Wer im Titel eine Anspielung an den Komponisten Richard Wagner wähnt, wagt wahrlich wenig.
Denn des Großmeisters der deutschen Romantik Neigung zu Alliterationen in den Texten zu seinen Werken – also aufeinanderfolgenden Wörten mit gleichem Anklang – ist unter Wissenden weithin während – und entsprechend leicht zu persiflieren.
Auf der Woge von Wagner über Wagen nach Walhall ist somit leicht zu surfen, wenn mir diese flapsige Wortwahl erlaubt ist.
Damit wir uns recht verstehen: Wagners Musik gehört für mich zu den wenigen singulären Großtaten deutscher Kultur – neben der Kunst von Bach und Dürer sowie der Bibelübersetzung Luthers und Goethes Faust.
Nicht zufällig finden sich diese Urheber in dem Bau wieder, um den es heute zumindest im Hintergrund geht – der „Walhalla“ an der bayrischen Donau. In dem klassizistischen Bau von Anfang des 19. Jahrhunderts sollten Größen aus dem (weitgefassten) deutschen Sprachraum einen Tempel zur Andacht finden.
Doch bevor wir uns der Walhalla nähern, möchte ich an ein Fahrzeug erinnern, das aufgrund seines bodenständigen Charakters von vornherein keine Chance hatte, in das Museum grandioser Germanen (und solcher, die man dafür hielt) aufgenommen zu werden.
Die Rede ist vom Hanomag „Garant“ – einem biederen Vierzylinderauto der unteren Mittelklasse, welches der Hersteller aus Hannover von 1934 bis 1938 fertigte. Mit 23 PS aus 1,1 Litern Hubraum war er ein direkter Konkurrent des Fiat 508 4m, dem er auch von Abmessungen und Erscheinungsbild zumindest ähnelte.
Hier haben wir die Ausführung des Hanomag „Garant“ als Cabrio-Limousine von 1935/36:

Gegenüber den beeindruckenden Produktionszahlen des Fiat 508 4m mit über 70.000 Exemplaren (1934-37) blieb der Hanomag eher selten (ca. 12.000 Stück von 1934-38).
Doch bisweilen findet sich ein Foto eines dieser Fahrzeuge, die meines Wissens keinen internationalen Absatz fanden – eine Schwäche in einem noch unterentwickelten Heimatmarkt. DKW zeigte damals, wie man es besser macht.
Bei Hanomag hatte der Bau von PKWs allerdings generell nicht die Bedeutung wie bei anderen Herstellern. Die Nischenexistenz spiegelt sich im Fall des „Garant“ auch in der Abkehr von den Ganzstahl-Karosserien von Ambi-Budd wider, die 1935 einem von Karmann gefertigten Manufakturaufbau als Cabrio-Limousine wichen.
Diese kam anfänglich noch mit einem angesetzten Kofferraum daher, welcher auf diesem Foto zu erahnen ist:
Diese Gestaltung der Heckpartie wich 1936 einer harmonischen Ausführung mit integriertem Kofferraum und gekonnt abfallender Linienführung – damals auch als Stromlinienheck bezeichnet.
Entsprechende Aufnahmen scheinen nach meiner Wahrnehmung allerdings Seltenheitswert zu haben.
Erst beim Studium eines Fotos, das ich vorrangig aufgrund der Szenerie erworben hatte, ging mir auf, dass hier genau so ein Wagen auf dem Weg gen Walhall zu sehen ist:
So wirkungsvoll diese Aufnahme mit der „Walhalla“ im Hintergrund auch gestaltet ist, leidet sie doch unter den Mängeln derselben.
Ein weißer Marmorbau passt nun einmal nicht so gut vor eine deutsche Waldkulisse wie das Vorbild – der Parthenon-Tempel in Athen – auf die dortige Akropolis. Auch leidet die Wirkung der Walhalla unter der überdimensionierten Treppenanlage davor – sie lässt den Tempel in Relation unverdient klein erscheinen.
