Noch ist es wohl erlaubt, zumindest sich selbst durch den Kakao zu ziehen, ohne sich eine Klage wegen Majestätsbeleidigung einzuhandeln, wie das neuerdings bei humoristischen Äußerungen über die leitenden Angestellten unsere Republik droht.
Also bleiben wir besser schön in den niederen Sphären der augenzwinkernden Auseinandersetzung mit den nicht wirklich wichtigen Dingen im Dasein eines abgesehen von Tempoüberschreitungen sonst nicht weiter auffälligen Nettosteuerzahlers.
Wie immer hoffe ich, von meinem jüngsten Aufenthalt südlich der Alpen ohne „Ticket“ davongekommen zu sein. Ganz sicher ist das nicht, denn die bizarren Hinweise „100 bei Nässe“ auf der A5 zwischen Basel und Freiburg habe ich glatt übersehen, obwohl die Fahrbahn benetzt erschien und sich besser abgerichtete „Volksgenossen“ daran hielten.
Man muss schon etwas bekloppt sein – oder auch behämmert – um sich regelmäßig den wilden Wechsel absurder Tempoanweisungen auf dieser Strecke anzutun. Man schafft es kaum, rechtzeitig zu verarbeiten, ob die Regelung nur „bei Nässe“, zwischen 6 und 21 Uhr oder zwischen 21 und 6 Uhr oder am Ende doch nur für LKW gilt.
Vergleichbarer Nonsens ist mir aus keinem europäischen Nachbarland bekannt, auch die grotesken Drohungen an Autobahnbrücken „Rennraser – nächste Ausfahrt Gefängnis“ aus dem Handbuch des „Gaslighting“ kenne ich nur aus dem Mutterland von „German Angst“.
Bekloppt oder behämmert muss ich auch selbst sein, wenn ich zu vorgerückter Stunde noch schnell etwas zur DKW „Sonderklasse“ in der letzten Ausführung ab 1937 schreiben will.
Denn angeblich war diese mit über 10.000 Exemplaren die häufigste Version der oft übersehenen heckgetriebenen DKWs mit 4-Zylindermotor. Dumm nur, wenn man arg spät feststellt, dass man unter hunderten DKW-Fotos keine Vorkriegsaufnahme dieses Modells im Fundus hat.
Das früheste Dokument verdanke ich Leser und Sammlerkollegen Klaas Dierks – es wurde der Tarnbeleuchtung nach zu urteilen, mitten im 2. Weltkrieg aufgenommen und zeigt den Wagen eines Doktors mitsamt dessen besserer Hälfte:

Das ist ein so schönes Foto, dass man die bedrückenden Zeitumstände vergessen könnte.
Man müsste behämmert sein, um den damaligen Zeitgenossen, die sich die fatalen Verhältnisse keineswegs mehrheitlich herbeigewählt hatten, nicht das Recht zuzugestehen, dennoch das Beste aus ihrem Dasein zu machen, sofern es nicht auf Kosten anderer ging.
Dieses Foto erzählt vom kleinen privaten Glück inmitten eines irrwitzigen großen Geschehens, und man kann vielleicht daraus etwas für’s Hier und Jetzt mitnehmen.
Nun aber zu dem DKW, der hier völlig anders wirkt, als man das von der sächsischen Marke gewohnt ist. Merkwürdigerweise sind – zumindest nach meiner Wahrnehmung – diese späten Versionen mit der robusten stahlbeplankten Karosserie heute kaum noch bekannt.
Der solide Aufbau war weitgehend vom Wanderer W24 übernommen, der ebenfalls unter dem Dach der Auto-Union gebaut wurde. Mit ein paar Anpassungen hatte man die Frontpartie ganz anders gestaltet – man fühlt sich an das moderne Erscheinungsbild des Fiat 1100 erinnert, der ebenfalls 1937 erschien.
Lag es an dem in der Literatur als problembehaftet beschriebenen Motor, der eine für Zweitakter ungewöhnliche Komplexität aufwies, dass die nach dem ungeschlachten Vorgänger „Schwebeklasse“ gelungen gestaltete „Sonderklasse“ so wenige Spuren hinterlassen hat?
Vielleicht kann es einer der in Sachen DKW bewanderten Leser erklären. Ich bin noch einmal einen ganzen Stapel unbearbeiteter Fotos dieser Marke durchgegangen – völlige Fehlanzeige, was die späte „Sonderklasse“ ab 1937 angeht.
Doch zum Glück hatte ich mir schon vor längerer Zeit eine einschlägige Aufnahme gesichert, welche den Wagen von seiner besten Seite zeigt, wenn auch „ganz schön behämmert“ und in der Spezialausführung „Sonderklasse 1948“:
Wie man sieht, hat das Auto mit Zulassung in der sowjetischen Besatzungszone ab 1948 einiges erlebt. Einer der Vorderkotflügel hatte wohl in irgendeiner Form „Feindkontakt“, während des Kriegs als Fahrzeug der Wehrmacht oder bei einer späteren Gelegenheit.
