Im heutigen Titel wird mancher einen Lapsus vermuten – es sollte doch sicher „Auf Wiedersehen“ heißen, oder? Nein, dafür ist es inzwischen zu spät für die allermeisten „echten“ Schlesier, die sich noch an die alte Heimat erinnern könnten.
Wir jüngeren Schlesierkinder, von denen es neben mir in der Leserschaft einige gibt, wie ich über die Jahre gelernt habe, können heute aber immerhin auf den Wellen des Internets dorthin segeln, wo für viele ein Teil der Familiengeschichte für immer begraben liegt.
Im vorliegenden Fall bedarf es für unsere Zeitreise nicht einmal eines besonderen Aufwands – denn es gilt gerade einmal fünf Jahre zu überbrücken, wie sich zeigen wird.
Wie das geht, wo wir doch weit über 90 Jahre Wegstrecke in die Vergangenheit zurückzulegen haben, das erklärt sich ganz leicht – quasi im Fluge!
Es ist schon eine Weile her, vielleicht ein gutes Jahr, das mir bei der Suche nach günstig angebotenen Fotos von Vorkriegsautos dieses hier begegnete:

An die offenbar einem Kameraden außerhalb des Bildausschnitts aufmerksam zuhörenden Herren konnte ich mich zwar nicht erinnern, aber an den „speziellen“ Wagen im Hintergrund.
„Den kennste doch„, dachte ich mir und das bestätigte sich, als ich ein weiteres zusammen damit angebotenes Foto sah.
Denn diesen einstigen Tourenwagen hatte ich bereits 2020 auf einem Segelflugplatz bei Hirschberg in Schlesien als „Phänomen“ des Typs 10/30 PS identifiziert. Zwar besteht erhebliche Verwechslungsgefahr mit Wagen von NSU und NAW, die kurz vor dem 1. Weltkrieg genau solche birnenförmige Kühler mit markant geschwungenem Oberteil hatten:
Doch bei der ersten Begegnung war mir die Identifikation des Herstellers anhand des Kühhleremblems gelungen (für die Details siehe dort).
Hier war offenbar einige Jahre nach dem 1. Weltkrieg ein alter Phänomen des Mitttelklassetyps 10/30 PS eines Teils seinens Tourenwagenaufbaus entledigt worden. Am Heck wurde eine Pritsche montiert, auf der ein Schleppseil für Segelflugzeuge montiert war.
Da das Auto in dieser Funktion keine dauerhaft höhere Geschwindigkeit erreichen konnte, wurde zwecks besserer Motorkühlung im Schleppbetrieb gerne die Haube demontiert. Das hatten wir seinerzeit auf dieser Aufnahme sehen können, welche auch die Identifikation der Marke erlaubte:
Offengeblieben war damals – und bleibt es auch heute – ob dieser Phänomen ein Fahrzeug war, das noch kurz vor dem 1. Weltkrieg bzw. im Kriegsverlauf mit optionaler elektrischer Beleuchtung ausgeliefert worden war, oder ob es sich um ein nach 1918 mit nunmehr zeitgemäßer Beleuchtung weitergebautes Exemplar handelte.
Zwar ist dokumentiert, dass der Typ 10/30 PS von 1920-24 weitergefertigt wurde, aber ich habe noch nie ein eindeutig dieser Zeit zuzuordnendes Auto dieses Typs mit so einem Flachkühler gefunden.
Tatsächlich zeigen die mir vorliegenden Reklamen der Marke ab 1918 nur noch Autos mit Spitzkühler (siehe meine Phänomen-Galerie). Ob diese gedruckten Dokumenten auch die damaligen Realitäten auf der Straße komplett wiederspiegelt, bliebt offen.
Die Angaben zur frühen Nachkriegsproduktion der Typen 10/30 PS und 16/45 PS sind leider sehr dürftig und widersprüchlich – hier gibt es noch einiges zu tun.
Genau das hatte ich auch bei unserer ersten Begegnung mit dem Phänomen aus Hirschberg in Schlesien vor fünf Jahren konstatiert.
So bleibt uns heute nur, uns an dem schon damals bewunderten Foto der Fliegerfreunde mit ihrem Schleppfahrzeug zu erfreuen:
Ob es nach dem heute vorgestellten Fund künftig noch einmal heißen wird „Auf Wiedersegeln in Schlesien“, das möchte ich bezweifeln. Die nun wieder vereinten Fotos vom Segelgflugplatz in Hirschberg dürften alles sein, was davon die Zeiten – Krieg und Flucht bzw. Vertreibung – überdauert hat.
Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Danke, sehr interessant!
Wieder ein später Kommentar von mir: Die Herren auf dem ersten Foto des Beitrags lauschen vermutlich nicht aufmerksam einem Kameraden außerhalb des Bildausschnitts sondern sie beobachten den Flug eines Segelflugzeugs.
Im Dorf Grunau bei Hirschberg gab es eine Segelflugschule (allerdings am Hang) und die Segelflugzeugfabrik von Edmund Schneider. Bekannteste Konstruktion war das Grunau Baby, das in verschiedenen Versionen weltweit verbreitet war und ist..
Sehr schön!
Zu der Replik auf die frühere Vorstellung des 30 PS Phänomen- Wagens mit dem zum Vergleich gezeigten Foto des Dresdner 10/30er von 1961 die frohe Botschaft, daß dieses sicher bei dem Gründungstreffen der DDR- Liebhaber historischer Automobile aufgenommene
Fahrzeug der ostsächsischen Marke noch heute in der Sammlung von Omnibus- Kaute, Dresden existiert.
Der Sohn vom „alten Kaute“, der hier wohl am Volant zu sehen ist,
hütet ebenfalls noch seltene Schätzchen wie einen Grade, einen der letzten 4- Zyl. HORCH 10/50 und einen Reisebus des Geraer Privat- Unternehmens Fleischer, gebaut nach dem “ SETRA“- (selbsttragenden) Prinzip von Kässbohrer in Ulm.
Der abgebildete „Phäno“ ist Baujahr 1916.