Was die Architekten Anfang des 19. Jahrhunderts zudem mangels eigener Anschauung nicht wussten, war der Umstand, dass die klassischen Tempel der Antike ihre Spannung aus der gezielten Abweichung von der Geraden in der Horizontalen wie der Vertikalen bezogen.
Die beeindruckendste Partie der Walhalla ist ohnehin der Innenraum mit einer vom kühlen Weiß abweichenden Farbfassung – man muss das gesehen haben.
Warum man bei der Bezeichnung dieses Tempels ausgerechnet auf die „Walhall“ der nordischen Tradition Bezug nahm, in der es weniger erhaben zuging und die germanischen Helden sich mit Bier und Wurst die Zeit vertreiben mussten, erschließt sich mir nicht.
Aber dieser ganze Germanenkult ging ohnehin nie an mich und als Freund der klassischen Antike finde ich die Verehrung haufenweise germanischer Barbarenführer in der Walhalla verstörend, die außer Zerstörung der Welt der Antike nichts Bleibendes zustandebrachten.
Genug davon, das deutsche Gemüt scheint zwischen primitivem Gefolgschaftsdenken und destruktivem Ausbreitungsfuror einerseits und der großbürgerlichen Sehnsucht nach der wohltemperierten Grandiosität mittelmeerischer Tradition nie eine Balance gefunden zu haben.
Dieses Problem gilt es aber heute auch nicht zu lösen – also zurück zum Ausgangspunkt:
Während ich die Zulassung dieses Wagens nicht ermitteln konnte – nur Oberbayern als Region ist gesichert – konnte ich der Identität von Hersteller und Typ auf die Spur kommen.
Das erste Indiz lieferte die Gestaltung der Stoßstange mit „Mittelrippe“ in Verbindung mit dem Scheibenrädern und Chromradkappen. Viele Kandidaten kommen da nicht in Betracht und rasch landete ich beim „Garant“ aus dem Hause Hanomag.
Die schön gestaltete Heckpartie hatte ich bis dato noch nie an dem Modell gesehen, aber in Verbindung mit der für meine Begriffe in Bild und Detailtiefe etwas sparsamen Literatur zu Hanomag-PKWs gelangte ich alsbald ans Ziel.
Indessen muss dem Wagen der finale Einzug nach Walhall versagt bleiben, denn dieser ist nur dem wirklich alles Wagenden verheißen – außerdem den Walküren, die der germanischen Sage nach im Kampf gefallene Recken zu ihrem Altersruhesitz brachten…
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Hallo,
von Herrn Herzfeld bekam ich die Antwort das wahrscheinlich keine Adressbücher mehr für Bayern aus dieser Zeit exsistieren.
Gruß
Pierre Stuppy
Hallo,
Danke für ihre Antworten. Ich hatte die Hoffnung Sie verfügen über ein Autoadressbuch für Oberbayern aus der entsprechenden Zeit.
https://dr-herzfeld.de/kennzeichengeschichte/faq.htm
An Herrn Herzfeld werde ich mich mal direkt wenden.
Gruß
Pierre Stuppy
Guten Abend Herr Stuppy,
die Zulassung Ihres Hanomag im Bezirksamt Erding ist meiner Meinung nach richtig. Aber sonstige Unterlagen über diesen Wagen habe ich leider nicht.
MfG
Jörg Lindner
Hier kann sicher Kennzeichenspezialist Andreas Herzfeld weiterhelfen: https://dr-herzfeld.de/kennzeichengeschichte/kontakt.pdf
Hallo Herr Lindner,
ich besitze einen Hanomag Rekord aus dem Jahre 34 mit Oberbayrischer Zulassung ( IIB – 6303). Nach meiner Recherche sollte dies dem Bezirk Erding zuzuordnen sein. Geben ihre Unterlagen vielleicht nähere Informationen zu diesem Kennzeichen her? Ich verfüge leider über keine Papiere zu dem Fahrzeug und würde mich über Informationen zur Geschichte sehr freuen.
Gruß
Pierre Stuppy
Guten Abend Herr Schlenger, nach meinen Unterlagen war dieser Hanomag im Bezirksamt Mühldorf zugelassen. Mfg Jörg Lindner