Königliche Freuden: Buick Series 50 Sedan von 1933

Heute ist ein Tag, an dem mir königlich zumute ist – und das obwohl mir die tägliche Dosis Sonne fehlt. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie lange die kurzen und meist trüben Wintertage noch anhalten werden.

Doch schon die Post bereitete mir heute mittag königliche Freuden: Die Schneeketten der Marke „König“ sind nämlich eingetroffen, mit denen ausgestattet ich zwischen Weihnachten und Neujahr wieder nach Italien fahren werde.

Mein Ziel in Umbrien liegt auf 600 Meter Höhe und dort kann es in der kalten Jahreszeit weitaus winterlicher zugehen als in meiner Heimatregion – der hessischen Wetterau.

Letzten Winter lagen dort zeitweise 30 cm Schnee und die 6 Kilometer vom bzw. zum nächsten größeren Ort werden nicht geräumt. Daher auch die große Häufigkeit an Allrad-Wagen in der Region – einschließlich haufenweise Fiat Panda 4×4 der 1980er Jahre, die ein phänomenal langes Leben haben und bis heute in der Kleinwagenklasse unübertroffen sind.

Der Hausberg – der Monte Subasio – ist über 1.000 Meter hoch und dort kann man im Winter oft sogar mit Langlaufski unterwegs sein. Dabei kann es drunten in der Ebene der „Valle Umbra“ im August bis an die 40 Grad warm werden. Dieses Lokalklima ist sehr speziell – mit einer Fiktion wie dem „Weltklima“ können die bodenständigen Leute dort nichts anfangen.

Mit „König“-Schneeketten hoffe ich also im Zweifelsfall durchzukommen, außerdem verfügt mein Wagen über zuschaltbaren Allradantrieb. Mit einem deutschen Fabrikat wäre das für mich unbezahlbar, also machten die Ausländer das Geschäft – beim Geld hört mein in den letzten Jahren ohnehin auf dem Rückzug befindlicher Rest-Patriotismus auf.

Damit wären wir beim eigentlichen Thema meines heutigen Blog-Eintrags, auch wenn die Einleitung es vielleicht erst nicht erwarten ließ, habe ich noch die Kurve bekommen.

Jetzt geht es in die Gerade – königlichen Freuden entgegen. Denn nun geht es die „Königsallee“ in Düsseldorf entlang und dort begegnet uns etwas, durch dessen Besitz man sich einst zumindest in Deutschland geadelt fühlen durfte:

Buick Series 50 von 1933 auf der Düsseldorfer Königsallee; Originale Postkarte aus Sammlung Michael Schlenger

Schon beim Anblick des üppigen Blattwerks an den Bäumen fühlt man sich erhoben – während ich erst kürzlich im Garten die letzten Blätter des dem Ende zurasenden Jahres zusammengerecht habe.

Es mag ein strahlender Tag im Frühling gewesen sein, als der Fotograf von der anderen Straßenseite die zahlreichen fein gekleideten Flaneure aufnahm.

Sicher wird er auf ein angemessenes Gefährt gewartet haben, denn eine leere Straße als Mittelgrund macht sich nicht gut. Und er hat guten Geschmack bewiesen dabei:

Die seitlichen „Schürzen“ an den Vorderkotflügeln waren ein Indiz dafür, dass diese sechsfenstrige Limousine mit den markanten Luftklappen in der Motorhaube kaum vor 1933 entstanden sein kann, als sich dieses Detail von den USA ausgehend rasch durchsetzte.

Kurz erwog ich, ob es sich bei dem Wagen um einen Berliet des Typs 911 bzw 1144 von 1933/34 handeln könnte, doch dessen Kühlermaske war doch etwas anders geformt.

Freilich hatte der französische Hersteller mit dem Modell deutliche Anleihen bei US-Wagen gemacht und im nächsten Schritt recherchierte ich nach amerikanischen Fabrikaten von anno 1933 mit einer solchen Kühlerpartie.

Nach einer knappen Viertelstunde wurde ich fündig: Der Wagen auf der Düsseldorfer Königsallee war eindeutig ein „Buick“ des Modelljahrs 1933.

In der US-Autohierarchie waren Buicks damals in der gehobenen Mitteklasse angesiedelt. Im Deutschland jener Zeit war man dagegen schon ein König. Denn während überhaupt irgendein Auto bereits einen Luxusgegenstand darstellte, der für den Normalbürger im Reich völlig unerschwinglich war, galt dies erst recht für diesen Buick.

Der wartete schon in der Einstiegsvariante (Series 50) mit einem rund 85 PS leistenden Achtzylindermotor auf, daneben gab es mit längerem Radstand noch stärkere Varianten mit 95 PS (Series 60) bzw. gut 100 PS (Series 80 und 90).

Diese Aggregate waren übrigens keine Seitenventiler wie das bei US-Achtzylindern bis in die Nachkriegszeit häufig der Fall war, sondern sie besaßen im Zylinderkopf strömungsgünstig hängende Ventile (ohv-Spezifikation).

Über 40.000 Exemplare des Modeljahrs 1933 baute Buick – nach amerikanischen Maßstäben war das wenig, aber mehr als genug, um auch den europäischen Markt mit zu versorgen. Billiger als einheimische Fahrzeuge derselben Klasse waren sie zudem.

US-Automobile gelangten so damals in großer Stückzahl vor allem nach Skandinavien. Die deutschen Hersteller waren dort allenfalls mit den DKW-Frontantriebsmodellen oder den Opel-Vier- und Sechszylindern in größerem Stil aktiv.

Das übrige Geschäft in Nordeuropa machten vor allem die Amerikaner, welche die richtigen Produkte in der benötigten Stückzahl zum attraktiven Preis liefern konnten. Daher sind US-Vorkriegswagen bei unseren nördlichen Nachbarn noch heute sehr verbreitet.

So fand ich im Netz ein Video, das der junge dänische Besitzer genau eines solchen Achtzylinder-Buicks von 1933 gemacht hat, wie er einst auf der „Kö“ unterwegs war.

Das Dokument ist phasenweise gewöhnungsbedürftig, aber man bekommt einen guten Eindruck davon, wie geschmeidig und ruhig der kraftvolle Motor läuft. Auch ahnt man, wie das prächtige Auto einen beim Fahren förmlich zum König der Landstraße macht.

Genießen Sie diese königlichen Freuden aus Dänemark und halten bis zum Ende durch – Sie können hier genau den gleichen Wagentyp erleben, der in Düsseldorf unterwegs war:

Video hochgeladen von Roger Friberg; Quelle: YouTube.com

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.   

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