Vor 100 Jahren ein Traum von Motorraum: Praga „Piccolo“

Heute bringen wir ein Mädel unter die Haube und schauen bei der Gelegenheit, was sich eigentlich darunter befindet. Danach steht mir heute der Sinn.

Dieses merkwürdige Vorhaben mag damit zu tun haben, dass ich noch Öl unter den Fingernägeln habe, während ich diese Zeilen in die Tastatur tippe. Automobile Baustellen habe ich zur Genüge, doch aus demnächst gegebenem Anlass habe ich mich heute in die Niederungen der historischen Fahrradschrauberei begeben.

Auch dort gibt es bisweilen mehr als nur den üblichen Schmierdienst zu machen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein 75 Jahre altes Tourenrad der Triumph-Werke Nürnberg – weitgehend original erhalten, aber schwer gebraucht.

Das Gerät weist noch die schöne rot-weiße Linierung auf Rahmen, Schutzblechen und Felgen auf, die im Prospekt von 1949 erwähnt wird. Während sich der Lack gut aufarbeiten ließ – am Ende mit einer satten Schicht Carnauba-Wachs konserviert – gab es bei den Lagern zeitraubende Überraschungen.

Ein Kugellagerkäfig des Lenkkopflagers war gebrochen, einige Kugel fehlten. Die Achse des Vorderrads war verbogen – keine Ahnung, wie das geht. In beiden Fällen hatte ich brauchbaren Ersatz zur Hand. Auch das Tretlager war ausgelutscht, aber hier fanden sich ebenfalls passende Tauschteile – meist hat man es ja mit Normteilen zu tun.

Zeitraubend ist die Einstellung der Lager, zumal man oft nach einer längeren Probefahrt noch einmal nachjustieren muss. Das steht morgen auf dem Programm.

Für heute soll es das gewesen sein, was die Zweirad-Oldies angeht (mehr demnächst). Wir wenden uns jedenfalls vom Geruch von Lagerfett und Schmieröl inspiriert wieder den vierrädrigen Vehikeln zu und werfen bei der Gelegenheit einen Blick unter die Haube:

Praga „Piccolo“-Motorraum ca. 1926; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ganz schön viel Platz hier, das ist das Erste, was auffällt.

Zum einen bauten solche herkömmlichen Vierzylindermotoren mit seitlich stehenden Ventilen nicht so hoch wie die kopfgesteuerten Varianten – die Amis sprechen in solchen Fällen bezeichnenderweise von „Flathead“.

Zum anderen bestimmte einst die Kühlerfläche maßgeblich die Höhe der Motorhaube – man sieht hier sehr schön, wie der Kühlwasserschlauch mit dem von Motor erhitzten Kühlwasser steil nach oben steigt, um dann im Kühler nach unten zu sinken, wobei der Fahrtwind für die erwünschte Temperaturreduzierung sorgt.

Ansonsten gibt es nicht viel zu sehen, und das obwohl sich gleich drei Herren an dem Wagen zu schaffen machen. Doch halt, hier haben wir ja auch das erwähnte Mädel, das hier unter die Haube gebracht wurde – wobei diese zwecks besserer Zugänglichkeit des Aggregats entfernt wurde.

Das Bild passt somit nicht wirklich, aber mir ist leider nichts Besseres eingefallen, Sie müssen verzeihen.

Immerhin kann ich versichern, dass ich mit der Ansprache des Wagens als tschechischer Praga richtig liege – die sehr markante Kühlerfigur verrät es, welche sich auch an anderen Wagen der Marke in meiner Praga-Galerie wiederfindet.

Zuletzt hatte ich dieses Exemplar des kleinen Praga-Modells vorgestellt und wahrscheinlich haben wir es wieder mit dem um 1926 gängigen Typ „Piccolo“ zu tun:

Praga „Piccolo“ ca. 1926; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Viel kann und will ich Ihnen nicht zu diesem Wagen erzählen – man findet im Netz das Nötigste dazu. Im vorliegenden Fall ist es ohnehin die Fotosituation als solche, die einen förmlich mit unter die Haube zieht…

Leider kann man Autos nicht heiraten – oder vielleicht doch? Neuerdings ist ja einiges möglich in dieser Hinsicht. Wem es gefällt, soll es machen – ich bleibe meinen Lieblingen (und das sind einige) auch ohne Trauschein treu!

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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