Taufpate gesucht! Ein spezieller Ford „Rheinland“

Der „Fund des Monats“ rückt näher – doch vorher muss ich noch das Foto eines an sich ziemlich konventionellen Vorkriegswagens einschieben.

Es zeigt ein weiteres Exemplar des zur Mitte der 1930er Jahre von den Kölner-Fordwerken gebauten Typs „Rheinland“ – formal und technisch dem kurzlebigen Ford Model 4/40 aus den Staaten entsprechend.

Einige tausend Exemplare des technisch zwar biederen, aber immerhin 50 PS leistenden Wagens mit seinem elastischen 3,3 Liter-Motor entstanden zwischen 1934 und 1936.

Einige davon habe ich vor rund drei Monaten hier vorgestellt. Daher will ich heute nicht allzuviele Worte zu dem Typ an sich verlieren.

Mir geht es um etwas ganz anderes – ich suche nämlich einen Taufpaten! Nicht, dass ich auf meine alten Tage auf die Idee gekommen wäre, Nachkommen zu hinterlassen (außer vielleicht ein paar nette Autoporträts im Netz und Bildbelege in der Literatur).

Nein, ich brauche bloß jemanden, der sich der Verantwortung stellt, diesem Exemplar eines Ford „Rheinland“ einen passenden Namen zu geben, der nicht einer spontanen Eingebung entspringt oder durch einen Kinofilm inspiriert ist, sondern auch morgen noch Bestand hat:

Ford „Rheinland“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der Ford „Rheinland“ hat doch bereits einen Namen, mögen Sie jetzt einwenden – ganz so wie der Opel „Blitz“-Omnibus hinter ihm.

Gewiss – aber dennoch bin ich im Zweifel, wie ich den Wagen genau ansprechen soll. Das liegt schlicht daran, dass er einen Aufbau trägt, den man so nicht alle Tage findet, schon gar nicht an einem Ford dieses Typs.

Was sehen wir hier? Nun, das wäre leicht zu sagen, wenn der Ford ein geschlossenes Dach hätte wie das folgende Exemplar – dann wäre er mit seinem sechsfenstrigen und womöglich extralangen Aufbau als Pullman-Limousine anzusprechen:

Ford „Rheinland“ PUllman-Limousine; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Gut, dann nennen wir diese Ausführung mit dem über die ganze Länge zu öffnenden Dach bei festen Seitenteilen doch einfach „Rolldach-Limousine“, oder?

Nein, damit wären wir kein seriöser Taufpate, denn dann müsste das Rolldach noch vor dem Rückfenster enden, das tut es aber nicht.

Gerollt ist es übrigens auch nicht, vielmehr ist es nach Cabriolet-Art gefaltet und wird von seitlichen Sturmstangen gehalten. Ein Cabrio ist es deshalb aber natürlich nicht, denn dann dürfte es seitlich keine festen Tür- und Fensterrahmen haben wie dieser „Rheinland“:

Ford „Rheinland“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wie wäre es vielleicht mit Cabrio-Limousine?

Das geht schon eher in die richtige Richtung, denn diese zeichnet sich durch ein Cabrio-Verdeck bei feststehenden Seitenteilen aus. Nach meinem Eindruck wurde die Bezeichnung aber nur bei Wagen mit ein oder zwei Seitenfenstern verwendet.

Interessanterweise kann ich bislang mit keinem Foto eines Ford „Rheinland“ mit Aufbau als Cabrio-Limousine aufwarten – daher muss ersatzweise dieser Ford „Eifel“ zur Illustration des Konzepts herhalten:

Ford „Eifel“ Cabrio-Limousine; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Was käme nun noch für eine angemessene Namensgebung unseres eingangs gezeigten „Rheinland“ in Betracht?

Moment mal, es gab in den 1920er Jahren doch das Konzept des Sedan-Cabriolets. Dieser Aufbau vereinte Elemente von Limousine (wie feststehende Türsäulen) und Cabriolet (wie voll versenkkbare rahmenlose Seitenscheiben).

Hier haben wir einen Horch des Achtzylinder-Typs 350, welcher als solche Sedan-Limousine verfügbar war:

Horch 8 Typ 350 Sedan-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Aber so ganz passt das immer noch nicht zu unserem Ford „Rheinland“, nicht wahr?

Seine Besonderheit liegt letztlich in der Kombination aus sechs Seitenfenstern, festen Tür- und Fensterrahmen und vollwertigem Cabrioletverdeck mit Sturmstange.

Mir fällt dazu nur eine passende Bezeichnung ein, die mir allerdings bislang auch nur ein einziges Mal begegnet ist – und zwar: „Landauline“.

Dass es einen Aufbau dieses Namens gab, das lernte ich auch erst, als ich hier diesen Wanderer W11 besprach, der auf einem Foto von Leser Martin Möbus festgehalten ist:

Wanderer W11 „Landauline“; Originalfoto: Sammlung Martin Möbus

Könnte das die Lösung für unser Namensfindungsproblem sein?

„Landauline“ klingt sympatisch, aber vielleicht ein wenig zu feminin für den robust auftretenden Ford „Rheinland“.

Also, was meinen die Karosseriekenner unter den Lesern?

Was wäre der am besten passende Name für diesen speziellen Ford „Rheinland“, der übrigens in Deggendorf (Bayern) zugelassen war?

