Wenn ich mich recht entsinne, war der erste Wagen der Marke Brennabor, den ich in der Frühzeit meines Blogs vor rund 10 Jahren entdeckte, der ab 1919 gebaute Typ 8/24 PS.
Tatsächlich war das in der ersten Hälfte der 1920er Jahren neben Wagen der 30 PS-Klasse von NAG, Presto und Protos sowie des noch stärkeren Mercedes-Knight eines der am häufigsten Automobile in Deutschland überhaupt.
Dass man das erst nach mehrjähriger Beschäftigung mit dieser bedeutenden Marke wirklich versteht, liegt auch an der für mich unerklärlichen Abwesenheit eines umfassenden Standardwerks zur Autoproduktion des seit 1908 auf dem Sektor tätigen Herstellers.
Während ich immer öfter, ohne danach zu suchen, auf Fotos des Modells P 8/24 PS stieß, für das irgendjemand die glatte Produktionszahl 10.000 in die Welt gesetzt hat, lernte ich erst nach einer Weile, dass die frühen Exemplare noch modische Spitzkühler besaßen.
In meiner Brennabor-Galerie habe ich bereits einige davon geparkt, dieses aber ist „neu“:

Nicht allen Insassen dieses Wagens gelingt es, sich anlässlich der Aufnahme gut gelaunt zu zeigen – dass einige das sehr wohl konnten, beweist, dass dies auch bei etwas längerer Belichtungszeit durchaus möglich war.
Dabei ist zu bedenken, dass alle hier abgebildeten Personen einschließlich des angestellten Fahrers einer Minderheit Gutsituierter in deutschen Landen zu jener Zeit angehörten.
Mir fällt immer wieder auf, wie miespetrig dennoch einige Zeitgenossen gerade auf deutschen Autofotos der Epoche dreinschauen. Es können doch nicht so viele Leute gleichzeitig Zahnschmerzen gehabt oder ein dringendes Bedürfnis verspürt haben.
Egal, wir erbauen uns an den Exemplaren, die sich der Situation gewachsen erscheinen. Das gelingt erfreulicherweise überwiegend auf dem nächsten Foto, das ich Leser Matthias Schmidt aus Dresden verdanke:
Hier haben wir den Brennabor Typ P 8/24 PS in der Ausführung, wie sie sich am häufigsten findet, also mit Flachkühler, weiterhin ohne Luftschlitze in der Motorhaube, geneigter und mittig geteilte Frontscheibe und nun verkleideter vorderer Aufnahme der hinteren Blattfeder.
Dieselben Elemente sieht man am folgenden Fahrzeug, das vor einer mir unbekannten Backsteinkirche im Norden oder Osten Deutschlands abgelichtet wurde.
Auch hier ist zu konstatieren, dass die Fähigkeit bei einer solchen Fotogelegenheit gute Figur abzugeben, ungleich verteilt war:
In stark stilisierter Form begegnet uns der Brennabor Typ P 8/24 PS noch in seinem letzten Baujahr 1925 in der folgenden Reklame, welche in der Allgemeinen Automobil-Zeitung veröffentlicht wurde.
Gemessen an den Standards der Zeit kein Meisterwerk, aber man muss nehmen, was man kriegen kann. Leider kein Wort über die 1925 zum Standard bei deutschen Herstellern werdenden Vierradbremsen:
Doch dass letztlich die gute Laune überwiegt, wenn man sich mit solchen Dokumenten zum Brennabor Typ P 8/24 PS beschäftigt, das möchte ich mit dem für heute letzten Foto dieses Wagens beweisen.
Ich verdanke die folgende wunderbare Aufnahme, die einst in Ostpreußen entstand, Leser Jürgen Klein, der uns schon öfters mit Beispielen aus seiner Sammlung erfreut hat:
Der Brennabor zeigt sich hier von seiner besten Seite und lässt alle typischen Elemente erkennen – darunter auch die leicht nach hinten versetzten Vorderkotflügel und den am Schweller abgewinkelt angebrachten Trittbrettbelag.
Nehmen Sie sich etwas Zeit und studieren Sie die Gesichter der hier abgebildeten Personen – überwiegend gut gelaunt, oder? Nun ja, ein paar Ausfälle in der Hinsicht sind schon zu konstatieren.
Zum Glück wird der beinahe bösartige Gesichtsausdruck der jungen Dame ganz rechts mehr als kompensiert durch die heitere Gelassenheit der alten Frau etwas weiter links davon. Sie hat mit Sicherheit noch eine Welt ohne Autos erlebt und ihre gesunde Gesichtsfarbe verrät, dass Sie auch im Alter noch draußen tätig ist – vorbildlich!
