Mit dem sensationell gezeichneten BMW 327 von anno 1937 geht für viele Liebhaber klassischer Formen die kurze Vorkriegszeit der so berühmten Automarke zuende.
Zwar kam 1939 noch der Typ 335 heraus, der ähnliche Linien aufwies, aber er war eher eine Variation über ein Thema, welches bereits seine Vollendung gefunden hatte.
Wir waren dem aus jeder Perspektive wirklich perfekt gezeichneten BMW 327 zuletzt in Form dieses Exemplars mit Zulassung im schlesischen Breslau begegnet, welches während des 2. Weltkriegs auf der damals verwaisten Autobahn aufgenommen worden war:

Ich hatte seinerzeit ungewöhnlich viel Geld für das Foto ausgegeben, wohl mehr als 20 EUR. Ich wollte es aber unbedingt haben, denn so etwas findet sich nicht alle Tage.
Dergleichen finanziellen Exzessen für ein Stück belichteten Papiers steht freilich gegenüber, dass ich für das Gros meiner Aufnahmen durchschnittlich nur rund einen 5er zahle. Über’s Jahr kommt auch so ein hübscher Betrag zusammen – neben den Kosten des Blogbetriebs.
Dass Sie dieses Material hier ohne Limit kostenlos genießen können, hat allerdings einen Preis: Sie müssen sich oft durch abwegige und langatmige Einleitungen durcharbeiten, bevor es zur Sache geht.
Ein Blog ist nun einmal kein Sachbuch oder eine sonstwie ernsthafte Abhandlung – es ist ein persönliches Tagebuch, in dem Dritte online mitlesen können (daher die Bezeichnung: web-log, kurz: blog).
Heute haben Sie allerdings Glück, sofern Ihnen nicht der Sinn nach komplizierten und subjektiven Präludien steht. Denn diesmal will ich gleich zum Punkt kommen – nicht zuletzt, weil der BMW 327 keiner dilettantischen Hinleitung bedarf.
Dieser Wagen war ein Kunstwerk auf Rädern und das lässt man am besten ohne viele Worte wirken. Nur auf eines sei hingewiesen: Das Auto, welches ich nun zeige, kennen manche von Ihnen bereits.
Ich hatte es vor bald drei Jahren anhand eines zauberhaften Frühlingsfotos präsentiert, welches in Verona vor dem berühmten römischen Amphitheater entstanden war:
Damals hatten wir nur die Besitzerin des herrlichen, in München zugelassenen Wagens kennengelernt, während ihr Ehemann hinter der Kamera stand.
Ich hatte seinerzeit die Gelegenheit dazu genutzt, über die Qualitäten der Klassik zu fabulieren. Beschwerden diesbezüglich sind mir keine bekannt, ich scheine also nicht völlig danebengelegen zu haben.
Nun hat mir der Zufall – eine der bemerkenswerten Kräfte, die unser Leben prägen – mit ein paar Jahren Abstand ein zweites Bild desselben Wagens beschert.
Allerdings werde ich dieses Mal weniger Anlass haben, auf dem Thema Klassik herumzureiten, denn der BMW ist nun in einer Umgebung zu sehen, die das völlige Gegenteil repräsentiert.
Immerhin befinden wir uns noch in Italien, doch die Szenerie liefert nun ein Gebäude, das für den eher weniger landestypischen Stil der Gotik steht – der Mailänder Dom – und welches dennoch den angrenzenden Bau der Neo-Renaissance in den Schatten stellt:
Man möchte nicht glauben, dass dieses wohlkomponierte Foto wirklich billigst zu haben war. Ich konnte mein Glück kaum fassen, zumal diesmal „sie“ auf den Auslöser drückte und wir nun auch wissen, wie „er“ aussah.
Im hellen, da staubunempfindlichen Reisemantel fuhr man einst im offenen Automobil, sofern die Temperaturen noch kein sommerliches Niveau erreicht hatten.
