Der reine Luxus: Fiat 514 – mit zwei Rädern…

So frugal das in der Überschrift anklingende Programm auch klingen mag – wird sich selbiges schon bald als der reine Luxus entpuppen. Vielleicht nehmen Sie sich etwas Zeit dafür, es gibt eine Menge zu sehen – speziell, wenn man sich nicht nur an Vorkriegsautos erbauen kann.

Tatsächlich liefert mir ausgerechnet der 1929 eingeführte Fiat 514 mit seinem konventionellen 1,4 Liter-Motor (28PS) die ideale Überleitung zum hemmungslosen Luxus, auch wenn man es dem Wagen hier noch nicht ansieht:

Fiat 514 Tourer; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Die schöne Aufnahme dieses Tourenwagenmodells verdanke ich Leser Matthias Schmidt. Sicher kann jemand eingrenzen, wo der Fiat 514 zugelassen war.

Alleine solche großzügig in digitaler Kopie bereitgestellten Dokumente darf man getrost als Luxus ansehen, da viele andere Sammler aus mir nicht begreiflichen Gründen Geheimnisse aus ihrem Bestand an altem belichtetem Papier machen.

Bislang war ich dem Modell 514, den Fiat als stärkeren Nachfolger des äußerst erfolgreichen 1-Liter-Typs 509 auf den Markt brachte, nur am Rande begegnet. Mit den Details nicht sonderlich vertraut wunderte ich mich daher über die Gestaltung der Räder mit einfacher Nabenkappe und frei zugänglichen Radbolzen.

Dabei hatte ich den 514 noch als Typ im Hinterkopf, der über markante Radkappen verfügte – hier hatte ich ihn erstmals anhand dieses bemerkenswerten Fotos besprochen:

Fiat 514 Limousine; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Aus gegebenem Anlass bot sich nun die Möglichkeit, der Sache etwas genauer nachzugehen. Dabei liefert das Stichwort „zwei Räder“ den Schlüssel.

Wie ich aus der in jeder Hinsicht vorbildlichen Website von Ferdinand Lanner zu Fiat-Automobilen entnehmen konnte (warum gibt es das eigentlich nicht für andere Marken?), wurde der Fiat 514 auch mit einer Luxusaustattung angeboten.

Letztere umfasste zwei seitlich montierte Reserveräder, außerdem die erwähnten wohlgeformten Radkappen. Tatsächlich fand ich beides stets in Kombination miteinander auf weiteren Fotos des 514, die ich erwerben konnte.

Hier haben wir ein in Berlin zugelassenes Exemplar, das wahrscheinlich in Deutschland seinen Cabrioaufbau erhalten hatte – in Italien kannte man diesen schwerfälligen Stil mit hoch bauender Tür nicht:

Fiat 514 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

An sich war der Fiat 514 ja Ende der 1920er Jahre als Einstiegsmodell gedacht, doch in Deutschland war damals noch jedes Auto ein Luxusgegenstand – und wer sich das leisten konnte, besaß oft auch das Kleingeld für einen Manufakturaufbau.

Der Besitzer dieses Exemplars gönnte sich sogar den Luxus gleich zweier Ausführungen – jedenfalls könnte man auf die Idee kommen, wenn man das identische Nummernschild zugrundelegt:

Fiat 514 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Was soll man davon halten? Nun, beim ersten Foto ist als Aufnahmedatum das Jahr 1937 überliefert – gut möglich, dass man dem Fiat nach etlichen Jahren eine neue Lackierung spendierte.

Wenn Sie jetzt glauben, dass dies bereits alles zum Thema „Fiat 514 mit zwei Rädern“ gewesen ist, dann stellen Sie sich darauf ein, dass Ihnen der angedrohte reine Luxus noch bevorsteht.

Tatsächlich begegnete mir am letzten Sonntag in der Frühe dieses makellos daherkommende Exemplar eines Fiat 514 und es sollte nicht dabei bleiben:

Fiat 514 Limousine im September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Wo ist denn hier der Luxus?„, mögen Sie jetzt fragen, „der hat doch weder die zwei seitlichen Reserveräder noch die Radkappen?

Schön, dass Sie so gut aufgepasst haben – denn natürlich ist das „nur“ die Basisversion. Auf die zwei Räder und den Luxus müssen wir noch einen Moment warten.

