Nach meinem Eindruck sind es meist ältere Herrschaften (m/w/d) – bzw. Zeitgenossen, denen offensichtliche Untauglichkeit von vornherein das Vergnügen verbietet – welche der Jugend den Genuss direkter Fronterfahrung schmackhaft zu machen versuchen.
In etlichen Fällen scheinen mir auch in der Familie vererbte offene Rechnungen eine Rolle zu spielen, wenn davon fabuliert wird, dass man politische Probleme doch am besten weit vor den Landesgrenzen gewaltsam lösen sollte.
Für dergleichen Hirngespinste der politischen Eliten ließen nicht nur in Vietnam, sondern jüngst auch am Hindukusch neben ungezählten Einheimischen junge Soldaten westlicher Staaten ihr Leben – ohne dass einer Ziel und Zweck kannte.
Was die deutschen Kontingente in Afghanistan angeht, hört man von den Alliierten übrigens wenig Schmeichelhaftes. Die gefürchtete Kriegstüchtigkeit (lateinisch: „furor teutonicus“) hat man den Deutschen ausgetrieben – zur Abwechslung eine gute Nachricht für unsere Nachbarn, die mit Ausnahme der Schweiz ein trauriges Lied davon zu singen wissen.
Für meinen Teil genügt es, wenn man seine Grenzen robust zu schützen vermag und etwaigen Invasoren durch entschlossenen Auftritt von vorherein den Appetit verdirbt. Auch an der bröckelnden Heimatfront gibt es viel zu tun, vielleicht fängt man erst einmal dort an.
Davon unabhängig plädiere ich heute aber unbedingt dafür, hier und jetzt einschlägige Fronterfahrung zu sammeln und zwar durch direkte Konfrontation mit der neusten „Waffe“, die anno 1931 von der Stettiner Schmiede Stoewer zur allgemeinen Überraschung auf den deutschen Markt gebracht wurde.
Mancher kennt dieses Gerät aus beschönigenden Darstellungen wie etwa dieser hier, auf welcher die beim Gegner unerwartet einschlagende Type V5 ganz harmlos daherkommt:

Tja, wer hätte das gedacht, dass Deutschlands erstes in Serie gebautes Frontautomobil einen derartig bieder-konventionellen Eindruck machte.
Bei der Konkurrenz von DKW wirkte die Vorstellung des Stoewer V5 anno 1931 dagegen wie ein Atompilz am Horizont. Denn man war gerade selbst dabei, ein solches Gefährt herauszubringen, das den Abnehmern ebenso direkte Fronterfahrung ermöglichte.
Doch so war es tatsächlich die kleine, aber immer wieder durch ihren Innovationsgeist hervortretende Manufaktur Stoewer aus Stettin am Ostseestrand, die einen serienreifen Kleinwagen mit Frontantrieb, Einzelradaufhängung vorne und hinten sowie einen 25 PS leistenden 1,2-Liter-V4-Motor herausbrachte.
Warum das Teil dann ausgerechnet V5 und nicht V4 nach der ungewöhnlichen Zylinderanordnung getauft wurde? Das wissen vielleicht Sie, liebe Leser, ich konnte der Frage nicht nachgehen. Opfer müssen halt gebracht werden usw.
Wichtiger ist mir, als im Kalten Krieg gedienter Panzergrenadier mit Spezialausbildung in Häuserkampf und anderen wertvollen Feldern, Ihnen heute eine möglichst unverfälschte Fronterfahrung mit dem Stoewer V5 zu ermöglichen.
Dazu eignet sich ideal eine Aufnahme, auf die mich mein Sammlerkamerad und dem Kriegshandwerk fernstehender Oldtimerfreund Helmut Kasimirowicz aufmerksam machte.
So gelang es mir, dieses Prachtfoto zu ergattern, auf dem Sie dem Stoewer V5 so ungeschönt begegnen, wie man sich das bei automobiler Fronterfahrung wünscht:
Starker Auftritt nicht wahr?
So eine aggressive Erscheinung hätte man dem kleinen Stoewer gar nicht zugetraut. Zur beeindruckenden Wirkung trägt der ungewöhnlich breite Kühlergrill bei, der beim überarbeiteten V5 von 1932 einer weniger militant erscheinenden Version wich.
Das ist ein Gerät, das keinen Hehl aus seiner technischen Konzeption als Fronttriebler macht. Kaum kaschiert unter dem groben Blech unter dem Kühler arbeitet das Differential des um 180 Grad gedrehten 4-Zylindermotors.
Keine Mühe wurde darauf verwendet, die Nuditäten des Vorderradantriebs und der querliegenden oberen Blattfeder auch nur notdürftig zu verbergen. Dieser erste fronttaugliche Stoewer war wie eine Waffe ganz zum unmittelbaren Einsatz konzipiert.
Er verkörpert zumindest von vorne die von mir geringgeschätzte Ideologie des „form follows function“ – eines frei erfundenen Gestaltungsgrundsatzes, den seine Verfechter gern zum Naturgesetz geadelt hätten, was aber an der Renitenz der Normalsterblichen scheitert, welche die organischen Formen der Natur selbst für erstrebenswerter halten.
Stoewer reagierte entsprechend, weshalb die Frontwagen der Stettiner im Laufe der Jahre immer schöner wurden (siehe meine Markengalerie).
Das war es auch schon, was ich dem Thema Fronterfahrung für heute abzugewinnen vermag. Es schlummern zwar noch viele wesentlich einschlägigere Aufnahmen in meinem Fundus, doch irgendwie habe ich derzeit keine Lust, schöne Vorkriegs-PKW im Kriegseinsatz zu zeigen.
Ich sehe jetzt zu, wie ich aus der Fronterfahrungsnummer wieder herauskomme – Jimmy Yanceys Blues-Pianostück „Getaway“ von 1939 hilft mir hoffentlich dabei…
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Haha, nobody’s perfect, vor allem nicht zu fortgeschrittener Stunde, wenn man’s eilig hat. Danke für den Korrektur“vorschlag“!
Gut möglich, hatte ich nach Verfassen des Beitrags auch erwogen, aber nicht weiter verfolgt. Vielleicht klang es auch einfach besser als V1…
Ich könnte mir vorstellen, dass die Bezeichnung V5 an die früheren „Steuer-PS“-Angaben in der Typbezeichnung als Werbeargument und zur Einordnung der Leistungsfähigkeit des Wagens erinnern könnte: Berechnung ab 1922 (zwar nur bis 1928 zur Steuerberechnung gültig): 0,3 x Zylinderzahl x Bohrung in cm im Quadrat x Hub in m, beim Stoewer 0,3 x 4 x 6,8 x 6,8 x 0,082 = 4,55, aufgerundet 5
Hallo Herr Schlenger,
die 90° Drehung des Motors scheint mir zu wenig -> ich schlage 180° vor.
(Diesen Kommentar brauchen Sie nicht zu veröffentlichen).
Joachim Schmidt