Aber er kam tüchtig „behämmert“ wieder halbwegs in Form und das genügte damals vollauf.
Man vergisst gerne, dass es im Osten Deutschlands nach 1945 noch eine ganze Weile viele Leute gab, die sich einen gewissen Wohlstand bewahrt hatten, sofern sie nicht von den Westalliierten ausgebombt worden waren. Dieses Foto lässt etwas davon ahnen.
Bis das Wirken der sozialistisch beseelten Kleingeister im Politbüro in Ostberlin so weit „gediehen“ war, dass es auch damit vorbei war, sollte es noch bis in die 70er Jahre dauern.
Belassen wir es daher heute dabei, uns an diesem Dokument zu erbauen. Wie das zuvor gezeigte ist es eines, welches vom Triumph des Lebenswillens und dem Bedürfnis kündet, sich für einen Moment im Fluss des großen Ganzen als Individuum zu inszenieren – nicht als beliebige Nummer in einem straff durchorganisierten Ameisenstaat…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Wiederum danke für diese spannenden Einblicke – sehr anschaulich beschrieben, Hut ab!
Eine weitergehende formale Angleichung des Designs der AU- Fabrikate war für die folgende Generation (Modelljahr ’40) geplant. Den Horch- Stromlinienwagen gabs ja schon – das ist der mit dem Waschbecken (hier konnten Unschuldslämmer ihre Hände waschen). Er ist im Museum Mobile in Ingolstadt zu sehen wie auch die von uns restaurierte ’36er Schwebeklasse.
Für ’40 sollte neben dem F 9 auch ein nach dieser Grundform
gestalteter Wanderer herausgebracht werden Audi war gestrichen. Der letzte Typ 920 war schon von der Typologie her eigentlich ein Horch, der aus marktpolitischen Gründen als Audi verkauft wurde
Die Schwebeklasse mit der durch die Holzbauweise begrenzten Gestaltungsmöglich-
Kein und den nicht aus Holz zu fertigenden Kotflügeln stieß natürlich auch damals schon bei Ästheten nicht auf reine Gegenliebe – wie gesagt : Kofferraum von außen zugänglich , abschließbar!
Bei der Arbeit an dem ’36er von Audi, den ich vor Beginn der Zerlegung (26 T‘ Original- km!) noch ein paar Runden fahren konnte (ein Erlebnis, der 2- takt V8- Sound!) fielen mir maßliche Unterschiede zu der ’34er auf, deren Rekinstruktion wir damals auch vorbereiteten.
Nähere Untersuchung und letztlich Informationen über die Festlegungen zur optischen Umgestaltung und Anpassung des ’36er Modells an den Publikumsgeschmack lieferte das Protokoll der entsprechen- den Vostandssitzung der AU.
Verlängerung des Vorderwagens (gemessen ca. 6 cm) also Zurückversetzung der Fahrgastzelle unter „Verzicht“ auf die Kofferklappe und weitere marginale Änderungen
Man stelle sich vor: Man klappt zuerst die Rückbanklehne vor, wirft dann mit Schwung den schweren Koffer darauf, klettert hinterher in den Wagen, schiebt den Koffer nach hinten über den in gleiche Höhe reichenden sog. Federtunnel(der Schwebeachse) bis der Koffer um 90° abtippen und in der Tiefe des Kofferraumes Verschwindet .
So weit – so gut, aber umgekehrt ? Der Koffer ist schwer, der Hotelboy schwach?
Viel ermutigend ist da schon die Umstellung des Motors auf eine Zweivergaseranlage und des Schmiersystems auf Pumpenförderung !
Besten Dank! Es gab also trotz der formalen Ähnlichkeit und fast identischer Abmessungen mit dem Wanderer keine Gleichteile beim DKW Sonderklasse? Bemerkenswert. Bleibt die Frage, warum die zigtausendfach gebauten Wagen heute so rar sind (und wie gesagt auch auf alten Fotos nur ganz selten zu finden sind). Noch zur Schwebeklasse: Für mich noch weit von der Pontonform entfernt mit noch stark ausgeprägten Kotflügeln und nach wie vor deutlich schmalerer Fahrgastzelle. Der Wegfall der Trittbretter und nur noch angedeutete Kotflügel finden sich um die MItte der 30er von den USA kommend generell immer öfter, aber meist verbunden mit eleganterer Formgebung und vor allem besserem Finish (siehe Spaltmaße). M.E. unerreicht beim Vereinen technischen Fortschritts, hervorragender Fahreigenschaften, viel Platz und meisterhafter Gestaltung war anno 1934 m.E. Citroens Traction Avant – kommt demnächst ausführlich im Blog.