Dafür gibt es den Fiat 514 mit einstiger Zulassung in Perugia (Umbrien, Mittelitalien) hier erst einmal im Rahmen einer Familienzusammenkunft zu sehen:

Fiat Vorkriegswagen im September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Da steht unser Fiat 514 also zwar ohne den Luxus von zwei Rädern, aber dafür mit zwei Kameraden – links ein Typ 501 der frühen 1920er Jahre und rechts ein 508 A „Balilla“ von Anfang der 30er – beide Modelle waren bereits Gäste in meinem Blog.

Erwähnenswert in diesem Kontext ist auch noch die frühe Version des „Balilla“, welche einem Paar gehört, das sich – mit kleinen Freiheiten – ebenfalls um ein historisches Erscheinungsbild bemüht hat:

Fiat 508 „Balilla“ im September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Die beiden sehen wir als Randerscheinung auch auf dem nächsten Foto und nun spätestens wird Ihnen klar, was es mit den zwei Rädern wirklich auf sich hat.

Denn wieder hat es mich zur Teilnahme an der „La Francescana“ gezogen – einer Ausfahrt mit historischen Fahrrädern ab der Jahrhundertwende bis etwa 1990, die alljährlich in der „Valle Umbra“ im herrlichen Umland der alten Römerstadt Foligno im Herzen Italiens stattfindet. Vor dem Start bietet sich der Luxus unzähliger Fotomotive:

„La Francescana“, September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Speziell für die sehr zahlreich versammelten Damen ist die Veranstaltung ein willkommener Vorwand, um sich auf leider nicht mehr alltägliche Weise von seiner besten Seite zu zeigen:

„La Francescana“, September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Die Herren mögen die härteren Knochen sein, was die sportliche Seite angeht – sie wählen meist auch die längere und anspruchsvollere der drei angebotenen Routen. Nicht zufällig finden sich einige altgediente Kämpen unter den Teilnehmern:

„La Francescana“, September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Aber in optischer Hinsicht müssen sich die Buben nun einmal der hier versammelten Weiblichkeit geschlagen geben:

„La Francescana“, September 2025 in Foligno (Umbrien); Bildrechte: Michael Schlenger

Den Luxus, sich diesem ungleichen Wettbewerb auszusetzen, muss man sich leisten können, am besten dadurch, dass man mit einem interessanten Fahrrad aufwartet.

In meinem Fall war es ein „Triumph“ von 1950, welches auch spontan die Aufmerksamkeit eines anwesenden Fahrrad-Journalisten auf sich zog, der mich dazu befragte.

Zum Glück hatte ich mir am Morgen noch ein paar einschlägige Vokabeln angeeignet, sodass ich auf Italienisch etwas zu dem Rad mit der Startnummer 366 erzählen konnte…

„La Francescana“, September 2025 in Foligno (Umbrien); Fotoquelle: Cyclinside

Um kurz nach neun ging es dann – wie stets nach herzhaftem Absingen der Nationalhymne – mit etlichen hunderten Gleichgesinnnten auf die Strecke.

Im Unterschied zur bekannten „Eroica“-Veranstaltung in der Toscana kann man die Zahl ausländischer Teilnehmer an zwei Händen abzählen. Die Italiener bleiben bei der „Francescana“ weitgehend unter sich und das bekommt der Qualität des Gebotenen zugute – wie wir noch sehen werden.

Der erste Halt war beim Weingut Arnaldo Caprai in den Hügeln bei Montefalco wo man sein Rad zwanglos in der Botanik parkt, um sich anschließend den Herausforderungen eines üppigen zweiten Frühstücks zu stellen:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Dort begegneten die Radler auch den vierrädrigen Begleitern aus Turin wieder – hier gleich zwei Exemplare des legendären Typs 501, mit dem Fiat 1919 die Großserienproduktion startete und früh weltweit Erfolge hatte:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Den Fiat 514 hatte ich unterdessen aus dem Auge verloren, doch das störte nicht weiter – so ein klassischer 501 Tourer gibt stets ein reizvolles Motiv ab oder trägt zumindest dazu bei:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Dasselbe Fahrzeug begegnet uns bei einem späteren Halt zwecks erneuter Verköstigung mit kulinarischen Schätzen der Region nochmals- diese reizvolle Perspektive will ich Ihnen nicht vorenthalten, bevor wir uns endlich dem wahrlich luxuriösen Teil zuwenden:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Ich hatte mir die Freiheit genommen, den übrigen Teilnehmern der „Luxusfraktion“ etwas vorauszufahren – ich kannte die Strecke noch vom Vorjahr. So bot sich bei der Annäherung an die Station am lieblichen Lago d’Aiso zunächst dieses Bild:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Das schauen wir uns jetzt näher an und dabei spare ich mir jedem Kommentar – denn den Luxus, einfach nur Bilder mit zwei Rädern sprechen zu lassen, muss man sich gönnen können:

