Kurze Tage, grauer Himmel, Regen ohne Ende – nichts als schlechte Nachrichten im alten Europa. Was soll man da tun, um nicht in Depression zu verfallen?
Nun, als Erstes empfehle ich eine therapeutische Katzupunktur. Die geht so: Man legt sich am Sonntagnachmittag bäuchlings aufs Bett und wartet bis die Gefährtin zu einem kommt – die verführerisch Schauende mit dem Seidenpelz und den vier schlanken Beinen.
Meine heißt Ellie und weiß genau, was in solchen Fällen zu tun ist. Sie klettert auf mich und beginnt, ausgiebig auf dem Rücken herumzutreteln. Durch’s T-Shirt spürt man die Wärme ihrer Pfoten, aber auch die nur halbeingezogenen Krallen.
Das geht eine ganze Weile so – kein Nerv bleibt hier ohne punktgenaue Ansprache. Manchmal wandert Ellie dabei bis zum Nacken hoch, doch meist klettert sie nach getaner Arbeit herunter, legt sich neben mich und schläft ein.
Wer dann immer noch therapiebedürftig ist, dem ist kaum zu helfen. Im Fernsehen politisch korrekt verklemmter Quark oder Kitsch von annodazumal. Das entnehme ich Kommentaren Dritter, denn ich selbst ignoriere dieses Medium seit über 30 Jahren.
Also bleibt nur dieser Blog, der heute die Titel deutscher Heimatfilme der Nachkriegszeit persifliert. Während in Frankreich und Italien Streifen auf höchstem Niveau auch am Massenmarkt reüssierten, produzierte die deutsche Filmbranche damals kaum etwas, was internationalen Standards gerecht wurde.
„Klassentreff beim Glocknerwirt“ – das erinnert an geschmacksbefreite Produktionen, die vor Alpenkulisse spielten und das Spießerideal der heilen Welt bedienten, während andernorts Kunstfilme die wahren Befindlichkeiten einer zerrütteten Kriegsgeneration ansprachen.
Kein Wunder, dass verkannte Größen wie Romy Schneider erst in Frankreich ihr Können entfalten konnten. Nicht unerwähnt bleiben darf auch Helmut Berger, der außerhalb des deutschen Sprachraums zur Meisterschaft aufstieg.
Aber verflixt – die beiden stammten ja aus Österreich! Wer aus Deutschland hatte diese Klasse und diesen internationalen Erfolg damals? Vorschläge gern per Kommentar, denn heute geht es um so ein „Klasse(n)-Treffen“ mit Teilnehmern aus beiden Ländern.
Beim Glocknerwirt also trafen sich kurz vor dem 2. Weltkrieg diese beiden Vertreter verschiedener Klassen – aber jeweils Primus in ihrer Klasse, meine ich. Und das sah so aus:

Na, wird einem hier nicht ganz warm ums Herz? Sonne satt vor einer alpinen Kulisse, die bis heute kaum verändert ist. Auch das Traditionshaus „Glocknerwirt“ gibt es noch.
Bloß die beiden Wagen, die rechts gegenüber geparkt waren, sind längst Geschichte. Dabei waren das einst ideale Vertreter ihrer Klasse – beide habe ich erst vor kurzem gewürdigt.
Vorne haben wir den BMW 326 – eine komfortable Reiselimousine mit drehfreudigem 2-Liter-Sechszylinder (50 PS) und dem typischen BMW-Gesicht mit Doppelniere, das am deutschen Markt einzigartig war.
Hier hatte ich diesen bis heute ikonischen BMW anhand mehrerer Exemplare vorgestellt – daher will ich das von 1936 bis 1941 gebaute Modell heute nicht vertieft betrachten.
Interessanter ist bei diesem Klasse(n)treffen ohnehin der Vertreter der Kleinstwagenkategorie im Hintergrund – der Steyr 50 mit Spitznamen „Baby“:
Das „Baby“ aus dem österreichischen Hause Steyr war ebenfalls vor kurzem Gegenstand einer (erstmaligen) Betrachtung (hier).
Heute sehen Sie dieses kleine Meisterwerk endlich von der Seite. Keinem deutschen Hersteller gelang in den späten 1930er Jahren ein dermaßen überzeugender und am Markt erfolgreicher Wurf in der Kleinstwagenklasse.
„Small is beautiful“ – was für Österreich als aus der Katastrophe des 1. Weltkriegs geborenes Gesamtkunstwerk gilt, lässt sich auch für den ultrakompakten und dennoch familientauglichen Steyr 50 sagen.
In der Seitenansicht wird einem klar, warum es damals Firmen gab, welche die Nachrüstung eines hinteren Seitenfensters anboten – dessen Fehlen wohl der einzige Makel dieses ansonsten hervorragenden Entwurfs war.
Auch wenn es etwas abseitig erscheint, muss ich Ihnen abschließend noch ein weiteres Dokument aus der Kategorie „Klasse(n)treffen“ zumuten. „Leider“ wieder beschränkt auf Protagonisten aus Österreich, aber herrje, der Glocknerwirt befindet sich ja auch dort und Deutsche spielen dort von jeher nur eine Nebenrolle.
Kennen Sie die unsäglichen deutschen Sissi-Filme mit der erwähnten Romy Schneider? Aber kennen Sie auch die thematisch verwandte italienische Produktion „Ludwig II.“ von 1973 mit ihr und dem erwähnten Landsmann Helmut Berger?
Das, was die beiden dort abliefern, ist eine Klasse für sich – kein deutscher Historienschinken erreichte dieses unerhört doppelbödige Niveau.
Gut gefällt mir bereits die vor Spannung knisternde Begrüßung zwischen dem Bayernkönig Ludwig und Sissis Schwester Sophie (0:22 bis 0:28). Aber auch das süffisante „Nun, Cousin…“ ab 1:29 ist großartig. Sehen und genießen Sie einfach diese dem historischen Personal entsprechend bizarre Meisterschaft…
Copyright: Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Die Katzen lerne immer dazu und entwickeln immer neue Seiten – die halb ausgefahrenen Krallen sind einer jüngere Entwicklung. Noch zum Steyr 50: Es gab Firmen, die das „fehlende“ Seitenfenster auch dort nachrüsteten, vielleicht vergleichbar dem später modischen Einbau eines Ovalfensters beim Brezelkäfer…
Daß Ellie bei passender Lage Ihrerseits weiß, was sie zu tun hat, kann ich mir zwar gut vorstellen – aber das leichte Herausfahren ihrer Krallen zwecks Katzupunktur muß sie wohl doch erst nach und nach als erwünscht und richtig angenommen haben ? Die mir vertraute Katze ist durchweg samtpfotig .. nur einmal fuhr sie plötzlich ihre Krallen aus. Das hintere Seitenfenster hielt ich für ein Privileg des Steyr 55 ggü. dem 50 bzw. des Facelifts, wie dies auch später bei Citroëns Ente eine werksseitige Differenzierung war. Unter den vielen Postkarten von Heiligenblut ist diese jedenfalls ein besonderes Schmankerl !