Hurra -es geht nach Belgien! Opel 25 PS Sport-Tourer

Beim Titel meines heutigen Ausflugs in die automobile Welt von gestern werden vielleicht manche Leser aus Nachbarländern Deutschlands schlucken. Wenn es mit „Hurra“ im Opel über die Grenze ging, dann war das wiederholt mit Tod und Verderben verbunden.

Sicher, im 21. Jahrhundert müssen wir Deutschen uns nicht mehr schuldig fühlen deshalb, aber die brachiale Kriegführung in praktisch allen Nachbarstaaten – nur die Schweiz kam knapp davon – ist nun einmal unser historisches Erbe.

Man muss nicht die entlegenen Kriegssschauplätze in Norwegen und Griechenland oder auch weit im Osten heranziehen, um sich die Frage zu stellen, was deutsche Truppen eigentlich überall dort verloren hatten.

Schon im Fall des vor der Haustür liegenden Belgiens, mit dem niemand irgendwelche Rechnungen offenhatte, muss man feststellen, dass unsere Vorfahren im 20. Jahrhundert ein im wahrsten Sinne verheerendes Bild abgegeben haben.

Wobei die bei dieser Gelegenheit entstandenen Autofotos für den einschlägig Interessierten freilich oft von großem Reiz sind. Hier haben wir einen typischen Opel-Tourenwagen, der 1916 fotografiert wurde:

Opel Tourenwagen im 1. Weltkrieg; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Ob dieser Wagen nun an der Ost- oder Westfront eingesetzt war, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Geschichte der auf der Motorhaube vermerkten 208. preußischen Infanteriedivision erlaubt anno 1916 beide Möglichkeiten.

Das kriegerische Treiben unserer Ahnen in ganz Europa mahnt dazu, sich in Konflikten der Neuzeit nicht abermals in vorderster Front hervortun zu wollen. Beruhigend ist indessen, dass die auf diesem Sektor einst unzweifelhafte „Kompetenz“, den ganzen Kontinent anzuzünden, in deutschen Landen heute nicht annähernd mehr vorhanden ist.

Außer markigen Worten ist verglichen mit den Verhältnissen von einst heute nichts Nennenswertes zu erwarten. Das wird so sicher auch von unseren Nachhbarn empfunden, die sich allenfalls fragen, warum die Deutschen heute so furchtbar viel Geld dafür ausgeben, militärisch ein hoffnungsloser Fall zu sein.

Das Schicksal der einst so bedeutenden Marke Opel – endlich komme ich zum eigentlichen Thema – ist ein emblematisches Beispiel für den schleichenden Kompetenzverlust der einst so gefürchteten und in einigen Bereichen auch bestaunten Deutschen.

Dass Opel bis in den 1. Weltkrieg vom Kleinwagen bis zur Luxusklasse das gesamte Spektrum abdeckte und zu den bedeutendsten Herstellern im deutschen Sprachraum gehörte – das kann man sich kaum noch vorstellen.

Wer wie ich in den 1970/80er Jahren aufgewachsen ist, kann sich noch an die schon damals als peinlich empfundenen Versuche der Rüsselsheimer erinnern, an alten Ruhm anzuknüpfen – Rohrkrepierer wie der „Senator“ und der „Monza“ waren das Ergebnis.

Dabei hatte man bei Opel schon nach dem 1. Weltkrieg einsehen müssen, dass man künftig kleinere Brötchen backen muss. So zählte ab 1921 der neuentwickelte Typ 8/25 PS (M21) mit 2-Liter-Vierzylinder zu den meistgebauten Modellen.

Sie begegnen dem Wagen mit dem typischen gemäßigten Spitzkühler und der geteilten Frontscheibe in meinem Blog öfters – hier eine noch nicht vorgestellte Aufnahme:

Opel 8/25 PS Tourer; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Während es parallel auch noch stärkere Modelle mit 35 bzw. 50 PS gab, blieben diese doch seltener und waren bei ähnlicher Optik auch größer.

Opel bot das bis 1924 gebaute 25 PS-Modell nicht nur als üblichen geräumigen Tourer und als (sehr rare) Limousine an, sondern auch als sportlichen Zweisitzer.

