Schluss mit Eis und schlechter Laune: Hansa P 8/26 PS

Nicht nur in den internationalen Beziehungen bedarf es nach Zeiten des Kalten Kriegs und verkrusteter Feindbilder irgendwann eines Eisbrechers, wenn ein neuer Frühling einziehen soll. Es passt vielen kalten und heißen Kriegern nicht, aber genau das erleben wir gerade.

In meiner kleinen heilen Welt auf dem Lande bekomme ich davon zwar nur das mit, was ich den Nachrichten entnehme, darunter bewusst ausländischen Quellen, dennoch meinte ich heute etwas ähnliches am eigenen Leibe zu spüren.

In der Regentonne – einem einfass aus Frankreich – befand sich zwar noch eine dicke Eisschicht, doch mit ein paar Hammerschlägen war sie Geschichte. Auf die segensreiche Wirkung des Hammers, von kundiger Hand beherzt geführt, kommen wir noch zurück.

Nachdem die letzten Nächte bitterkalt gewesen waren, hat sich das Wetter endlich eines Besseren besonnen. Vorfrühlingshafte Temperaturen in der hessischen Wetterau weckten heute die Lebensgeister und verscheuchten leichterhand alle trüben Gedanken.

Nach getaner Büroarbeit nutzte ich die eine Stunde Licht bis Sonnnenuntergang noch beflügelt zu einigen Arbeiten im Garten. Endlich wieder im Freien, endlich wieder etwas Produktives tun, endlich sich wieder in alle Richtungen bewegen können – herrlich!

Wie jedes Jahr bei den Vorboten des lang ersehnten Frühlings dasselbe Empfinden, wie verwandelt zu sein, ohne genauen Anlass heiter und voller Tatendrang zu sein.

Leser Matthias Schmidt aus Dresden hatte mir mit perfektem Timing das dazu passende Foto in digitaler Form zugesandt.

Bevor wir dazu kommen, zum Vergleich noch eine kurze Erinnerung daran, wie miesepetrig viele Insassen deutscher Vorkriegswagen auf zeitgenössischen Fotos oft dreinschauen.

Jetzt gehörten sie schon zu den oberen zenhtausend, die sich überhaupt ein Auto leisten konnten und dann schafft man es meist nicht für einen Moment freundlich oder zumindest entspannt dreinzuschauen.

Mir hat dieses Phänomen schon oft die Freude an sonst gelungenen Situationen mit interessanten Autos vergällt.

Ein Beispiel dafür haben wir hier in Form eines Hansa Typ C 8/24 PS – eines Modells des norddeutschen Herstellers aus der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg, aufgenommen um 1920:

Hansa Typ C 8/24 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das ist das bis heute einzige Foto dieses Modells in meinem Fundus und dann soviele Trauermienen! Doch zum Glück geht es auch anders und das noch dazu am Beispiel des direkten Nachfolgetyps aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg.

Hansa brachte den Wagen nämlich optisch nur leicht modernisiert als Typ P 8/26 PS neu heraus. Die markante Kühlerpartie wurde beibehalten, die Kotflügel wurden stärker der Radform angepasst, und die ganze Linie geglättet.

Die weit oben angebrachten Griffmulden in der Motorhaube wurden prinzipiell beibehalten – ein für lange Zeit ein typisches Detail bei den Hansa-Wagen.

Den größten Unterschied machen aber beim Nachkriegstyp mit weiterhin 2,1 Litern Hubraum, aber höherer Spitzenleistung (es werden teilweise auch 30 PS genannt), die Passagiere aus.

Hier ist das Eis der Verbiestertheit gebrochen und alle Insassen zeigen sich bestens aufgelegt:

Hansa Typ P 8/26 PS; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden))

Es werden nicht nur die extra PS und die knapp 10 Zentimeter an zusätzlichem Radstand gewesen sein, die zur guten Laune diese Hansa-Insassen geführt haben.

Es war ein prächtiger Tag mit vollem Sonnenschein, man konnte es sich leisten, zum Vergnügen mit dem eigenen Auto auszufahren – und das zu einer Zeit, in der es der weit überwiegenden Mehrheit der Deutschen miserabel ging.

