Wenn Sie jetzt irrtümlich gelesen haben: „Im Minirock dem Krieg entgehen“, dann haben Sie an sich guten Instinkt bewiesen.
Als noch im Kalten Krieg gedienter Panzergrenadier hing ich zwar der Devise an: „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen„. Wer sich der Sache verweigerte, mochte respektable Gründe haben, aber verhindern konnte er damit nichts.
Doch natürlich kann niemand, der bei Verstand ist und eine ungefähre Vorstellung davon hat, Krieg für erstrebenswert halten. Wehrfähig und abschreckend, gewiss – kriegstüchtig und gezielt Konfrontation suchen: definitiv nein.
Dabei gilt es genau darauf zu achten, von welcher Seite die aggressive Rhetorik kommt. Das sind oft Leute, die im Leben noch keinen Schuss abgegeben, noch keine scharfe Handgranate geworfen, noch keinen Häuserkampf geübt oder im Schützenpanzer das Gefecht der verbundenen Waffen trainiert haben (diese Auswahl ist nicht zufällig).
Aber die Geschichte zeigt auch, dass es ebenso eine Generation von alten Kriegern sein kann, die mit dem Gegner von einst noch eine Rechnung offen hat – aber (von Ausnahmen abgesehen) sicher sein kann, nicht noch einmal ins Feuer zu kommen.
Es war im Wesentlichen die „Erlebnisgeneration“ des 1. Weltkriegs, welche in den 1930er Jahren die nächste Generation junger Männer, die nullkommanull offene Rechnungen mit irgendjemandem hatten, kriegstüchtig machten.
Hier haben wir einen solchen Vertreter der nächsten Soldatengeneration, einer ungewissen Zukunft entgegensehend – vor einem Hanomag „Rekord“ der frühen 1930er Jahre:

Wenn ich es richtig sehe, haben wir es mit einem Gefreiten der Infanterie zu tun, wohl ein beliebiger Wehrpflichtiger. Vielleicht diente er als Fahrer des Hanomag Rekord, eines beim deutschen Militär verbreiteten PKWs, der für seine Robustheit geschätzt wurde.
Das Auto scheint schon einiges mitgemacht zu haben, wenn man genauer hinschaut. Aber als Fahrer war man in deutschen Landen damals noch etwa Besonderes – Wagen für die breite Masse gab es nicht. Selbst ein DKW-Zweitakter war für den durchschnittlichen „Volksgenossen“ völlig unerschwinglich.
Das erklärt nebenbei die enorme Masse an Fotos aus dem 2. Weltkrieg, die deutsche Soldaten mit zivilen PKWs zeigen – praktisch jedes Auto war im motorisierungsmäßig rückständigen Deutschland eine exklusive Sache.
Autofotos wurden freilich auch vor Kriegsausbruch gern gemacht, wie die Leser meines Blogs das zu schätzen zu wissen – ganz gleich, was ich dazu aus subjektiver Sicht erzähle.
So entstand vor 1939 auch folgende Aufnahme, welche ebenfalls einen Hanomag „Rekord“ und einen Soldaten zeigt – diesmal in Ausgehuniform. Aber das ist völlig uninteressant meine ich. Denn hier macht eine junge Frau mit einem Kleid im Miniformat Furore:
Dieses faszinierende Dokument ist ein Beispiel dafür, warum ein Vorkriegsauto bisweilen einfach nur Staffage ist und Anlass zu thematisch völlig abwegigen Betrachtungen gibt.
Im Ernst: Fotos des Hanomag Rekord können Sie dutzendfach in meiner einschlägigen Galerie studieren und auch die technischen Daten finden sich x-fach in meinem Blog.
Doch hier geht es um etwas ganz anderes: Hätten Sie gedacht, dass im durchmilitarisierten Deutschland der 1930er Jahre ein – formal gesehen – mustergültiger Soldat in einem solchen privaten Kontext unterwegs war?
Vor ein paar Jahren schrieb mir ein amerikanischer Leser im Scherz: „The Germans should have won the war – they had the cooler cars and smarter uniforms„. Das heute präsentierte Foto ist ein hübsches Beispiel für den Stil der Zeit, dem man sich schwer entziehen kann.
Was wir hier sehen, wäre der offiziellen Propaganda zwar zum Opfer gefallen – aber genau das gab es eben auch – im Minirock dem Krieg entgegen:
Mich fasziniert diese Aufnahme nicht nur wegen des gewagtesten Kleids, das ich je auf einem Vorkriegsfoto gesehen habe, sondern auch deshalb, weil sie davon erzählt, dass im deutschen Volk – und speziell in der jungen Generation, welche die Sache zu erleiden hatte – auch ganz andere Instinkte vorhanden waren, als Krieg gegen angebliche Feinde zu führen…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.