Von ihr können wir die rechte Stimmung und gute Laune lernen, was die Selbstinszenierung auf solchen Fotos angeht, mit denen wir uns der Nachwelt präsentieren…
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Wieder einmal besten Dank, auf Ihre ergänzenden oder auch korrigierenden Anmerkungen hatte ich gehofft. Der 8/32 PS mit Vierradbremse und etwas anderer Gestaltung ist mir geläufig – es gibt auch einige Fotos davon in meiner Brennabor-Galerie. Den Typ P 8/24 PS finde ich bemerkenswert, da er gemessen an der schieren Masse an Fotos, die ihn zeigen, wirklich sehr oft gebaut worden sein muss. Neben den erwähnten Wagen der 30 PS Klasse von NAG, Protos und Presto war das auch nach meiner Wahrnehmung das am, häufigsten gebaute deutsche Mittelklasseauto der frühen 20er. Da bei allen diesen Fabrikaten rund 10.000 Exemplare oder andere auffällig runde Zahlen genannt werden, bin ich diesbezüglich immer skeptisch. Bei Fahrrädern wurde in Reklamen auch immer gern mit solchen Zahlen hantiert, man nahm es da nicht so buchhalterisch genau. Ein geeigneterer Ansatz wäre aus meiner Sicht, Fahrgestellnummern überlebender oder anderweitig dokumentierter und möglichst genau datierter Fahrzeuge heranzuziehen. Dann ließe sich in etwa hochrechnen, wieviele Exemplare gebaut wurden. Leider scheinen nur ganz wenige Brennabor des Typs P 8/24 PS überlebt zu haben, was nicht gegen seine einstige Häufigkeit spricht. Wie gesagt: Ich sehe eine auffallende relative Häufung dieses Typs auf alten Fotos, obwohl ich gar nicht gezielt danach suche. Zu den bekannten Gründen für den unterentwickelten deutschen Markt nach dem 1. Weltkrieg möchte ich noch einen ergänzen: Offenbar gingen den deutschen Herstellern nach dem Krieg die riesigen Absatzmärkte in Osteuropa, aber auch in Skandinavien weitgehend verloren, auf denen sie zuvor dominierten. Warum das so ist, aus politischen Gründen oder aufgrund der unzureichenden Fähigkeit zur Skalierung der Produktion, weiß ich nicht. An sich hätten zumindest einige andere Firmen wie auch Adler und Opel bspw. bei weiterem Vorhandensein dieser traditionellen Absatzmärkte im Ausland dort weiterhin Geschäft machen können. Das übernahmen stattdessen die Amerikaner sowie Fiat und Citroen, die nach dem 1. Weltkrieg ebenfalls in die Massenfabrikation nach US-Vorbild einstiegen. Brennabor hatte vielleicht die besten Chancen, das ebenfalls zu tun, aber aus irgendeinem Grund gelang es nicht, das Fließbandkonzept entsprechend groß umzusetzen. War vielleicht Kapitalmangel der Grund? Auf jeden Fall immer wieder ein interessantes Thema. Eine Sache fällt mir noch ein: In meiner Sammlung habe ich eine GDA-Reklame von Mitte 1927, in der auch der Brennabor P in der überarbeiteten Fassung 8/32 PS zu sehen ist, auch dort ohne Vorderradbremse (vermutlich hat man die auf der Abbildung „vergessen“).
Guten Morgen Herr Schlenger,
wir hatten erst kürzlich einen Austausch zur Einführung der 4-Radbremse bei Brennabor. Typ P 8/24 hatte bekannterweise noch keine solche. Brennabor bot diese ab 1925 mit dem Nachfolgemodell dem Typ P 8/32 an. Fest steht, Brennabor blieb in der technischen Entwicklung nicht zurück. Dazu schickte ich Ihnen Infos und auch ein schönes Foto.
Konkrete Produktionszahlen gibt es leider kaum vom Werk direkt, da Werksunterlagen und Werksmuseum kurz vor Ende des 2.WK zerstört wurden. In Artikeln und Werbung aus der Zeit tauchen hin und wieder Zahlen auf. So ist 1926 zu lesen, daß der 10.000 Typ P 8/32 fabriziert wurde. Allerdings ist die genaue Anzahl bisher nicht bekannt.
Ganz klar, zu den Zahlen aus den USA ist das absolut unbedeutend. Vergessen darf man allerdings auch nicht, unter welchen Umständen in Dt. Automobile fabriziert wurden (1.WK, Nachkriegswirren, Inflation, Unruhen-Streiks, auch dadurch verspätete Einführung von Fließfertigung und Fließband, die Haltung des dt. Arbeiters zu den neuen Prod.methoden usw.).
Ich freue mich auf jeden neuen Beitrag von Ihnen.
Beste Grüße aus Brandenburg
Mario Steinbrink
IG-Brennabor