Unheimliche Begegnung? Mercedes-Benz 290 Pullman

Was denken Sie als erstes, wenn morgens unerwartet ein langer schwarzer Mercedes vor dem Haus hält, es kein Taxi ist und Sie auch sonst spontan keine Ahnung haben, wer das sein könnte?

Schnell noch das Sündenregister der letzten Zeit durchgegangen – irgendeine unbotmäßige Äußerung, ein Scherz auf Kosten der Herrschenden gar? Und jetzt ab zum Verhör?

Ach was, so etwas bringt einem doch in unseren Tagen keinen unangekündigten Hausbesuch ein – jedenfalls nicht im freien Westen, sollte man meinen…

Tatsächlich entpuppte sich dieser Besuch als gänzlich erfreulich – ein alter Oldtimerfreund war mit seinem nicht mehr ganz taufrischen, doch immer noch repräsentativen Benz an der Hofeinfahrt längsseits gegangen, wo ein Konterfei unserer Katze Ellie mit dem Zusatz „Hier wache ich“ bislang alle finstren Gestalten abgewehrt hat.

Nach dieser unheimlich sympathischen Begegnung zweier Vorkriegsautofreunde war mir klar, was der nächste Kandidat in meinem Blog sein würde – nämlich dieser hier:

Mercedes-Benz 290 Pullman; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Na, was halten Sie von dieser finsteren Erscheinung auf sonnendurchflutetem italienischen Boden?

Würden Sie den Wagen ebenfalls als Mercedes-Benz 290 in der Pullman-Ausführung mit verlängertem Radstand ansprechen? Falls ja, hätten wir es mit einem zwischen 1934 und 1937 gebauten Fahrzeug zu tun, das aus meiner Sicht eher untermotorisiert war.

Mit gerade einmal 60 PS (später 68) war zumindest auf bergigen Strecken in dieser Gewichtsklasse kein Staat zu machen. Ein dermaßen repräsentatives und teures Auto hatte eine souveränere Motorisierung verdient und diese war bei der Konkurrenz auch verfügbar.

Dennoch war dieser schwere Brocken für eine auf den ersten Blick etwas unheimliche Begegnung irgendwo im Alpenraum gut. Woher ich das weiß?

Nun, das eingangs gezeigte Foto ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einem weit größeren, das schätzungsweise um 1960 entstand.

Spätestens hier ist festzustellen, dass man es doch mit einer durchaus erbaulichen Begegnung zu tun hat, und das nicht nur in automobiler Hinsicht:

Mercedes-Benz 290 Pullman; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wie schnell der erste Eindruck einer ganz anderen Sicht der Dinge weichen kann!

Jetzt erfreuen Sie sich noch ein wenig an den reizvollen Details auf diesem schönen Urlaubsfoto – vielleicht erkennt ja jemand den Ort.

Der Anbieter des Fotos nannte zwar den Passo di Sella am Übergang von Südirol ins Trentino, das scheint mir aber nicht richtig zu sein. Ich konnte auch auf historischen Ansichten die beiden prächtigen Bauten nicht identifizieren.

Wenn jemand die Örtlichkeit klären könnte, wäre das der glänzende Abschluss eines Tages, der zunächst ein wenig unheimlich begonnen hatte…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

3 Gedanken zu „Unheimliche Begegnung? Mercedes-Benz 290 Pullman

  1. Google Lens meint: „Pass Gipfel Karerpass in den Dolomiten, im Hintergrund historisches Golfhotel, Passo Costalungo, Provinz Bozen, Südtirol“.

  2. Mit der Nennung des Sella-Passes als Ort, an dem die Aufnahme gemacht worden sei, liegt derjenige knapp daneben. Den Sella-Pass kenne ich sowohl zur Sommer- wie auch zur Winterzeit (als Skifahrer, zuletzt im Februar dieses Jahres und 2026 wieder) recht gut. Der ist es nicht.
    Aber einige Kilometer weiter südlich gibt es den Karer-Pass, der (früher) auch Carezza-Pass hieß. Ich meine, dass es dort diese Gebäude gibt/gab.
    Richtig ist die Aussage, dass es sich dort um den Übergang von Südtirol zum Trentino handelt.

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