PS (spät) oder 9/30 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier sehen wir trotz des nunmehr deutlich simpler ausgeführten Aufbaus die vertrauten Drahtspeichenräder wieder.

Übrigens waren die Kühler dieser Adler-Wagen der ersten Hälfte der 1920er Jahre von seltenen Ausnahmen abgesehen stets in Wagenfarbe lackiert – warum auch immer.

Erst kurz vor Einführung des Flachkühlermodells 6/24 PS anno 1923/24 erlaubte man sich beim Typ 9/24 PS bzw. nunmehr wohl 9/30 PS erste Glanzlichter in Form vernickelter Scheinwerferringe wie bei diesem Exemplar:

Adler 9/24 PS (spät) oder 9/30 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier fällt zudem auf, dass das Adler-Emblem nach unten „gerutscht“ ist und dass an den Vorderkotflügeln die merkwürdigen Seitenschürzen zu sehen sind, die bei fast allen mir bekannten Adlern des späteren Typ 6/25 PS nachgerüstet wurden.

In der veralteten Literatur zu den Autos der Marke Adler werden Sie dazu nichts finden – und auch im Netz nicht. Merkwürdigerweise ist meine Adler-Galerie nach wie vor die einzige umfassende Online-Bilddokumentation (nahezu) sämtlicher Typen der Marke.

Ich bin sicher, dass sie einige Fehler enthält und Lücken aufweist. Doch wie bei etlichen anderen deutschen Vorkriegsmarken scheint der Wille zur simplen, kostengünstigen und jederzeit erweiterbaren Dokumentation in der digitalen Sphäre im Fall von Adler wenig ausgeprägt zu sein – und das obwohl es Spitzenmaterial ohne Ende gibt.

Dabei gibt es selbst bei einer rein ästhetischen Perspektive soviele herrliche Entdeckungen auf dem Sektor zu machen. Mein Favorit in Sachen Adler 9/24 PS ist nach wie vor diese Aufnahme aus der Sammlung von Leser Klaas Dierks:

Adler 9/24 PS (links) und 12/34 PS (rechts); Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Hand auf’s Herz: Hier ist es sogar egal, ob der Adler nun ein 9/24 PS oder ein 9/30 PS oder auch ein parallel angebotener 12/34 PS bzw, 12/40 PS war.

Die knackige Ästhetik dieser Wagen vebunden mit dem typischen Umfeld der frühen 1920er Jahre, meisterhaft aufgenommen – das begeistert noch über 100 Jahre später. Und das alles inspiriert von einem Porsche 924 der 70er Jahre!

Bin beinahe selbst begeistert, was so eine moderne Begegnung auf der Landstraße an Assoziationsketten auslösen kann. Seien Sie auf mehr solcher Ausflüge gefasst, so umständlich auch die Anreise bisweilen sein mag…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Kommentar verfassenAntwort abbrechen