Mit einer bewusst gewählten Titelzeile kann man jemanden gezielt desavouieren – etwa indem man behauptet, eine Person des öffentlichen Lebens sei als Steuerhinterzieher verurteilt worden, wo es nur um eine Verwarnung wegen eines geringfügigen Betrags von unter 20 EUR ging. Die Korrektur folgte später versteckt und im Kleingedruckten.
Sie wissen nicht, mit wem man das kürzlich veranstaltet hat? Schade, solche Praktiken finden Sie hier jedenfalls nicht, die Titel meiner Blog-Einträge sind ein Vorbild an Faktentreue und präziser Doppeldeutigkeit zugleich…
Im heutigen Fall böte sich zudem ein Wortspiel unter Verwendung des Begriffs der Doppelläufigkeit ein, den ich soeben erfunden habe, doch ich muss mich bremsen.
„L’importante e finire“ im Hintergrund gesungen von der italienischen Chansonniere Mina erinnert mich gerade daran, dass ich meine Fantasie zügeln sollte, um nicht das Ziel aus dem Auge zu verlieren.
Genau darum geht es bei den Gegenständen, welche sich zahlreich auf dem Foto finden, das mir Leser Martin Krause in digitaler Kopie zur Verfügung gestellt hat. Dort mag man zuerst an „Gewehr bei Fuß“ denken – und sie werden womöglich denken, soviele Tippfehler kann einer nicht machen, dass er stattdessen „Gewähr bei Fußboden“ schreibt.
Richtig gedacht, aber eins nach dem anderen. Erst einmal bestaunen wir diese Versammlung bewaffneter Herren neben einer repräsentativen Chauffeur-Limousine:

„Gewehr bei Fuß“ trifft zwar nur für einen der drei schnauzbärtigen Jägersleute auf der linken Seite zu, aber das genügt, um diesbezüglich einen Haken zu machen.
Komplizierter wird es, was das daran anknüpfende Wortspiel angeht. Doch erst einmal würdigen wir die drei mit doppelläufigen Schrotflinten posierenden Herren. Könnten das Brüder sein? Oder ähneln sie sich nur wegen ihrer jagdmäßigen Kleidung?
Egal, zumindest die beiden neben der offenen Tür dieser Chauffeur-Limousine Stehenden haben etwas Bestimmendes an sich. Sie dürften die Chefs in dieser Szene sein, und darüber hinaus – wir kommen später darauf zurück.
Gut gefällt mir neben dem Jagdhund, der ebenfalls ein echter Charaktertyp zu sein scheint, der Eine der Drei, der sich einen Satz Schrotpatronen griffbereit in das Jackett geschoben hat. Er dokumentiert damit seine Einsatzbereitschaft und schaut ungeduldig in die Ferne.
Ob die Herren nebst Hund gleich alle in diesen Wagen einsteigen werden, sei dahingestellt. Mir scheint das Auto trotz des aufwendigen Aufbaus etwas zu klein dafür zu sein.
Damit wäre endlich der Übergang zur Auto-Thematik geschafft, wenngleich das Thema Jagdwaffen seine eigene Faszination hat. Wer nun aufstöhnt und das Handwerk verwerflich findet, möge zunächst überlegen, wie es um den eigenen Fleischkonsum und insbesondere die zugrundeliegende Produktionsweise bestellt ist.
Ich bin da auf der sicheren Seite, denn außer jagdlich zur Strecke gebrachtem Wild kommt mir so gut wie kein Fleisch auf den Teller – aus diversen Gründen. Ich sehe die Sache aber nicht militant und würde als Gast kein herkömmliches Fleischgericht ablehnen.
Also: Die Jagd per se, wenn sie nicht dem reinen Zeitvertreib oder der Kompensation irgendwelcher Komplexe dient, findet meine Zustimmung. Sein Handwerk mit dem Gewehr verstehen sollte einer freilich, aber das gilt ja für jede ernsthafte Betätigung, nicht wahr?
Jetzt aber zu dem Automobil, das rasch als Opel aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg identifiziert ist. Die Kühlerform, die leicht schrägstehenden Luftschlitze in der Motorhaube und der rudimentäre Schriftzug „…el“ lassen kaum einen Zweifel.
Stilistisch bewegen wir uns hier um 1912, plus/minus ca. ein Jahr. Nicht ganz so präzise lässt sich das Modell ansprechen. Von den Proportionen her haben wir es weder mit einem der kleinen noch mit einem der großen Typen zu tun.
Ab 20 PS aufwärts würde ich die Motorisierung veranschlagen, genauer geht es wohl nicht. Die parallelen Modelle einer Typenfamilie unterschieden sich vor dem 1. Weltkrieg oft nur durch die Größe bzw. den Bauaufwand bei der Karosserie.
Aber hatte ich diesen speziellen Opel nicht mit dem Zusatz „Fulavex“ als etwas außer der Reihe Befindliches geadelt?
In der Tat und jetzt kommen wir endlich auch zur ominösen „Gewähr bei Fußboden“. Selbige bot nämlich der Hersteller des gleichnamigen Produkts zweifellos beim Einölen von Holzfußböden – das war ja Ehrensache.
Dafür wurde sogar auf der Frontscheibe unseres Opel Jagdwagens Werbung gemacht:
Fulavex war ein offenbar bewährtes Produkt der Chemischen Farb- & Lack-Werke GmbH im Mannheimer Stadtteil Seckenheim.
Dazu scheint das Nummernschild des Opels vorzüglich zu passen, weshalb Fotobesitzer Martin Krause wohl zurecht davon ausgeht, dass wir hier die Chefs der Fabrik selbst sehen.
Der mutmaßliche Direktionswagen der Firma machte selbstredend Reklame für eines der glänzenden Produkte. Die Möglichkeit, dass wir hier lediglich durch die Windschutzscheibe ein solches Schild am Zaun des Hauses im Hintergrund sehen, besteht, ich würde sie aber als sehr gering veranschlagen.
Für eine entsprechende Situation auf einem Fabrikgelände spricht aus meiner Sicht auch das Vorhandensein eines Schmalspurgleises unterhalb des Autos.
Alle weiteren Vermutungen oder auch kundigen Ausführungen in Sachen Gewehr oder Gewähr überlasse ich nun Ihnen, liebe Leser. Ich dagegen überlasse mich dazu passend dem Zauber von „Parole, Parole...“ vorgetragen wiederum von Meisterin Mina auf CD…
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
In „Szenekneipen“ kenne ich mich nicht so gut aus – aber übersehen habe ich den Arbeiter nicht, er inspirierte mich bloß nicht. Spannender ist ohnehin der Typus des Chauffeurs, aber um ihn zu würdigen, fehlte mir die Zeit…
Meine Eltern haben kurz nach dem Krieg einen Ford Eifel. Der Fußboden war durchgerostet und nicht mehr sicher. Mein Onkel war zum Glück Schreiner und hat das Problem sachgerecht gelöst. Der Holzboden bewahrte uns drei Kinder vor dem sicheren Abrutschen Auf die Straße
Für mich ist der Anstreicher am sympathischen, der sich unbemerkt – auch vom Blogwart – ins Bild gestellt hat. Ein Charakterkopf, wie er, mit Schnauzer und Ledermütze, wie er einem auch heute in jeder Scenekneioe begegnet.
Man beachte auch die senkrecht die Wand hoch gespannten Freileitungen am Haus – sollten sie unter 110 V Netzspannung stehen?