Ihm haben wir uns schon das eine oder andere Mal gewidmet – zur Erinnerung hier ein weiteres Foto aus der Sammlung von Leser Matthias Schmidt:

Opel 8/25 PS Zweisitzer; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt

Außerdem scheint es eine Art „Sport-Tourer“ gegeben zu haben, also einen offen Viersitzer mit niedrigem und kürzer anmutendem Aufbau.

Ich bin ihm bisher nur einmal begegnet und hatte ihm seinerzeit nicht viel Bedeutung beigemessen.

Nun habe ich aber dieser Tage eine zweite Aufnahme erworben, die so einen 25-PS-Opel mit auffallend kurzem und niedrig gehaltenen Tourer-Aufbau zeigt.

Das Foto bezieht seinen Reiz nicht zuletzt aus dem tradtionellen Haus mit Schindeldach und ebenfalls mit Holzschindeln verkleideten Fassade – daher erst einmal die Gesamtansicht:

Der Baustil verweist auf Südwestdeutschland -genauer kann ich ihn nicht einordnen – und dazu passend trägt dieser Opel-Tourer eine Zulassung in der Provinz Baden.

Die Frontpartie des Wagens wirkt aufgrund des niedrigen und vergleichsweise kurzen Passagierraums ungewöhnlich dominierend.

Doch bezieht man die Dimensionen des Lenkrads und den Beifahrer ein, wird klar, dass auch dies „nur“ einer der relativ kleinen Spitzkühler-Opels der frühen 1920er Jahre war.

Kann es sein, dass Opel auf dem verkürzten Chassis des weiter oben gezeigten Sport-Zweisitzer auch eine Art Sport-Tourer anbot, der zwar Platz für vier Insassen bot, aber nicht die größere Beinfreiheit des Standard-Tourers?

Dafür spricht aus meiner Sicht der minimale Abstand zwischen der vorderen Sitzreihe und dem Beginn der hinteren Kotflügel. Für eine sportliche Anmutung sorgen hier zudem die eher dekorativ gemeinten kleinen Türen:

In der mir zugänglichen Literatur zu den Opels der ganz frühen 1920er Jahre – zu nennen ist hier vor allem die verdienstvolle „Opel Fahrzeug Chronik 1899-1951“ von Bartels/Manthey -konnte ich nichts in der Hinsicht finden.

Vielleicht findet sich ja doch einmal jemand, der alle die vielen Fotos solcher Opel-Spitrzkühlerwagen in einer Systematik unterbringen kann.

Auf den heute in französischer Hand befindlichen Hersteller braucht man dabei nicht zu setzen, wohl aber auf die zahlreichen Besitzer zeitgenössischer Originalprospekte, die doch die aussagefähigen Partien ihrer Schätze leichterhand im Netz auf einer Website zugänglich machen könnten, wie das bei anderen Marken teilweise geschieht.

Nie war es leichter, dieses Material ohne jedes Risiko der (überschaubaren) interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen – warum passiert dann so wenig in der Hinsicht?

Einen rührigen Aktivisten auf dem Sektor „frühe Opels“ bis Anfang der 1920er Jahre kenne ich aber zum Glück. Das ist Bart Buts aus Belgien, der vermutlich die bedeutendste Sammlung an einschlägigem Material besitzt – inklusive mehrerer Originalfahrzeuge.

Und so geht auch das heute vorgestellte schöne Opel-Foto mit „hurra“ nach Belgien – von wo aus ich Gegenzug immer wieder mit Material bedacht werde, das für mich wertvoll ist.

So stelle ich mir die Zusammenarbeit vor mit unseren Nachbarn im 21. Jh. vor, nachdem wir Deutschen es einst gründlichst versemmelt haben – mit Belgiern, Niederländern, Briten, Dänen, Franzosen, Polen, Tschechen, Russen, Österreichern, Italienern…

Mit Gleichgesinnten aus allen diesen Ländern pflege ich regen Austausch und von wenigen Ausnahmen abgesehen habe ich den Eindruck, dass dort in Sachen Vorkriegsautos bedeutend mehr aus dem Auspuff kommt als bei uns…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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