Da unser rasender Block-Wart die Expertise von „bewanderten“
Lesern einfordert hier einige Anmerkungen zum Thema DKW- Vierzylinderwagen:
Da das allerallererste DKW- Auto
für mehr als den Transport zweier Personen und, sagen wir, einer Aktentasche nun wirklich zu schwächlich war suchte der alte Rasmussen 1929 dringend nach einem deutlich stärkeren Antriebsaggregat für seine Pläne, nicht nur größter Motorradhersteller der Welt zu sein, sondern auch zum Massenherhersteller volkstümlicher Autos zu werden!
Das gelang ihm, wie wir wissen, erst im dritten Anlauf mit dem DKW F(ront), anfangs auch er ein kleiner Zweisitzer – aber mit fortschrittlichen Merkmalen wie Frontantrieb und unabhängig aufgehängten Rädern vorn wie hinten.
Das der Versuch, durch den Ankauf einer Fremdentwicklung, nämlich des ominösen Vierzylinder- V- Motors samt ihrer Schöpfer, die von der Motorenfabrik Steudel in Kanenz nach Zschopau kamen, vor der Technikgeschichte keinen Bestand hatte ist hinlänglich bekannt. Dieser V4- Zweitakter hatte je einen weiteren, doppelt wirkenden Ladekolben pro Zylinderbank zur Gemischversorgung aller vier Zylinder. Das wars dann schon – also nicht besonders komplex!
Anfangs gabs nichtmal abnehmbare Zylinderköpfe sondern Sackzylinder und eine formidable Schleuderschmierung mit kleinen Schöpffingern an jedem Pleuelfuß. Funktion war da , Leitung nicht berauschend!
Also: weiteres probieren, auch „Entwicklungsschritte“ genannt – 1000 ccm, 25 PS – 800 ccm, 22 PS – wieder 1000ccm , dann 27-28 PS – endlich 1932 volle 30 PS ! Das war dann schon der moderner wirkende Typ “ Sonderklasse 432″, produziert ab 4/1932, kurz darauf modernisiert und mit schräggestellter Kühlermaske im Fischgrätlook als Skl. „1001“
Und dann – dann kam der vielgeschmähte neue, in seinem Raumkonzept und vielem Anderen aber richtungweisende Typ “ Schwebeklasse“, die so genannt wurde um auf die überlegene Strassenlage durch erstmalige Anwendung des Konzepts der Schwebeachse vorn und hinten hinzuweisen.
Das bedeutete Minimierung des Abstandes der gedachten Verbindungslinie zwischen den Aufhängungspunkten der Achsen im Wagenkasten (bei Querblattfedern deren Befestigung auf den Federböcken) und dem Gesamtschwerpunkt des Vehikels. Da dieser Abstand den Hebelarm für das bei Kurvenfahrt wirkende und die Seitenneigung verursachende
Fliehkraft- Moment bildet, liegt nahe: Abstand gegen Null, keine Seitenneigung, Abstand groß, deutliche Seitenneigung ( siehe Ente ).
Die bereits die Raumökonomie der Pontonkarosserie vorwegnehmende Formgebung (Fahrgastzelle vorn bis über den Motor gerückt bei voller Wagenbreite und “ eingebauter “ Kofferraum, von aussen zugänglich durch Kofferklappe) sowie ein großes “ Einblick- Zentralinstrument mit Zeituhr, Tacho, Tank- und Kühlwasseranzeige machten in Verbindung mit Viergang- Getriebe und sperrbarem Freilauf das Auto zum modernen, geräumigen und komfortablem Wagen !
Das Beste kommt noch: man hatte es bei allen DKWs mit Heckantrieb bis dato mit sebsttragenden Holz-, ja HOLZ- Karossen zutun! Neben den bekannten Nachteilen haben sie den wichtigen Vorteil hoher Geräuschdämmung !
Der zugegebenermassen besser zum sich entwickelnden Typenfächer der Auto Union passende Nachfolger „Sonderklasse ’37“ in Stahl- Gemischtbauweise auf
separatem Chassis bot die modernen Merkmale der kommenden Pontonform nichtmehr, wies aber dafür ein dem Zeitgeschmack folgendes
Styling auf. Die immer wieder behauptete Baugleichheit mit dem Wanderer W 24 ist nicht zutreffend! Es wurde lediglich die ab ’37 allgemein gültige Auto Union- Linie angewendet und auch das Chassis mit den in Sachsen üblichen Merkmalen (Verwendung der Schwebeachse hinten) konstruirt.
Zu den vorhandenen Bildern ist festzustellen, daß es sich durchweg um ’37er Modelle handelt ( Hauptmerkmal: der eigenartige Frischlufteinlass über der Frontscheibe mit integrierten Wischerachsen sowie einteilige Türverglasung).
Die letzte Ausführung, Skl. ’39,
hatte dann auch die Ausstellscheiben in den Türen wofür jedoch Lizenzgebühr an GM abgeführt werden musste.
Wir alle, die Käfer- Erfahrung oder ähnliche mitbringen, wissen diese Entscheidung zu würdigen.
Es gab ja jahrzehntelang nichts Besseres zur „Zugfreibelüftung“ !