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger
„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Ja, er ist schon anstrengend, dieser Luxus mit zwei Rädern – das sieht man hier ganz deutlich. Soviel Mühe für reine Äußerlichkeiten – und dann noch so unpraktisch, nicht wahr?

Übrigens habe ich während der gesamten über vier Stunden dauernden Tour bei über 30 Grad Celsius keine einzige Klage darüber gehört, dass es ja so unerträglich heiß sei – wie das neuerdings in Deutschland der Fall ist, wenn es mal ein paar Tage über 25 Grad hat.

Man kann sich zur Abwechslung einmal in den Schatten begeben, ohne die Contenance zu verlieren –

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Das Rad im Vordergrund ist übrigens mein „Triumph“ – nur technisch überholt und ansonsten im Fundzustand mit Wachs konserviert und auf Hochglanz gebracht, soweit es die Lacksubstanz noch hergab. Jedenfalls kann sich auch eine 75 Jahre alte Dame so noch sehen lassen.

Gute Figur machte nicht zuletzt dieser Herr, der bei der Gelegenheit mit einer Zeiss-Kamera der Vorkriegszeit und Analogfilm im Negativformat 6×9 cm fotografierte.

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Bei der Gelegenheit sei angemerkt, dass sich Umbrien nach dem Sommer so prächtig grün wie eh und je zeigt – von sich ausbreitenden Steppen und tausenden Hitzetoten weiß man hier nichts – Neurosen wie diese überlässt man von jeher den Teutonen.

Nun ist alles wieder still am Lago d’Aiso und die Luxusmeute mit zwei Rädern ist wieder im Alltag angekommen wie auch ich. Doch nebenbei träumt es sich vorzüglich vom nächsten Mal. Ob wieder mit dem Fiat 514, das wird man sehen…

„La Francescana“, September 2025 in Umbrien; Bildrechte: Michael Schlenger

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

4 Gedanken zu „Der reine Luxus: Fiat 514 – mit zwei Rädern…

  1. Besten Dank – an Österreich hatte ich auch gedacht. Genau klären „müssen“ wir das ja nicht. Schauen und genießen hat Priorität bei diesen alten Fotos (bei den neuen natürlich auch)…

  2. Der Fiat 514 Tourer auf dem ersten Bild könnte eine schwarze österreichische Zulassungstafel haben. Datierung etwas schwierig weil L im Vorkriegsösterreich und Nachkriegsösterreich für Stadt Linz in Oberösterreich galt.
    Danke für die schönen Bilder der Radtour.
    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Billicsich

  3. So ist es, lieber Herr Hirmer. Ab nun müssen wir uns nun für ein langes Jahr wieder mit Klassikern auf vier Rädern abfinden – aber auch auf diesem Sektor gibt es soviel Schönes, Bemerkenswertes und mitunter Sprachlosmachendes zu bewundern, dass wir schon auf unsere Kosten kommen werden. Ich staune selbst, dass der Nachschub an einschlägigem Material einfach nicht abreißen will – also bleiben Sie dran!

  4. Hallo Herr Schlenger

    Besten Dank für den herrlichen Bericht zu Ihrer Teilnahme an der „La Francescana“. Mit dem Glanz der vielen attraktiven Damen(-fahrräder) kann der tollste Fiat 514 oder auch ein extra aufpolierter Typ 501 einfach nicht mithalten.
    In solchen Ausnahmefällen dürfen unsere geliebten Vorkriegsklassiker durchaus mal etwas im Hintergrund bleiben.
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Hirmer

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