Auf Zeitreise in die Schweiz: Peugeot 301C

Heute nähere ich mich auf einem eleganten Umweg über die Schweiz dem Ursprung von Pepsi-Cola… Keine Sorge, der Coca-Cola-Konkurrent spielt natürlich nur eine kleine Nebenrolle, aber manche Verbindungen sind zu reizvoll, um sie zu ignorieren.

Am besten ziehe ich die Sache mit Pepsi-Cola vor, anschließend geht es nur noch um Vorkriegsautos, versprochen! Also: 1893 entwickelte ein amerikanischer Apotheker namens Caleb Bradham die Rezeptur für ein verdauungsförderndes Erfrischungsgetränk.

Wasser, Kohlensäure, Zucker, Kolanüsse und Pepsin waren die Hauptzutaten. Das Ergebnis ist bekannt und gilt vielen als zweitklassige Alternative zu Coca-Cola. Interessanter ist der Ort der Entstehung von Pepsi-Cola: „New Bern“ im US-Bundesstaat North Carolina.

New Bern wurde 1710 unter Beteiligung einflussreicher Schweizer aus dem Raum Bern gegründet. Einer davon war Christoph von Graffenried, dessen Familie im altehrwürdigen Schloss Worb im Kanton Bern residierte.

Dieses Schloss stellt sich heute im wesentlichen noch so dar, wie zur Zeit des Amerika-Abenteuers von Christoph v. Graffenried, ohne das es kein Pepsi-Cola gäbe. Als Fotomotiv war und ist die Anlage beliebt – ich bevorzuge natürlich diese historische Variante:

Peugeot 301C; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Von Schloss Worb lugen hier nur Teile des mächtigen Bergfrieds und des angrenzenden Palas hervor – ohne die umseitige Beschriftung des Abzugs wäre die Identifikation des Aufnahmeorts aufwendiger gewesen.

Der schicke Zweitürer mit Cabrioverdeck – aber feststehenden Fensterrahmen – ist leicht als Peugeot identifiziert, allerdings ist die Typbezeichnung in dem mittig angebrachten Emblem auf dem Kühlergrill schwer zu lesen: Sowohl „201“ als auch „301“ könnte dort stehen.

Der Unterschied ist im Wesentlichen ein größenmäßiger, weniger ein stilistischer. Peugeot löste seinen 1929 eingeführten kleinen Typ 201 mit 23 PS leistendem Vierzylinder ab 1932 durch eine erwachsenere Variante mit auf 34 PS erstarktem Motor ab.

Wie der 201 zeichnete sich der Peugeot 301 durch unabhängige Aufhängung der Vorderräder aus, welche die Bodenhaftung und damit die Lenkbarkeit spürbar verbesserte. Beide Typen wurden mit fünf ausstellbaren Luftklappen in der Haube gefertigt, was die Unterscheidung erschwert.

Auch das hier abgebildete Coupé mit Cabrioletverdeck gab es grundsätzlich bei beiden Versionen. Wenn ich mich nicht irre, gab es diese Karosserie aber nur beim größeren 301 mit zusätzlichen Notsitzen im Heck („Schwiegermuttersitz“).

Genau dieses Detail ist auf einem zweiten Foto desselben Wagens zu erkennen, das am gleichen Tag und Ort aufgenommen wurde:

Peugeot 301C; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Hier ist zwar die Klappe des Schwiegermuttersitzes geschlossen, man kann aber die beiden glänzenden Knäufe am vorderen Ende sehen, mit denen er sich öffnen ließ.

Ein hübsches Detail ist außerdem die Ersatzradabdeckung mit darauf angebrachtem schweizerischen Nationalitätskennzeichen in großen Chromlettern.

Hätten wir nur noch diese Aufnahme, wäre die Identifikation des Wagens aus dieser Perspektive als Peugeot vermutlich unmöglich gewesen. Es hätte sich auch um ein beliebiges US-Fabrikat der späten 1920er Jahre handeln können.

Erst im weiteren Verlauf der 1930er fand Peugeot dann – wiederum mit Inspiration aus der „Neuen Welt“ – zu einer eigenständigen Formensprache bei den Stromlinienmodellen der Reihe 02. Ob dabei vielleicht Pepsi-Cola die Sinne der Gestalter belebt hat?

© Michael Schlenger, 2021. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

3 Gedanken zu „Auf Zeitreise in die Schweiz: Peugeot 301C

  1. Hallo Claus, das nenne ich eine sehr reizvolle Spekulation – danke für die Anregung! Zwar findet sich genau diese Karosserie als Coupé mit Cabrio-Verdeck und Schwiegermuttersitz (und feststehenden Fensterrahmen) auch in der Standardliteratur, aber vielleicht wurde sie ja auch von Worblaufen gefertigt. Ich bringe die Story parallel im deutschen Vorkriegs-Peugeot-Register, vielleicht kann es dort jemand genauer sagen.

  2. Hallo Michael,

    heute möchte ich mal spekulieren, denn einen Beweis habe ich noch nicht. Das Schloss Worb befindet sich nahe bei Bern und die für ihre exklusiven Cabrio-Karosserien bekannten Karosseriewerke Worblaufen ebenfalls. Eine Peugeot Werkskarosserie schließe ich aufgrund der abweichenden Details aus, weshalb der Schluß nahe liegt, dass es sich um eine Anfertigung durch die Fa. Worblaufen handelt und die Damen auf dem Foto nicht nur zufällig einen Bezug zum Schloß Worb hergestellt haben.
    Mit den besten Grüßen aus Berlin
    Claus

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