Ein Ostfriese im Skiurlaub! Fiat 508 S Spider Sport

Es ist Anfang Januar, jetzt beginnen die eigentlichen Wintermonate und passend dazu fallen die Temperaturen in meiner Heimatregion – der hessischen Wetterau – auf eher seltene 6-7 Grad Minus.

Beim mittäglichen Spaziergang mit der besseren Hälfte blies ein schneidiger Ostwind und wir hielten es trotz Sonnenscheins nicht lange aus.

Immerhin konnten wir uns vergewissern, dass es den Schweinen, Schafen und Ziegen gut geht, die ein sympathischer Zeitgenosse auf einem Wiesengrundstück am Dorfrand hält und natürlich haben die freundlichen Viecher dort auch eine wärmende Heimstatt.

Zurück im Haus wurde gegen Abend erstmals seit letztem Winter der Kaminofen angefeuert – unsere „klimaneutrale“ Alternative zur staatlicherseits propagierten Wärmepumpe. Nach zwei Stunden war die ganze Bude (ein 120 Jahre altes Fachwerkhaus ohne Dämmung) so wohltemperiert wie schon lange nicht.

Mit warmem Hinterteil unterstützt vom guten alten Wollpullover bloggt es sich gleich viel entspannter – vor allem dann, wenn es auf eine Winterreise der besonderen Art geht. Denn heute begleiten wir einen Ostfriesen in den Skiurlaub!

Es sei vorausgeschickt, dass es mir fernliegt, Witze auf Kosten der ostfriesischen Landsleute zu machen, die ich als erdverbunden, ehrlich und ernst kennengelernt habe – was folgt, ist also ein reiner Tatsachenbericht.

Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in Aurich und wollen partout in den Skiurlaub. Was macht der gemeine Ostfriese? Packt er seine Ausrüstung zusammen und dampft mit der Eisenbahn gemächlich gen Süden in gebirgige Regionen?

Weit gefehlt. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt nimmt er das Automobil und weil ihm weder Wind noch Kälte etwas anhaben können, wählt er die offene Variante:

Fiat 508 S Spyder Sport; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ich wollte es erst nicht glauben, aber diese schicke kleine Roadster war tatsächlich im ostfriesischen Aurich zugelassen. Der Besitzer hatte beim Kauf genau Maß genommen, um sicherzugehen, dass die Skier mitsamt Stöcken auch auf die Kotflügel passten.

Dafür kamen in der Kleinwagenklasse nicht allzuviele Fahrzeuge in Frage – im vorliegenden Fall erwies sich ein italienisches Automobil als perfekt passender fahrbarer Untersatz.

Den ersten Hinweis auf den Hersteller gab das dekorative Element auf dem Kühler – das fand sich so am Fiat 508, der 1932 eingeführt worden war und in Deutschland auch im alten NSU-Werk gefertigt wurde. Hier haben wir die brave Limousine:

Fiat 508 oder NSU-Fiat 1000; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Den geneigten Kühler bekam das 1-Liter-Modell eigentlich erst 1934 spendiert.

Doch schon ein Jahr früher bot man dieses Detail in Verbindung mit Roadster-Karosserie an – der Typ 508 S Spyder Sport war geboren, den wir auf dem ersten Foto sehen.

Nicht nur sah er flott aus, dank seines leistungsgesteigerten Motors und niedrigem Gewicht marschierte er auch ordentlich. Wer die Fiat-typisch hohen Drehzahlen nicht scheute, konnte statt bisher 20 PS (ab 1934: 24 PS) nunmehr 30 PS aus dem Aggregat herausholen.

1-Liter-Motoren dieser sportlichen Charakteristik stellte in deutschen Landen niemand her, was zur Beliebtheit der Fiats jener Zeit beitrug.

Zum Vergleich: Opels 1-Liter-Typ leistete sparsame 18 PS, das schafften sogar die 600ccm-Motoren von DKW. Hanomag kam bei 1,1 Litern Hubraum immerhin auf 23 PS. Allenfalls BMW bot mit dem kleinen 6-Zylindertyp 303 (30 PS aus 1,2 Litern) eine Alternative.

Die ehrgeizigen Turiner legten aber 1934 nach und brachten den Fiat 508 S Sport mit einem 1 Liter-Motor heraus, der sogar 36 PS bereitstellte – das war dann wirklich konkurrenzlos.

Nach wie vor wog der Roadster nur 600 Kg, war aber jetzt sogar mit 4-Gang-Getriebe ausgestattet und damit nun auch langstreckentauglich.

Hart im Nehmen musste unser Ostfriese gleichwohl sein, wenn er mit diesem beinharten Gefährt einige hundert Kilometer im Winter zum nächsten Skiort absolvieren wollte. Unsere Altvorderen waren allerdings auch aus anderem Holz geschnitzt als unsereins.

Eine Sache muss bislang offenbleiben: Zeigt mein Foto noch die Ursprungsversion des Fiat 508 S Sport von 1933 oder schon die leistungsgesteigerte Ausführung von anno 1934? Äußerlich scheinen sie weitgehend identisch gewesen zu sein.

