Vor rund einer Woche wurde in den Wetternachrichten von frühlingshaften Temperaturen bis 20 Grad fabuliert – immerhin zwei Tage mit Sonnenschein und 12-15 Grad wurden dann daraus.
Ganz vergessen vor Begeisterung hatte man indessen, dass wir dem Winter entgegengehen. So fielen die Temperaturen vor zwei Tagen in der Wetterau mit ihrem historisch milden Mikroklima unter null und gestern früh fiel der erste Schnee.
Ich hatte ich die anrückende Kälte gerochen, doch die „Wettermodelle“ wussten nichts davon. Erst spät wurden die Computerszenarien von echten Wetterfröschen korrigiert.
Das kommt davon, wenn „vergessen“ wird, die üblichen frühen Winteranklänge im November einzuprogrammieren. Alternativ könnte man sich auf die altbewährten Methoden verlassen oder ab und zu einfach vor die Tür gehen.
Jedenfalls fällt mir seit Jahren auf, dass die Wettervorhersage immer unzuverlässiger wird. Ich bin der letzte, der etwas gegen Computermodelle hat, man sollte sie nur nicht mit der stets komplexeren Realität verwechseln – speziell bei Phänomenen mit chaotischem Charakter wie dem Wetter.
Nachdem ich Platz für die empfindlichen englischen Geranien vor der Haustür und in den Blumenkästen an der alten Backsteinhalle geschaffen hatte, in der meine Altmetallbestände frostsicher und trocken residieren, machte ich mir heute abend Gedanken darüber, welches Modell eher den Tatbeständen des Winters gerecht sein könnte.
Da fiel mein Blick auf folgendes Foto, das mir Leser Klaas Dierks in digitaler Kopie hat zukommen lassen und dessen Zeit nun gekommen zu sein scheint:

Als ich meinen Blog vor rund 10 Jahren begann, hätte mich dieses Modell noch vor Probleme gestellt – aber nicht wegen der fehlenden Vorderradbremsen oder des Schnees.
Damals hatte ich noch keine Ahnung davon, welche Vielfalt an vergessenen Automarken auf solchen historischen Fotos (und manchmal nur dort) fortlebt.
So hätte ich im Unterschied zu heute nicht sofort erkannt, dass wir es mit einem Wagen der deutschen Mannesmann-Werke aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre zu tun haben.
Inzwischen ist meine Online-Fotodokumentation von Vorkriegswagen soweit gediehen, dass ich für Vergleichszwecke nicht mehr die gerade bei einheimischen Nischenherstellern oft dürftige Literatur konsultieren muss.
Im Fall eines als exotisch anzusehenden Herstellers wie Mannesmann befinde ich mich in der komfortablen Situation, inzwischen in der eigenen Markengalerie mehr Referenzmaterial vorzufinden als sonst irgendwo.
So bestätigte sich meine Vermutung, dass wir es mit einem Typ W2 5/20 PS zu tun haben durch Vergleich mit dem folgenden Exemplar (Foto aus Sammlung Matthias Schmidt, Dresden), das ich bereits vorgestellt habe:
Aus dieser Perspektive ist das Kühleremblem von Mannesmann besser zu erkennen – in den meisten Fällen ist es das einzige Detail, was die Identifkation des Herstellers erlaubt.
Lassen Sie sich nicht von dem Fahrtrichtungsanzeiger am Scheibenrahmen oder dem im Fond sitzenden Hund ablenken – wir haben es mit dem gleichen Modell WII 5/20 PS zu tun, das ab 1923 gebaut wurde.
Bemerkenswert waren an den Mannesmann-Wagen eigentlich nur die gelungenen Roadster-Versionen, ansonsten waren sie vollkommen konventionell wie Dutzende andere deutsche Fabrikate, denen erwartungsgemäß ein größerer Erfolg versagt blieb.
Man sieht: Auch ohne Computermodelle kann man danebenliegen, wenn man nicht den praktischen Hausverstand aktiviert und sich fragt, weshalb ein Auto erfolgreich sein soll, das keinen Vorteil gegenüber dem Stand der Technik aufweist und teurer ist als die Konkurrenz.
Aber vielleicht weiß ein Leser zumindest zu sagen, ob so ein leichter 20 PS Tourer mit schmalen Reifen und Heckantrieb vom fehlenden Komfort abgesehen ein geeignetes Modell für den Winter war, sofern die Reifen noch ordentlich Profil besaßen.
Ich würde sagen: mit etwas Geschick und Erfahrung ließ sich so ein Gerät durchaus auch im Schnee gut und vor allem vergnüglich bewegen. Bei der Gelegenheit wage ich die modellunabhängige Prognose, dass dieser Winter wieder etwas strammer wird…
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Den Mannesmann am Knochenschlüssel (wie er früher bei Fahrrädern im Werkzeugtäschchen unter den Sattel lag) zu erkennen, wäre mir früher auch nicht bewußt gewesen. Das lag aber auch daran, daß ich bildliche Eindrücke davon überhaupt erst durch Ihren Blog gewann, wie auch überhaupt mein Eindruck vom Straßenbild vor 100 Jahren erst hier die zutreffende Gewichtung bekam. Denn Brennabor, Presto oder NAG waren ebenso vorhanden wie die Amerikanerwagen, sind aber heutzutage so wie auch der Mannesmann kaum noch zu finden.