Doch nicht so einfach, oder? Ford „Köln“ Cabriolet

Kennen Sie das? Dinge, die sonst leicht von der Hand gehen, wollen einfach nicht gelingen, dabei macht man nichts anders als sonst. Nun, man sollte sich darüber keine übermäßigen Sorgen machen – der Mensch hat längst nicht alles im Griff.

So habe ich die vergangenen Abende Stunden damit zugebracht, einige Dutzend „neuer“ alter Fotos in ein paar schnelle Erfolge umzumünzen. Der Januar ist bei mir geschäftlich stets besonders fordernd, sodass ich nicht so viel Zeit in meinen Blog stecken kann.

Doch der Plan wollte nicht aufgehen, ein paar „leichte“ Fälle zu knacken und die Ergebnisse rasch zu präsentieren. Es stellte sich einfach nicht die gewohnte Erfolgsquote ein, was wohl auch daran liegt, dass ich fast nur noch Bilder erwerbe, die von vornherein rätselhaft erscheinen.

Vielleicht wollte ich bloß aber auch nur das Finderglück erzwingen und das stellt sich selten auf Knopfdruck ein. Also verfiel ich auf den Gedanken, einfach das erstbeste Foto im Fundus zu nehmen, von dem ich sicher wusste, was es zeigt:

Ford „Köln“. 2-Fenster-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wenn Sie jetzt auch als Kenner ins Grübeln kommen und denken: „Doch nicht so einfach…“, dann sei Ihnen versichert, dass auch ich nicht auf Anhieb wusste, was das für ein Wagen war, der uns hier von einer adretten Dame ein wenig spröde präsentiert wird.

Tatsächlich war es ein zweites Foto desselben Autos, das die Sache einfach machte – dazu später. Lassen Sie uns dennoch versuchen, unsere Kompetenz einmal an diesem Dokument zu beweisen.

Die Architektur im Hintergrund weist schon einmal auf Mitteleuropa hin. Das gotisierende Fenster neben dem Eingang ist typisch für Bauten des Historismus, wie er vor allem im deutschen Sprachraum in der zweiten Hälfte des 19. Jh en vogue war.

Für ein deutsches Fabrikat spricht zudem eine kuriose Beobachtung, die ich über die Jahre gemacht habe: Nur bei Cabriolets aus Deutschland begegnet einem wiederholt ein dermaßen turmhoch aufgeschichtetes Verdeck, wenn es niedergelegt ist.

Ich weiß nicht, ob das am Unvermögen der Hersteller oder der Benutzer oder gar beidem lag – bei amerikanischen, englischen oder französischen Autos jeder Zeit habe ich das jedenfalls nicht bewusst und gehäuft registriert. Auch dazu mehr auf dem 2. Foto.

An welchen in Deutschland gefertigten Wagen in der Kompaktlasse fand man einst standardmäßig Drahtspeichenräder mit Radkappen wie hier zu sehen? Nun, außer bei besonders hochwertigen Ausführungen von DKW eigentlich nur bei Fords aus Köln.

Das perfekte Beweisfoto dafür liefert uns Leser Klaas Dierks mit dieser Fabrikinnenansicht:

Ford-Produktion in Köln; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Wie es der Zufall will, ist hier neben Limousinen und Cabrio-Limousinen auch genau so ein 2-fenstriges Cabiolet wie auf meinem eingangs gezeigten Foto zu sehen – vorne links.

Vergleichen Sie einmal die markante Gestaltung der Türoberseite – ein einfacher Fall, nicht?

Tatsächlich: Wir haben es mit dem ab 1933 gebauten Ford „Köln“ zu tun. Er war die deutsche Entsprechung des ein Jahr zuvor von Ford in Großbritannien eingeführten Y-Typs und sah anfänglich auch genauso aus.

Das Wägelchen mit seinem gut 900ccm messenden Vierzylinder (21 PS) war von der Konstruktion her zwar einfach gehalten. Seitlich stehende Ventile und Starrachsen standen aber dem Verkaufserfolg in Großbritannien nicht im Weg. Bis 1937 entstanden dort über 150.000 Exemplare.

Das Ford Köln mit praktisch demselben Modell kein vergleichbarer Erfolg gelang, lag schlicht daran, dass es dafür keinen Markt gab. Anders gesagt: In Deutschland gab es keine vergleichbar große zahlungskräftige Schicht, die sich so einen Wagen leisten konnte.

