Mercedes 170 V: Geburtstagsgrüße aus Budapest

Vor genau 80 Jahren – im Februar 1936 – stellte Mercedes mit dem 170 V ein Modell vor, das bis in die Nachkriegszeit das wichtigste Standbein der Marke werden sollte.

Ein technisches Porträt des Mercedes 170 V findet sich hier. An dieser Stelle sei nur der Zusatz „V“ erläutert. Bei dem 1,7 Liter Vierzylindermotor handelte es sich keineswegs um ein Aggreat mit V-Anordnung der Zylinder – so etwas gab es seinerzeit nur von Lancia (Modell Aprilia). Wer auf Vorderradantrieb tippt, liegt ebenfalls daneben, das war das Revier von Adler und DKW.

Vielmehr diente der Buchstabe der Unterscheidung vom zeitgleich angebotenen Typ 170 H, der über denselben Motor verfügte – diesen jedoch im Heck trug (siehe auch MB 130 H). Somit verweist „V“ schlicht auf die Motorposition „vorne“. Mit dem Zusatz „V“ stellte man – unfreiwillig? – auch heraus, dass der Wagen im Gegensatz zum alten 170er Mercedes (1931-36) nur vier statt sechs Zylinder hatte.

Anstelle weiterer Details zum Mercedes 170 V, die andernorts reichlich verfügbar sind, soll hier nur das Jubiläum des Modells zum Anlass genommen werden, zwei schöne zeitgenössische Aufnahmen des Wagens zu präsentieren:

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© Originalfoto Mercedes-Benz 170 V in Budapest; Sammlung Michael Schlenger

Erkennbar steht der Mercedes hier nicht im Mittelpunkt, dient aber ebenso als dekorative Staffage wie der mächtige Gebäudekomplex im Hintergrund. Dabei handelt es sich um das Parlamentsgebäude in Budapest, das Ende des 19. Jh. im neugotischen Stil errichtet wurde.

Man darf ausschließen, dass die technisch hochwertige Aufnahme bei einer Präsentation des Mercedes in der ungarischen Haupstadt entstand. Denn insbesondere auf dem zweiten Bild sieht man Gebrauchsspuren an dem Wagen, die man auf einem Werksfoto sicher vermieden hätte:

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© Originalfoto Mercedes-Benz 170V in Budapest; Sammlung Michael Schlenger

Man liegt wohl mit der Vermutung nicht verkehrt, dass es sich hier um Modeaufnahmen handelt. Zwar lächeln die beiden Damen auf dem zweiten Bild etwas angestrengt – vermutlich war es ein kalter Tag – aber wie normale Reisende sehen sie nicht aus. Die insgesamt vier Personen hätten sicher Platz im Mercedes gefunden, doch für Gepäck wäre kein Raum mehr gewesen. Damit kann man eine Urlaubsreise ausschließen.

Dass der Wagen keinen ortsansässigen Besitzer hatte, sondern aus Deutschland stammte, verrät neben dem Nummernschild vor allem der DDAC-Wimpel am Frontstander. DDAC stand für „Der Deutsche Automobil Club“, in dem seinerzeit alle deutschen Automobilclubs zwangsvereinigt waren, darunter auch der ADAC.

MB_170V_Budapest_2_Ausschnitt

Denkbar ist, dass hier jemand von einer Modefirma oder der Redaktion einer Modezeitschrift einen Privatwagen zur Verfügung gestellt hat.

Wieso man ausgerechnet das entfernte Budapest statt etwa Wien oder München als weltstädtischen Hintergrund für die Bilder gewählt hat, bedarf noch der Klärung. Vielleicht weiß ja ein Leser mehr – für weiterführende Hinweise einfach die Kommentarfunktion nutzen (persönliche Angaben werden nicht veröffentlicht).

Feststeht, dass der Mercedes 170 V auf beiden Bildern eine gute Figur abgibt, auch wenn er seinerzeit nur als dekoratives Beiwerk diente. Für ein 80-jähriges Jubiläum ist dieser Gruß aus der Vergangenheit sicher eine angemessene Würdigung.

Nachtrag: Leser Peter Steenbuck konnte anhand der Detailaufnahme der Frontpartie ermitteln, dass der hier gezeigte 170 V frühestens ab September 1937 gebaut wurde. Zuvor trug das 1936 vorgestellte Modell einen sogenannten Schiffchenstern auf der Kühlermaske und das Wasser wurde unter der Motorhaube eingefüllt. Das abgebildete Fahrzeug verfügt aber bereits über den normalen Stern mit Wassereinfüllung von außen. Somit kann der frühestmögliche Aufnahmezeitpunkt Herbst oder Winter 1937 sein.

Für solches Expertenwissen ist der Verfasser ausgesprochen dankbar!

2 Gedanken zu „Mercedes 170 V: Geburtstagsgrüße aus Budapest

  1. Freut mich, wenn Ihnen das Bild gefällt. Gern verlinke ich auf Ihre schöne Fahrzeugsammlung!

    Beste Grüße nach Österreich
    Michael Schlenger

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