Sie werden es vielleicht aus einigen Bemerkungen erschlossen haben: Ich bin wieder einmal für eine Woche in meiner zweiten Heimat im italienischen Umbrien.
Hier gibt es genau den Sommer, den die Daheimgebliebenen dieses Jahr vermissen: Sonnenschein von morgens früh bis abends, 35 Grad Celsius und mehr – deshalb pilgern teutonische Horden mehr oder minder friedlich seit über 2000 Jahren gen Süden.
Wie daheim mache ich auch hier exakt das Gegenteil von dem, was die „Experten“ angesichts schlimmer Hitze empfehlen: Punkt 13 Uhr – also nach Sonnenstand um die Mittagszeit – schwang ich mich auf’s Rad, ein für den Einsatz auf die örtlichen Schotterpisten umgebautes Raleigh-Rennrad der 80er Jahre mit 12 Gängen.
An sich ist das Teil zu schwer und die Übersetzung unzureichend für die hiesigen heftigen Steigungen – aber: wer sich nicht quält, macht nichts für seinen Körper. Cool sieht das Radl außerdem aus, für mich unverbesserlichen Ästheten ein entscheidendes Kriterium.
Und cool – drahtig, möglichst ohne Fett daherkommen – wollen auch wir Herren, oder etwa nicht? Im letzteren Fall empfehle ich, an diesem Exemplar sich ein Vorbild zu nehmen:

Was sagen die Damen? Diesen jungen Burschen mit sportlichem Körperbau kann man doch durchaus einmal einem Intelligenztest unterziehen, um seine Eignung für längerfristige Projekte zu ermitteln, nicht wahr?
Dabei werden Sie feststellen, dass der Jüngling vielversprechende Anlagen hatte. Er war nämlich ein Sprößling der Familie Werres, welche vor rund 100 Jahren eine gutgehende Firma in der rechtshreinisch gelegenen Kleinstadt Eitorf unterhielt.
Das weiß ich von Mirja Renout vom Heimatkreis Eitorf e.V., die von mir wissen wollte, was das für ein Automobil war, an dem sich Herr Werres Junior hatte ablichten lassen.
Ich würde den Wagen anhand des Kühleremblems als „Ley“ aus dem thüringischen Arnstadt ansprechen – in Frage kommen aus meiner Sicht die kompakten Typen Ley T6 6/16 PS bzw. T6E 6/20 PS (Bauzeit: 1920-22 bzw. 1922/23-1925/26).
Sicher weiß es einer meiner in Sachen Ley besser informierter Leser genau. Auf jeden Fall haben wir es mit einem typischen Exemplar deutschen Automobilbaus aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre zu tun. Spitzkühler gehörten unbedingt dazu.
Aus heutiger Sicht ziemlich coole Geräte waren das. Wer mit so etwas heute noch unterwegs ist, stellt zuverlässig jeden modernen Supersportwagen in den Schatten – bloß sollte man als Fahrer auch eine gewisse Coolness und sportliche Silhouette mitbringen…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Sehr interessant, danke!
Die Räder sind bekannt vom Ley T6-Stromlinienwagen von Paul Jaray, also Baujahr nach 1922/23.
Interessante Erfahrung, danke! Habe in den letzten 40 Jahren deutsche, englische, französische und italienische Rennräder gefahren – bei der Rahmenqualität konnte ich keinen Unterschied erkennen. Allerdings waren die Verchromungen und Lackierungen bei einigen italienischen Herstellern bisweilen weniger dauerhaft als bei anderen Fabrikaten. Aber wohl auch eine Frage der Pflege und Aufbewahrung. Noch zu den Rohren: Bei den Stahlrahmen wurden ja in den meisten Ländern standardisierte Qualitäten verwendet – das haben die wenigsten Fabrikate selbst gebaut. Aber Ausnahmen gab es wahrscheinlich immer – gerade beim Verlöten der Muffen sind Qualitätsschwankungen möglich, da dies Handarbeit war.
Italienische Fahrradhersteller mogen sich selbst gerne als die Besten auf dem ganzen Welt beurteilen. Dass war sicher der Fall, wenn mein Bruder (Ruckgetr. Arzt ) mir seine Pinarolo 1980 ungefehr , zum Fahren anbot und denn gleich den grossen Unterschied zu bemerken: Die Roehren hatten alle viel mehr Flex ans jede Andere