Die gemessen an der Gesamtbevölkerung winzige Minderheit der Deutschen, die einen Kleinwagen finanzieren konnte, wurde bereits mit den simplen Einsteigermodellen von Opel (1,2 Liter) und DKW (Frontmodell) nahezu vollständig abgedeckt.

So blieben für Ford wie übrigens auch für Hanomag in der 1-Liter-Klasse nur einige Brotkrumen übrig, die man aufsammeln konnte. Im Fall des Ford „Köln“ konnte man bis 1936 ganze 11.000 Exemplare absetzen.

Dieses Bild bestätigt einmal mehr den kuriosen Befund, dass die Briten damals zwar noch keine Autobahnen, aber dafür echte Wagen für’s Volk hatten (man denke vor allem an Austin) – in Deutschland verhielt es sich umgekehrt.

Der Staat gab Geld mit vollen Händen für reine Prestigeprojekte und natürlich die Rüstung aus, während der Durchschnittsbürger ein armer Schlucker blieb.

So verwundert es auch nicht, dass Ford den kühn als „Volkswagen“ angepriesenen „Köln“ auch mit teuren Sonderkarosserien wie dem 2-Fenster-Cabriolet anbot. Die wenigen Käufer, für die überhaupt so ein Wagen erreichbar war, konnten sich dann auch so etwas leisten:

Ford „Köln“, 2-Fenster-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier lassen sich nun weitere Detail studieren, etwa die schmalle gerillte Stoßstange, das harmonisch in den Vorderkotflügel übergehende Trittbrett und die neun Luftschlitze in der Motorhaube.

Wenn Sie jetzt meinen zu wissen, wie der Ford „Köln“ auf meinem eingangs gezeigten Foto aussah, dann muss ich sagen: Ganz so einfach ist es nicht.

Denn bei der näheren Betrachtung der Aufnahmen in meinem Fundus, in der Literatur und im Netz fiel mir etwas auf, was meines Wissens nirgends genauer erläutert wird. Damit meine ich nicht den Wegfall der Trittbretter und die Umgestaltung der Stoßstange im 2. Modelljahr 1934.

Vielmehr bereitet mir die Zahl der Luftschlitze Schwierigkeiten. So scheint das britische Vorbild – das Ford Model „Y“ mit nur sechs dieser Schlitze gestartet zu sein. Doch findet man beim deutschen Typ „Köln“ schon im ersten Modelljahr 1933 plötzlich acht oder neun davon und im zweiten Modelljahr 1934 dann bisweilen auch wieder nur sechs.

Ein eindeutiges Muster konnte ich jedenfalls bislang nicht erkennen, was bei einem in Serie gefertigten Wagen doch etwas verwundert. Wer es erklären kann, ist aufgerufen, uns im Kommentarbereich aufzuklären. Vielleicht ist die Sache ja doch ganz einfach.

Schließen will ich aber nicht, ohne nun das angekündigte zweite Foto des eingangs gezeigten Ford „Köln“ zu zeigen. Es kann zwar nicht mit dem Reiz des ersten mithalten, aber es liefert doch interessante Informationen:

Ford „Köln“, 2-Fenster-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Die geöffnete Motorhaube ruiniert hier die Linie, aber man kann nicht alles haben. Viel schöner wäre der Wagen auch sonst nicht geworden – seien wir ehrlich.

Festzuhalten sind hier jedenfalls die erwähnten sechs Luftschlitze – wie gesagt, schon im ersten Modelljahr finden sich auch Exemplare mit acht bis neun und im zweiten Modeljahr wieder welche mit sechs.

Da es nur eine Motorisierung gab, kann man einen unterschiedlich großen Kühlungsbedarf ausschließen. Bei den Beispielen mit zahlreicheren Luftschlitzen sind diese schmaler, sodass der Luftdurchsatz vergleichbar gewesen sein dürfte.

So einfach wie der Ford „Köln“ auch konstruiert war, so einfach scheint er im Detail dann doch nicht gewesen zu sein. Das muss auch für das Verdeck gelten, dessen grotesk gebirgehafte Anmutung erneut offenbart, dass es entweder eine ungeschickte Konstruktion war oder eine Fehlbedienung beim Niederlegen ermöglichte.

So denkt man erst bei diesem Wagen „eine einfache Sache“ – so ging es jedenfalls mir. Dann stellt man aber fest: „Doch nicht so einfach!“ – also wie im richtigen Leben.