Bitte denken sie daran:

Die Rolle als Taufpate ist eine durchaus Verantwortungsvolle, also ist Ernsthaftigkeit angesagt – es sei denn, sie verfügen über ein besonders schöpferisches Sprachtalent und können etwas originelles Neues kreieren…

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

6 Gedanken zu „Taufpate gesucht! Ein spezieller Ford „Rheinland“

  1. „Tickford“ Cabriolet, Sunshine Saloon, „Tickford“ Limousine, etc. nannten die Briten diesen Cabrio-Typ, der von Salmons & Sons 1925 vorgestellt wurde und über viele Jahre auch außerhald Great Britain (z.B. USA) lange populär war. (siehe Internet unter „Tickford“ oder Salmons & Sons))

  2. „Aerosedan“ wäre eine passende Benennung – jedoch stand „Aero“ dabei für die Stromlinienform (Aerodynamic). Dann „Plein Ciel“ oder „Plein Air“, wie 50 Jahre später der Citroën Visa als Cabriolimousine hieß ? „Convertible“ ist eigentlich rein funktional, ob dann 2 oder 7 Freiluft-Sitzplätze bei Regen überdacht werden, würde am Wortsinn nichts ändern, und „Aerodeck“ paßt auch nicht. Ein „Brougham“ ist eben kein „Pullman“, und da z.B. der von Spohn karossierte Maybach „Pullman Cabriolet“ hieß, wäre „Pullman Cabriolimousine“ die konsequente Folgebezeichnung und so doch aussagekräftiger als ein „Suburban Turnpike Eldorado Countrysquire Aircruiser“.. und auch „Landauline“ hätte noch mehr Aussagekraft als Giulia, Victoria oder Flavia – auch wenn wir diesen vierrädrigen Schönheiten ihre Hersteller direkt zuordnen können ..? Bei Victoria bliebe die unschickliche Frage nach ihrem Geburtsjahr unumgänglich, wenn sie nicht sichtbar vor uns stünde, denn sonst kämen Carl Benz wie auch Henry Ford II als Vater in Betracht .. und auch bei Giulia – da hat Romeo doch glatt mehrere Töchter gleichen Namens gezeugt !

  3. Hallo,
    es gab wohl auch noch eine Pullmann-Limousine des Rheinland von Hiller.
    Gruß,
    KD

  4. Die meist als Pullman bezeichneten Limousinen mit 6 Seitenfenstern gab es auch bei Adler, Hanomag, Horch, Maybach, Stoewer, Wanderer, Citroën und Peugeot. Wie Sie schon schrieben, geht es nicht nur um ein Falt- oder Rolldach, wie es z.B. von Golde für die Wanderer W17 oder W250 produziert wurde, sondern um eine Cabriolimousine auf Pullman-Basis. Einen oft als Taxi genutzten Pullman mit je 3 Seitenfenstern hat Hebmüller für den Ford Rheinland hergestellt. Da Hebmüller aber auch Cabriolet-Carrossier war, halte ich eine solche Wülfrather Entwicklung für gut denkbar. Ebenso bekannt waren Gläser, Spohn und Drauz für solche größeren Aufbauten wie etwa Landaulets, die ebenfalls je 3 Seitenfenster aufwiesen. Eingedenk des Faux-Cabriolets ist es zwar schwer, das „weniger“ abzuwägen gegen das „mehr“, aber Faux-Phaeton fände ich jetzt doch klangvoll und stimmig ..

  5. Tja – da ist guter Rat teuer !
    Aber es gab ja , als Zwischenstufe zum Omnibus,
    noch den in den Zwanziger und frühen Dreißiger Jahren recht beliebten „Ausflugs- oder Gesellschaftswagen“. Das waren auf großen Pkw- Fahrgestellen (gerne auch gebrauchten) bis hin zu den kleinen Opel Blitz- Typen
    aufgebaute noch Pkw- ähnliche Mietwagen für kleinere Gesellschaften mit 3, selten 4 festen Sitzreihen und Cabriolet- oder auch Cabriolimousinen- artigen Aufbauten und (möglichst rasch) zu schlies-
    senden Verdecken. Sie boten
    neben dem Chauffeur 1- 2,
    mittig meist 3 oder 2 Sitze mit Durchgang und hinten eine 3er-
    Bank . Manche größere Wagen
    konnten auch bis zu 12 Personen fassen und wurden
    fast ausschließlich an Brennpunkten der Touristik oder auch Kurbädern eingesetzt, an denen ausreichend und stetig zahlungskräftiges Publikum zur Verfügung stand!
    Meine erste Lehr- und Arbeitsstelle, Kässbohrer Fahrzeugwerke in Ulm/ Do. war einer der bekannten Hersteller solcher Gesellschaftswagen, die meist wohl nur auf individuelle
    Bestellung erbaut wurden.
    Aber was soll die Erbsenzählerei
    – lassen wir unseren „Rheinland“
    Limousette (immerhin trägt er äußerlich die gleichen Merkmale
    wie der formidable Wanderer) oder Sechsfenster Cabrio- limousine sein! Da wir nicht die Bestuhlungsart sehen, können wir hier keine Rückschlüsse ziehen. Äusserlich tragen beide Wagen keine Merkmale der Gesellschaftswagen, die des Fassungsvermögens halber ja
    durchgängig deutlich breiter und auch etwas hochbordiger gebaut waren als normale PKW- Karossen. Hier jedenfalls findet diewaagerechte Gliederung der kleineren Karosserie- Varianten ja auch Anwendung!

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