Deutschlands schärfster 2-Takter: Tornax Rex Roadster

Dieses April-Wochenende war hierzulande das erste, welches wieder Lust auf’s Offenfahren machte. Immerhin ein Fiat 124 Spider der 1970er Jahre ist mir heute begegnet.

Erwähnenswert an diesem zeitlosen Klassiker nicht zuletzt der hervorragende Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen – eine Konstruktion von Aurelio Lampredi, die wie der legendäre Alfa-Doppelnockenweller in Deutschland ihresgleichen suchte.

Solche drehfreudigen und gut klingenden Motoren mit geringem Hubraum haben in Deutschland keine Tradition, jedenfalls keine kommerziell vergleichbar erfolgreiche. Das verschlief man im Auto-Mutterland ebenso wie andere millionenfach nachgefragte Konzepte, z.B. Limousinen mit Heckklappe oder robuste Pickup-Transporter.

Im Fall radikal reduzierter Roadster mag auch eine gewisse bräsige, eher solidem Mittelmaß zugetane Mentalität bei deutschen Käufern eine Rolle gespielt haben.

Das Thema haben wir hier vor ziemlich genau einem Jahr angerissen. Zwar gab es schon in den 1930er Jahren durchaus schnittige Roadster mit kleinvolumigen Großserienmotoren von Adler und DKW – doch trotz unstrittiger Qualitäten bissen die Käufer nicht an.

Dass es nicht an der Optik gelegen haben kann, das haben wir bereits seinerzeit festgestellt, als es um den „Rex“ Roadster ging. Dieser Kleinseriensportwagen entstand zwischen 1934 und 1936 beim renommierten Motorradhersteller Tornax.

Für den Antrieb hatte man sich für einem vom DKW F2 entliehenen Zweitaktmotor entschieden. 23 PS aus 700ccm Hubraum waren zwar keine Offenbarung, aber flott ließ sich der leichte Wagen dennoch bewegen.

Seine eigentliche Stärke war ohnehin die Karosserie, die von Hebmüller gefertigt wurde.

Ich habe zwar schon die eine oder andere Aufnahme dieses in nur 168 Exemplaren gebauten Fahrzeugs gesehen, aber wie umwerfend gut das Auto aussah, das ist mir erst anhand eines „neuen“ Fotos klargeworden, das Leser Klaas Dierks beigesteuert hat:

Tornax „Rex“ Roadster“; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Jetzt lassen wir mal den kleinen Motor und den nach landläufigen Maßstäben völlig unpraktischen Aufbau außer acht. Bekanntlich beginnt Kultur nach Überwindung blanker Notwendigkeiten.

Diese schon im Stand „schnelle“ Linienführung ist die perfekte Verkörperung von Sportlichkeit und ich bin sicher, dass sich ein derartiger Wagen mit mehr Leistung während der Roadster-Renaissance in der frühen Nachkriegszeit speziell am US-Markt hervorragend verkauft hätte.

Vermutlich würde kaum jemand überhaupt auf die Idee kommen, dass dies kein beinharter Britien-Roadster war – dass es so etwas „Scharfes“ einmal aus deutscher Produktion gab, finde ich bemerkenswert.

Der spätere Triumph Spitfire, den ich schon als Schüler bewundert habe und den ich in der raren 6-Zylinderversion beinahe gekauft hätte, wenn mir dann nicht doch ein MGB GT „vernünftiger“ erschienen wäre, war als Roadster ebenfalls kein Leistungswunder – doch das war egal – er sah einfach gut aus, war billig und ein Riesenerfolg.

Im Fall des Tornax „Rex“ Roadster würde ich sogar den Zweitaktmotor in Kauf nehmen, den ich eher bei Zweirädern wie meiner DKW NZ 350 schätze. Denn das Gerät war zumindest optisch das Stärkste auf diesem in Deutschland eher schmal zugeschnittenen Sektor.

Übrigens hat ein Leser – Oldtimer-Veteran Helmut Kasimirowicz aus Düsseldorf – im Unterschied zu mir bereits das Privileg genossen, in einem der wenigen Überlebenden dieses Typs gesessen zu haben.

Der Radikalität des Tornax „Rex“ Roadster entspricht die Perspektive dieser Aufnahme, auf der alle Freunde von Helmut Kasimirowicz ihn auch nach fast 50 Jahren mühelos wiedererkennen – denn seine Liebe zum Vorkriegsautomobil hat ihn gut konserviert…

Tornax „Rex“ Roadster; Originalfoto: Sammlung Helmut Kasimirowicz

Leser Wolfgang Spitzbarth konnte hier zu noch Folgendes beisteuern:

„Auch ich konnte den Tornax REX live erleben (reinpassen tue ich leider nicht).
Die Karosse ist absolute Spitze, und wenn man den „Sound“ eines hochdrehenden ungedämpften DKW-Sportmotors kennt, bewaffnet man sich besser mit Ohropax. Die Dinger sind verdammt fix unterwegs. Man sitzt so tief, daß die Beifahrerin während der Fahrt, ohne auszusteigen, locker einen Blumenstrauß pflücken kann…“

Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

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