Weiß jemand es genau? Sie sehen: Mir ist es ganz ernst, was den Friesen-Fiat auf Skiurlaub angeht – was solche Details angeht, verstehe ich keinen Spaß…

Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

5 Gedanken zu „Ein Ostfriese im Skiurlaub! Fiat 508 S Spider Sport

  1. Guter Hinweis, danke! Adler hätte sicher auch noch mehr gekonnt in sportlicher Hinsicht, aber die Konstrukteure haben wohl nicht gedurft – schade…

  2. Als Vergleichswagen eines deutschen Herstellers zum Fiat 508 möchte ich den Adler Trumpf Junior Sport ins Spiel bringen. Der 1-Liter Motor von Adler war ja (vorsichtig ausgedrückt) deutlich vom Fiat-Motor inspiriert, Leistung 25 PS, als „Sport“ 28 PS. Als der seitengesteuerte Adler auf den Markt kam gab es den Fiat aber schon kopfgesteuert, was Adler nie nachvollzogen hat. Optisch war der Junior-Sport aber mindestens genauso schnell. Nur die Möglichkeit, Skier auf dem Vorderkotflügel zu montieren, hat gefehlt.

  3. Nochmal Korrektur:
    Der F 5 K – 600, den wir hier sehen (mangels Heckklappe als solcher anzusprechen) ist nicht das,Auto, welches in der DKW- Werbung (und nur dort) als „Sport- Roadster“ bezeichnet wurde. Der Begriff wurde zu Werbezwecken zeitweise auf den F 2 – 2-Sitzer verwendet.
    Nach Einführung des 700er Motors 1932 gab zunächst die Einführung des Begriffs „Meisterklasse“ 601( erster mit Schnürles Umkehrspülung , dann
    auch 701. Da müssen wir konstatieren: die Einführung der Umkehrspülung war der letzte Entwicklungsschritt bis 1950 (!) bei den DKW- Zweizylindern.
    Der als F 2 Zweisitzer – 600 bezeichnete DKW war das billigste DKW- Auto. Beim 600er wurde auch generell auf den Freilauf verzichtet (aus Preisgründen und weil beim 600er das sog. Schieberuckel weniger störend auftrat) .
    Diese (sonst identischen) 2- Sitzer ohne Klappe im Heck wurde damals als „Einheits- Zweisitzer“ bezeichnet. Die 700er gab es auch mit Heckklappe, über phänomenalen Stauraum zwischen Sitzlehne und Federtunnel sowie im Heck dahinter verfügte. Deshalb wurden große Kontingente von der Reichspost als Zustell- unt Briefkasten-Leerungswagen geordert.
    Den (um immerhin 20 cm) verkürzten 2- Sitzer gab es parallel zum langen 2- Sitzer erst als Typ F 5 und in der 700er
    (Luxus-) Ausführung mit TTT- Sitz waren beide mit dem ersten
    über die ganze Breite reichende Bakelite- Armaturenbrett , welches mit den Meisterklasse- Instrumenten bestückt war.
    Der kurze 700er war damals als billiger 2- Stizer mit Platz für großes Gepäck im bequem von aussen zugänglichen Gepäckabteil war als Reisewagen ’ne Wucht
    An dieser Stelle noch kurz zur
    Typologie: dieF 2 ‐ 8- Bezeichnung der Typen war bei der Auto-Union bis zum 1959 eingeführten Junior, der den Typ F 11 auf dem Typenschild trug und der dann erst unter VW- Regie eingeführten offiziellen Namensgebung F 11, F 12 und F 102. Die IFA verwendete die Typen- Bezeichnung F 8, F 9 dagegen offiziell.
    Bis zum F 8 bezog sich die Typologie ausschließlich auf Rahmen und Fahrgestell.
    Ab der „Sonderklasse 432“ (April 1932) kommt das Modelljahr als Verkaufsbezeichnung ins Spiel wie auch bei anderen Herstellern.

  4. Danke für den Kommentar! Im Hintergrund also das sogenannte „Roadster Cabrio“ – gab’s schon als F2 mit 700ccm, aber noch ohne Schwiegermuttersitz, später als F5 dann tatsächlich mit verkürztem Radstand (war mir entgangen). Was das angeht, habe ich noch ein interessantes Foto in petto…

  5. Wirklich ein herrliches Foto wird uns hier diesmal gezeigt – so richtig aus dem Leben gegriffen!
    So sah es aus in deutschen Kleinstädten der Dreißiger Jahre!
    Ausgiebig kann man den Blick schweifen lassen über die Front des kleinen FIAT- Sportlers mit akkurat aufgelegten Kühlerdeckchen und den beiden Emailschildchen auf der vorderen Rahmenverkleidung.
    Die Heizscheibe – wohl eher Schau als nützlich, denn zum Beschlagen der Scheibe gehört ein Temperaturunterschied….
    Im Hintergrund typische Fachgeschäfte der Zeit, in denen es noch klingelte, gongte, zirpte oder gar ein Glockenspiel anschlug, wenn jemand eintrat.
    Dann zog die Hausfrau den Kochtopf vom Feuer und trippelte, sich die Hände an der Schürze abwischend nach vorn.
    Im Hintergrund sehen wir übrigens den schnellsten DKW (nach dem F 5- Roadster mit seinen „ausgesuchten Motoren“ doch am besten marschierte)
    Mitte der Dreißiger: den kleinen
    F 5 k(urz), der in seiner seltenen 700er Ausführung mit Kofferklappe (bzw. Tic,Tric u.Trac- Sitz) mit vollen 20 PS wegen seines kurzen Radstandes von 2,4 statt 2,6 m
    erheblich leichter und weniger war und der deshalb auch mit dem Dreigang- Getriebe besser klarkam. Die ausgiebigen Probe- Touren mit 3 Kurzen, die durch meine Hände gingen (d.h. restauriert wurden) machten wirklich Laune !

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