So ansteckend die Stimmung an Bord hier auch ist – uns bereitet dieses Auto nach gut 100 Jahren nicht nur Freude, sondern auch etwas Kopfzerbrechen.

Denn die Lenkung befindet sich hier auf der in Fahrtrichtung linken Seite – was erst zur Mitte der 1920er Jahre zum Standard wurde. Gleichzeitig verfügt der Hansa aber noch nicht über die ebenfalls um 1925 sich durchsetzenden Vorderradbremsen.

Man kann dem mit einer Datierung auf 1924 einigermaßen Rechnung tragen, denn das war das letzte Produktionsjahr des Typs P 8/26 PS, dessen Nachfolger der nochmals etwas längere 8/36 PS mit Vierradbremse war.

Aber es gibt ein weiteres Detail, welches irritiert. Damit meine ich nicht die schöne Kühlerfigur, die einen hammerschwingenden Jüngling im Schneiderseitz zeigt, perfekt passend zum Kühlergehäuse mit Hammerschlag-Optik:

Nein, nicht einzuordnen ist hier etwas anderes, nämlich das Reifenformat 820×120.

Das passt vom Durchmesser und der Breite nicht zum Hansa Typ P 8/26 PS, aber auch nicht zu dessen Nachfolger 8/36 PS – jedenfalls wenn man der Überlieferung in der Literatur zu deutschen Autos jener Zeit (W. Oswald, H. Schrader) Glauben schenkt.

Die dort zu findenden Reifenformate weichen ab. Aber das soll uns nicht verdrießen. Die Angaben können falsch sein oder sich nicht auf die gesamte Bauzeit beziehen.

Übrigens ist mir aufgefallen, dass alle Hansa-Wagen des mutmaßlichen Typs P 8/26 PS in meiner Markengalerie Linkslenkung aufweisen, obwohl das Modell von 1921-24 gebaut wurde. Könnte es sein, dass die Marke zu den ganz wenigen in Deutschland gehört, die bereits Anfang der 1920er Jahre auf Linkslenkung umstellten?

Wie dem auch sei – für mich ist das Eis nun gebrochen und gerne lasse ich mich von der heiteren Gestimmmtheit der Insassen des Hansa auf dem Foto von Matthias Schmidt anstecken.

Der Verstand sagt zwar, dass es ganz so schnell dann doch nicht geht – vor Mai wird es selten stabil schön in deutschen Landen, aber der Mensch lebt auch von der Hoffnung…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

4 Gedanken zu „Schluss mit Eis und schlechter Laune: Hansa P 8/26 PS

  1. Übrigens:
    Die „Hammerschlag- Optik“ der
    Kühlermaske des kleinen HANSA
    wurde durch die Verwendung von industriell hergestellten
    Punzblech erzeugt, welches sicher die Herstellung des stark ausgewölbten oberen Abschlusses der Maske erleichterte, da das Punzblech durch die Einprägung der vielen Vertiefungen eine zweidimensionale Stauchung erfährt, die nachher einen erhöhten Umformgrad bei der Endverformung erlaubt.
    Wir haben seinerzeit solche nützlichen Fertigkeiten im Werkunterricht bei der Erzeugung kleiner Hohlgefäße, etwa zum Bereithalten von Briefklammern oder Reißzwecken erlernt.
    Dazu gab es Kugel- oder „Punzhämmer“ in verschiedenen Durchmessern.
    Die Kühler der damaligen HANSA- Wagen wurden übrigens in der dem Werk gegenüberliegenden Kühlerwerkstatt von Carl F. W. Borgward gefertigt, der wenige Jahre später nach der Stillegung der stolzen HANSA- Werke durch die erfolgreiche Propa- gerungen seiner “ Blitzkarre“ in der Lage war, diese zu übernehmen und damit den Grundstein für seinen Privatkonzern legte !

  2. der abgebildete Hansa muss 1921/22 gebauten worden sein. Der Kühler änderte sich ab 1922/23. Die Reifen 820×120 sind richtig ab 1922/23, davor waren diese kleiner, geschuldet dem Lenkeinschlag und Reserveradmulden. Die Kühlerfigur ist ein Unikat, was zu der Zeit nicht ungewöhnlich war.

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