Man lernt auch an solchen scheinbar unverfänglichen Beispielen, demütig zu werden…

Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

2 Gedanken zu „Doch nicht so einfach, oder? Ford „Köln“ Cabriolet

  1. Besten Dank! Das gezeigte Cabrio ist aber auch nur eines mit einem Fenster pro Seite und Platz im Heck ist reichlich vorhanden, es fällt dort sogar stark ab, dennoch ist das Verdeck so merkwürdig hoch aufgetürmt. Wie gesagt: Sieht man öfters bei deutschen Fabrikaten. Zu den Luftschlitzen: Es gab wohl mehrere Stufen der Überarbeitung 1934, da man noch die alte Version mit Trittbrett, aber schon sechs Luftschlitzen findet, außerdem die neue ohne Trittbrett und mit geänderter Stoßstange. Mag sein, dass mancher Besitzer bei der Stoßstange nachgerüstet hat. Jedenfalls ist mir die genaue Abfolge noch nicht klar – bin da wohl von der Literatur zu den Auto-Union-Modellen etwas verwöhnt, in der solches vorbildlich beschrieben ist. Zu Ford gibt’s leider nichts Vergleichbares und die Website der Altford-IG gibt wenig her (die Prospekte sind dort sogar nur Mitgliedern zugänglich).

  2. Zu den Luftschlitzen sagt Joachim Kuch (Ford in Deutschland) : zuerst 9 Schlitze, dann (Modellpflege 1934) 6 .
    Das mit den Cabrio- Verdecken war war eine heikle Angelegenheit: mit steigenden Ansprüchen an Comfort und Winterfestigkeit bzw. Wärme- Isolation/ Zugfreiheit stieg naturgemäß auch die Gesammtmasse des verbauten Materials, bestehend aus Holz, Metall (Stahl/ Messing, später auch Alu) Textilien, sowie Füllmaterial (Wattelagen, Rosshaar) und Kleinmaterial/ Beschlägen.
    Daraus ein auf kleinstem Raum
    unterzubringendes Falt- Paket
    zu konstruieren war naturgemäß unmöglich ! Es war also für den Konstrukteur entscheidend,
    welche Aufbaulänge im Wagen- heck für das zusammengelegte Verdeck zur Verfügung stand.
    Das erklärt die Vorliebe für das einfenstrige Viersitzer- Cabriolet, bei dem das geschlossene Verdeckgestell bis zum Hauptspriegel oft 80 bis 100 cm maß. Bei starker Absenkung der Bordwand ab der B- Säule war dann eine schön flach liegende Konstruktion möglich. Bei vierfenstrigen Aufbauten und Kleinwagen wie unserem FORD Y/ Köln war das nicht möglich, sodaß hier nur Höhe half.
    Wir sehen: je größer das Verhältnis von zu überspannender Innenraumlänge zu verfügbarer Aufbaulänge zur Ablage, desto höher Türme sich das „Gebirge“.
    Eigentlich logisch – oder ?
    Zu berücksichtigen war dann auch noch, ob eine Gepäckraum- Klappe oder Aussenkoffer zugänglich bleiben sollte.
    Um Cabrios der Extraklasse wie die Pulman- Cabrios von Horch , Mercedes etc. in den Griff zu bekommen, brauchte es geniale Spezialisten wie den langjährigen Verdeck- Konstrukteur bei Gläser in Dresden, der auch nach dem Krieg noch tätig war und dem wohl auch die sog. Innenverspannung zu verdanken ist, bei der dann auf die Sturmstangen verzichtet werden konnte. Ich traf von Jahren einen ehemaligen Gläser/ KWD- Konstrukteur, der ihn noch erlebt hatte.
    Klar, daß es ein Unterschied war, ob zur Verdeck- Bedienung eine
    technisch mäßig begabte Person oder zwei versierte, auf einander eingespielte Bediener zur Verfügung standen!
    Ziel der ganzen Aktion war das richtige und quetschfreie Liegen der Tuchfalten zwischen der sich bedrohlich scherenartig schließenden
    Hardware bis zum mit möglichst geringer Spannung Einrasten
    der „Fanghaken“ auf beiden Seiten.
    Eigentlich also Bedarf für eine
    mehrstündige Unterweisung bei Übergabe der Neuwagens…

    Die hier gezeigten Köln(er) Cabrios müssen Gläser- Erzeunisse sein, da hier die Gläser-typischen über der abgesenkten Seitenscheibe einklappenden Scheibenpfosten
    zu sehen sind und auch die Gläser- Pflaume uns von den rechten A- Säulen anlacht.
    Die zweite Version war von den
    heimischen Deutsch- Werken
    geliefert worden.

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