Nichts für Pfeifenraucher: Ford „Eifel“ Roadster

Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr im Vorgestern aufhalte – jedenfalls, was die zeitliche Ausgewogenheit meines Blogs angeht, sonst aber sehr gern.

Umgeben von massiven Mauern, die 600-700 Jahre alt sind und eine erdbebengerechte Stärke von 60-80 cm aufweisen, lässt es sich schon aushalten, wenn man einen Gasanschluss und fließendes Wasser hat. Die Neuzeit hat also auch ihre Reize.

Und so begeben wir uns heute zur Abwechslung in die späten 30er Jahre, machen aber zugleich einen bemerkenswerten Zeitsprung in die angeblich so piefigen 50er Jahre.

Eine Warnung vorab: Der heutige Fotobeitrag ist vermutlich nicht nach dem Geschmack von Männern, die Pfeife rauchen. Kenner werden die Anspielung auf die süffig geschriebenen Autoartikel des Lebenskünstlers Fritz B. Busch bemerken.

Das Fahrzeug wie die Aufnahmesituation sind nicht gerade das, was ihm wohl vorschwebte, aber toleriert hätte er es wohl als Individualist, der Höhen und Tiefen erlebt hatte und sich immer wieder neu erfinden musste.

Ich weiß nicht, was er vom wackeren Ford „Eifel“ hielt, den das Kölner Werk 1935 herausbrachte – mit 34 PS leistendem 1,2 Liter-Vierzylinder. Die Limousine wäre ihm vielleicht ein wenig zu brav erschienen, wobei auch solide Bürgerlichkeit ihre Vorzüge haben kann, wie dieses Foto sehr schön illustriert:

Ford Eifel Limousine mit Nachkriegszulassung; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Neben der Werks-Limousine gab es eine auf den ersten Blick erstaunliche Vielfalt mehr oder minder schicker offener Versionen von diversen Herstellern.

Anfänglich entstand ein Roadster sogar bei Stoewer in Stettin, später bauten Deutsch und Gläser teils hochelegante Cabriolets.

Zur Erinnerung eine Aufnahme, die ich vor langer Zeit hier schon einmal vorgestellt habe – sie zeigt eine „Gläser“-Sonderausführung:

Ford Eifel Cabriolet (Gläser) mit Zulassung in München; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das könnte durchaus ein Auto für Männer gewesen sein, die Pfeife rauchen, auch wenn dem Wagen letzlich die Knorrigkeit britischer Roadster fehlt, welche Fritz B. Busch so trefflich in Worte zu fassen wusste.

Doch bin ich vor längerer Zeit auf eine bemerkenswerte Aufnahme gestoßen, die eine ganz andere – feminin anmutende – Roadsterversion des Ford „Eifel“ zeigt und das in einer Situation, die nicht nach dem Geschmack von Pfeifenrauchern gewesen sein dürfte.

Gequalmt wird zwar auch hier und die Zigarette hängt so lässig aus dem Mundwinkel, wie das einst Filmschauspieler zu tun pflegten. Doch der „Typ“, der anno 1956 neben dem Ford Roadster abgelichtet wurde, entsprach gewiss nicht dem Weltbild von Pfeifenrauchern:

Ford „Eifel“ Roadster, Nachkriegsaufnahme; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ist das nicht ein hübscher Typ mit einer gewissen Weiblichkeit? Ja, das Auto hat schon etwas Feminines, wenn wir uns zunächst darauf konzentrieren.

Ich finde diese Roadster-Version trotz fehlender Türausschnitte und nur noch in Resten vorhandenen Trittbretts sehr gelungen. Weiß jemand, wer der Hersteller war? Vielleicht ist die Lösung einfach, doch ich habe derzeit keinen Zugriff auf meine Literatur.

Nun zu dem sich androgyn gebenden „Typ“ neben dem Auto. Er macht das recht geschickt mit der weiblich anmutenden Pose – ob im Spaß oder ernst gemeint, ist schwer zu sagen.

Immerhin herrscht Klarheit in einer Hinsicht: Auf der Rückseite des Abzugs ist lapidar „Jürgen ’56“ vermerkt. Wir haben es nach landläufiger Auffassung mit einem Mann zu tun.

Vorstellbar ist aber, dass hier einer die eher weibliche Rolle in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung spielte. Ich habe das immer unterhaltsam gefunden und gönne jedem seinen Spaß auf dem Sektor, sofern er sich im Privaten und auf freiwilliger Basis abspielt.

Ich bin in jüngeren Jahren bisweilen Gegenstand von Annäherungsversuchen von Vertretern dieser Fraktion gewesen und wenn man wie ich lange Zeit in Frankfurt/Main gearbeitet hat, gehören solche Kontakte beinahe zur Normalität.

Das kann bisweilen nervig sein (seither verstehe ich besser, was Frauen an gewissen Typen abstößt), doch im Grunde mag ich alle Menschen, die nach ihrer Facon glücklich werden wollen, auch wenn sie dabei unkonventionelle Wege gehen.

Wie gesagt alles unter Wahrung auch sonst geltender Regeln des Anstands und ohne aggressive Trans-Ideologie, wie sie im „Westen“ (aber auch nur da) zu beobachten ist.

Was letztlich „Jürgen“ und den Fotografen – oder doch eine „Sie“? – verband, wissen wir nicht. Jedenfalls muss ihnen der Ford „Eifel“ gefallen haben, der eventuell nicht ihrer war.

Irgendwo im Alpenland hatte man Gelegenheit zu diesem etwas frivolen Foto und ich muss sagen, dass ich bei aller Schlüpfrigkeit der Thematik dankbar bin, dass vor bald 70 Jahren Vertreter der jungen Generation etwas taten, was den vielleicht doch zu sehr im Gestern verharrenden Pfeifenrauchern so gar nicht schmeckte…

Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog

10 Gedanken zu „Nichts für Pfeifenraucher: Ford „Eifel“ Roadster

  1. Bergerfahrenen kann ich eine Tour von Grainau aus empfehlen.
    Durch die Höllentalklamm ins Höllental, über das Brett und den „Gletscher“,
    auf die Zugspitze.
    Grainau, da war doch etwas?
    Genau. Hier hat Hans Stuck gelebt.
    Gruß
    Hans Dieckmann

  2. In J. Kuchs Buch FORD in Deutschland heißt es: Eifel- Spezialist Wolfram Düster , Krefeld, weiß von zehn verschiedenen Cabruo- Karosserien.
    Wer sollte da sicher ansprechen?
    Bild 1 zeigt nach Bildvergleich ausweislich der Radabdeckungen das Kabriolett Zweisitzer von Deutsch, Köln.
    Das schöne Bild mit den Waxensteinen im Hintergrund zeigt den von Karmann angebotenen „5/34 PS Ford- Eifel Sportwagen“ ….

  3. Besten Dank dafür! Hatte mich mit der Kulisse gar nicht weiter beschäftigt – dabei habe ich das Zugspitzpanorama (aus anderer Perspektive) sogar als Desktop-Hintergrund auf dem Rechner…

  4. Hallo, das Foto entstand bei Garmisch-Patenkirchen. Im Hintergrund rechts der Waxenstein, in der Mitte das Höllental und die Zugspitze.
    Beste Grüße
    Hans Dieckmann

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