Fährt man im Herzen Frankreichs – in der Champagne und im Burgund – über Land und macht Halt in den Kleinstädten, begegnen einem allerorten die Zeugen einstiger Prosperität, bürgerlichen Stolzes und handwerklicher Meisterschaft.
Selbst in Kleinstädten mit kaum 5.000 Einwohnern stößt man auf Bauten bester Machart, aus lokalem Kalkstein gefertigt, großzügig mit den Schmuckformen der jeweiligen Zeit versehen – die Nachkriegszeit ausgenommen, die in architektonischer Hinsicht den historischen Bestand generell nur selten zu bereichern vermag.
An einen solchen Ort entführe ich Sie heute, liebe Leser, wenngleich am Ende das Gefühl zurückbleibt, dass sich die titelgebende Prosperität in unseren Tagen verflüchtigt hat.
Begleiten Sie mich nun ins Burgund, wo nach meiner Meinung von altersher die besseren Weine als im überschätzten Bordeaux produziert werden und obendrein die Kulturlandschaft dem Reisenden weit mehr zu bieten hat.
Zwischen Bourges im Westen und Dijon im Osten findet sich einigermaßen auf halbem Wege die alte Kleinstadt Clamecy:

Nicht nur die monumentale Kirche Saint Martin erzählt von einer Prosperität, die man hierzulande in einem 4.000-Seelen-Ort nur selten antrifft.
Diese Ansichtskarte der späten 1920er Jahre vermittelt auch den Eindruck einer intakten Geschäftswelt mit kleinen Läden und Handwerksbetrieben für den lokalen Bedarf.
Von einer – wiederum an deutschen Verhältnissen jener Zeit gemessen – erstaunlichen Prosperität zeugen auch die Automobile, welche vor dem 2. Weltkrieg in Frankreich in der Fläche weit alltäglicher waren als in deutschen Landen.
Mit großen Überraschungen aufwarten kann ich dabei nicht, aber betrachtenswert ist diese zufällige Auswahl an Wagen in der französischen Provinz schon, meine ich:
Im Hintergrund zeigt sich ein Hotchkiss – zu erkennen an der markentypischen Kühlereinfassung in Hufeisenform. Davor steht wahrscheinlich ein Tourenwagen der Marke Renault.
Uns erfreut aber vor allem der vertraute Anblick eines Citroen des Typs C4 (1928-32), mit dem der Hersteller auch den anbieterseitig rückständigen deutschen Markt versorgte.
Im Kölner Citroen-Werk entstanden zahlreiche dieser technisch unauffälligen, aber gut konstruierten und dank Massenproduktion für die gehobene Mittelschicht erschwinglichen Wagen.
Hier haben wir ein solches Exemplar mit deutscher Zulassung:
In Frankreich mit seinem damals höheren Einkommensniveau und modernerem Fertigungsstandard war ein solcher Citroen um 1930 eines der zahlreichen heimischen Angebote für den Durchschnittsbürger – der Wagen stand für Prosperität in der Breite.
Wir wissen, wie sich die Dinge seither entwickelt haben in Frankreich.
Erst während der deutschen Besetzung 1940-44 ausgeplündert, dann von zentralistischer Planwirtschaft in seiner Dynamik stark beeinträchtigt und seit langem von einer missglückten Migrationspolitik geplagt, gehen in den Kleinstädten auf dem Land allmählich die gewachsenen Strukturen vor die Hunde.
Die Zeugen einer großen Vergangenheit und einstiger Prosperität sind noch da in Clamecy, aber die Atmosphäre, die Geschäfte und das Leben von früher sind weg. Das war schon bei meinem letzten Besuch im Herzen Frankreichs vor rund 10 Jahren so…
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.