Montags ans Meer mit Peugeot 201 von 1934/35

Montags ans Meer – das ist ein Privileg von Urlaubern und Rentnern. Ich bin weder das eine noch das andere, auch wenn ich derzeit in Umbrien in Mittelitalien weile.

Der heutige, herrlich sommerliche Montag lud zwar zu einem Ausflug ans Meer ein, das rund eine Stunde Fahrtzeit entfernt liegt.

Doch zum einen galt es bis zum frühen Nachmittag noch einiges an Schreibtischarbeit zu erledigen – das ist der moderate Preis, den mal als digitaler Nomade zu entrichten hat. Zum anderen zieht es mich nicht sonderlich ans Meer – Umbrien bietet mit uralter Kulturlandschaft und endlosen Eichenwäldern viel mehr, wenn der Kalauer erlaubt ist.

Also setzte ich mich unvernünftig wie stets gegen 15 Uhr im prallen Sonnenschein auf das über 40 Jahre alte „Raleigh“-Tourenrad und sauste im warmen Wind die 300 Höhenmeter ins Tal zum Endpunkt des römischen Aquädukts, der einst Spello versorgte und wo die Leute heute noch bestes Quellwasser aus den Bergen für den Hausgebrauch abfüllen.

Ab dort ging es entschieden langsamer wieder zurück und hinauf, ohne eine Menschenseele zu treffen. Montags sind die Leute hier entweder bei der Arbeit oder fahren lieber ans Meer, anstatt sich nach dem Wochenende erneut auf dem Rennrad zu quälen.

Mir war das recht, denn gegen die trainierten Lokal-Amateure alter Altersklassen bis hoch ins Rentenalter bin ich mangels Training an dem sechs Kilometer langen Anstieg chancenlos.

Dafür erlaube ich mir auf dieser atemberaubenden Tour den einen oder anderen Fotohalt.

Blick auf die Valle Umbra Richtung Süden, Juli 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Erst abends ging es dann doch zu meiner eigenen Überraschung ans Meer. Auf die Idee kam ich anhand noch unveröffentlichter Fotos von Autos, an denen es nicht viel zu rätseln gibt und auch über die es auch wenig Bemerkenswertes zu erzählen gibt.

Auf solche Aufnahmen aus meinem Fundus greife ich auf Reisen zurück, wenn ich nicht die gewohnte Literatur bei mir habe. Die Peugeot-Modelle der 1930er Jahre sind in der Hinsicht eine sichere Bank, denn sie haben zwar viel Charakter, sind aber zugleich so konventionell, dass es keine Sensationen dazu vermelden gibt.

Mit seinen robusten Großserienwagen trug Peugeot mit Citroen und Renault sowie einigen vergessenen Marken wie Berliet oder Licorne zu dem enormen Motorisierungsgrad der Franzosen bei, der damals um ein Mehrfaches über dem deutschen Landen lag.

Mit so einem Brot-und Butter-Gerät wie diesem expressiv gestalteten Peugeot 201 von 1934/35 konnte man sich durchaus bei den Eingeborenen oder Rentiers am Meer blicken lassen, die selbiges wenigstens am Montag für sich zu haben glaubten:

Peugeot 202 von 1934/35; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das Foto gefällt mir in mehrfacher Hinsicht:

So wirkt die markante Frontpartie des Peugeot, die es nur 1934/35 so gab , aus dieser Perspektive besonders repräsentativ, auch wenn sich hinter dem Kühler und unter der hohen Haube nur ein Vierzylinder mit 1,3 Litern Hubraum und knapp 30 PS verbarg.

Daneben finde ich die Perspektive gelungen, die den Blick auf eine Dünenlandschaft freigibt – so verkörpert der Wagen für den Betrachter perfekt die Funktion, einen mühelos hinaus aus dem Alltag und an ersehnte Orte transportieren zu können.

Das Automobil wird ja gern als Plage betrachtet, die es auch sein kann – speziell wenn es von inkompetenten oder sich überschätzenden Zeitgenossen bewegt wird. Aber das große Freiheitsversprechen im Sinne der Überbrückung von Raum und Zeit erfüllt es immer noch. Ich denke bei jeder meiner Trips in den Süden daran.

Nicht zuletzt sind es die schönen Holzhäuser im Hintergrund, deren verspielte Details von solidem Wohlstand und der Liebe zur schönen Form kündet, mit der sich der Mensch über die Barbarei der bloßen Funktion seiner Schöpfungen zu erheben vermag.

Ich habe keine Ahnung, wo diese Ferienhäuser einst standen – vielleicht ist ihr Stil ja regionalspezifisch und unter meinen Leser sind ja auch einige Frankophile. Wenn uns dann noch jemand anhand des Kennzeichens darüber unterrichtet, von woher einst der wackere Peugeot 21 kam, dann ist dieser Montag am Meer auch für mich perfekt…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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