Ich weiß es natürlich nicht genau, aber ich stelle mir vor, dass dieses Foto nach der Aufnahme in Verona entstanden war, als unser Münchener BMW-Paar wieder auf dem Heimweg war.
Tatsächlich sieht „er“ schon wieder geschäftsmäßig aus, so als ob die im Norden wartenden Aufgaben ihre Schatten vorauswarfen:
Vermutlich ging hier der gemeinsame Urlaub in Italien zuende – von Mailand gelangte man mit dem hervorragend motorisierten BMW mühelos noch am gleichen Tag „heim ins Reich“.
Wenn Sie jetzt schlucken, dann kann ich Ihnen das nicht ersparen. Denn an der für die Völker Europas so fatalen Zeitgeschichte jener Tage kommen wir nicht vorbei.
Wie schon die Aufnahme in Verona so ist auch diese aus Mailand auf 1939 datiert. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Bilder die Dokumente des letzten Urlaubs für lange Zeit waren, welchen unser Paar genießen durfte.
Damals ging so ziemlich alles dem Ende zu – nicht nur die grandiose Geschichte der BMW-Vorkriegswagen. Ob und wie die beiden offenbar hervorragend situierten Besitzer den Krieg überstanden, wissen wir nicht.
Denkbar, dass sie den BMW behalten durften, weil er geschäftlich benötigt wurde. Ebenso möglich ist es, dass er für das Militär beschlagnahmt wurde und sie ihn nie wiedersahen.
Vielleicht waren diese Fotos alles, was dem Besitzerpaar von dem Wagen und vielleicht sogar von ihrer gesamten luxuriösen Vorkriegsexistenz blieb. 75 Jahre später erfreuen sie jedenfalls noch immer das Herz, wecken Sehnsucht, stimmen aber auch nachdenklich.
Jeder Urlaub im Leben (auch im übertragenen Sinne) geht einmal zuende – man darf sich bereits glücklich schätzen, wenn es nicht der letzte war.
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Der BMW 327 auf dem ersten Bild, von vorn mit Tarnscheinwerfern und Sirene ist ein „normales“ 327 Cabrio, trotz der schicken Blondine.
Danke für die Bestätigung – Kollege Weigold hat das auch schon festgestellt.
Das ist aber ein 327/28. In der sportlicheren Version BMW 327/28 mit dem Dreivergasermotor des BMW 328 werden 80 PS (59 kW) erreicht. Äußerlich ist diese stärkere Variante nur an den Rädern mit Zentralverschluss-Flügelmutter und einem geänderten Tachometer zu erkennen.
Danke für den Hinweis und das schöne Stück Erinnerung!
Hinzuweisen wäre hier noch auf die Seltenheit des In Oberitalien abgelichteten Stars – handelt es sich doch ausweislich der hier montierten Sporträder mit „echtem“ Rudge- Zentralvèrschuss um die Non plus ultra- Version 327/328 mit dem 80 PS- 3- Vergasermotor! Er wurde nur 569 mal verkauft, um Vergleich zum 1304- mal
gebauten 327.
Das erinnert mich an „meine“ erste Oldtimer- Veranstaltung im
Sommer 1969, zu der ich mit 17
noch per Fahrrad (Torpedo- Dreigang) anreisen.
Der Ulmer Motorsport- Club hatte zu einer Oldtimer- Sternfahrt auf den Münsterplatz
eingeladen hatte.
Nach einigen, wegen des Besu -cherandrangs erfolglosen Versuchen, den mir damals erstmals begegneten BMW- Schönlings vernünftig auf den Film der AGFA- Silette meiner Mutter zu bannen hatte ich wenigstens das Glück , beim Verlassen des Platzes einen exklusiven Platz hart am Auspuffrohr des Boliden ergattert zu haben – dieses 6 – zylindrige Auspuffbrabbeln : ich höre (und rieche) es noch heute !
Wie man viel später hörte war das ein in Fachkreisen bekannter Sammler aus Giengen/Film….