Ein Hochgefühl, doch nicht von Dauer: „Durant“ von 1929

Das großartige Gefühl, gerade obenauf zu sein, souverän auf der Welle des Zeitgeists zu surfen – das ist ein trügerischer Zustand und die Götter – oder prosaischer: die Realitäten – bereiten dergleichen Karrieren oft ein unverhofftes Ende.

Diese Erfahrung machen immer wieder Zeitgenossen, die sich ohne echte Substanz zu Höherem berufen fühlen, eine Weile vom Momentum hochgetragen werden, sich allzu sicher im Sattel wähnen, bevor sie wieder auf ihr Normalmaß zurechtgestutzt werden oder gar ganz im Orkus verschwinden.

Das ist mehr oder weniger auch die Geschichte des Mannes, welcher der US-Automarke Durant in den 1920er Jahren seinen Namen gab.

Die rasante Entwicklung der amerikanischen Automobilbranche gab William C. Durant 1908 als Geschäftsführer von Buick die Gelegenheit zu einem Zusammenschluss der damals größten US-Marken, darunter auch Ford. Das scheiterte zwar, dennoch legte Durant damals den Grundstein für den bis heute existierenden Konzern General Motors (GM).

Nach ersten Erfolgen vergaloppierte sich Durant anno 1910 beim erneuten Versuch, Ford zu vereinnahmen. Die bis dato geduldigen Hauptaktionäre gaben ihm daraufhin den Laufpass.

Zwar gelangte Durant 1918 im Zuge der GM- Übernahme von Chevrolet, deren Geschäftsführer er geworden war, nochmals kurz an die Konzernspitze, musste aber 1920 endgültig gehen, da seine Vorstellungen bei GM nicht überzeugten.

Seine anschließend gegründete eigene Autofirma – Durant Motors – verschaffte ihm für kurze Zeit das trügerische Hochgefühl, doch noch einmal eine Chance zu bekommen.

Doch die mit zugekauften Aggregaten ausgestatteten Vier- und Sechszylinderwagen der Marke verkauften sich auf Dauer nicht gut genug, um eine wirtschaftliche Produktion aufrechtzuerhalten.

Mehr als eine markante Kühlerpartie hatten die Durants nicht zu bieten, da kann man sich sonst noch so selbstbewusst und kühn dreinschauend der Kamera stellen:

Durant 4/40 oder 6/60, Modelljahr: 1929; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Bei den Adressaten dieser Aufnahme – der Verwandschaft deutscher Auswanderer – machte der Durant dennoch sicher Eindruck.

Die in der alten Heimat Zurückgebliebenen wussten vermutlich nicht, dass sich hinter der charakterstark gestalteten Fassade eher Banales verbarg.

Die Basismotorisierung des 1929er Durant blieb mit einem 36 PS leistenden Vierzylinder hinter dem stärkeren Ford Model A zurück, das obendrein um einiges billiger zu haben war.

Es liegt bei realistischer Betrachtung der Kräfteverhältnisse auf der Hand, dass der Durant keine Chance gegen den Goliath hatte, da konnte er sich noch so sehr als David inszenieren.

Durant baute 1929 gerade einmal rund 34.000 Autos (die Sechszylinder inbegriffen), während Ford 1,5 Millionen Vierzylinder herstellte und Chevrolet in der gleichen Preisklasse wie Durant über 1 Millionen Sechszylinderwagen absetzte.

Vermutlich wäre William Durant glimpflich davon gekommen, wenn er den Laden dichtgemacht hätte, solange noch genügend Substanz vorhanden war. Aber er wollte die Realitäten partout nicht zur Kenntnis nehmen und hielt am Kurs in die Pleite fest.

Mit dem Konkurs der Marke 1932 ging auch Durants persönlicher Bankrott einher. Sein Fall war tief – unter anderem versuchte er sich später mit einem Drive-in-Restaurant über Wasser zu halten, in dem er selbst bediente.

Eine tragische Geschichte, aber so war es von jeher und so ist es auch heute, wenn man die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Auf das triumphierende Hochgefühl folgte schon in der altgriechischen Tragödie der Absturz manches Heroen.

Was man einst den Götttern zuschrieb, ist bei nüchterner Betrachtung schlichter Selbstüberschätzung zuzuschreiben.

Und so finden sich auch unter den Persönlichkeiten der Automobilgeschichte strahlende Helden und tragische Figuren. Welche das in unseren Tagen einer ideologisch irregeleiteten Planwirtschaft im Mobilitätssektor sind, das dürfte sich bald an den harten Realitäten entscheiden.

Gut möglich, dass einige als unzerstörbar geltende Protagonisten der letzten Jahrzehnte ihren übermütigen Flirt mit dem politischen Zeitgeist nicht überleben werden…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Kommentar verfassenAntwort abbrechen