Die Firma Opel hat sich in der Vergangenheit nicht gerade als Musterbeispiel für Traditionspflege hervorgetan. Das mag – ähnlich wie bei Fiat – damit zu tun haben, dass man speziell den hochwertigen Modellen der Vorkriegszeit heute nichts Vergleichbares zur Seite zu stellen vermag.
Dennoch sind die Bemühungen der Enthusiasten von Opel-Classic zu loben, mit Veteranen aus der reichen Markengeschichte auf einschlägigen Veranstaltungen Flagge zu zeigen. Besucher des jährlichen Klassikertreffens an den Opel-Villen in Rüsselsheim kennen vielleicht das eindrucksvolle 8/25 PS-Modell vom Anfang der 1920er Jahre, das eines der Glanzstücke im Oldtimerbestand von Opel ist.
PS-fixierte Zeitgenossen werden dem Fahrzeug mit seinem 2 Liter-Vierzylinder wenig abgewinnen können. Doch muss man so einen großen Wagen “in natura” gesehen haben, um die Klasse zu begreifen, in der sich Opel damals bewegt hat.
Der offene Viersitzer mit seinem Spitzkühler wirkt sportlich und lässt den Anspruch erkennen, den Opel auch in der Inflationszeit der frühen 1920er Jahre durchzuhalten vermochte. Hier ein historisches Originalfoto des 8/25 PS-Modells:
© Opel 8/25 PS Tourenwagen im Saarland, Anfang der 1920er Jahre; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Der Verfasser hat einige Zeit gerätselt, um welches Modell es sich handelt, da auch andere deutsche Qualitätshersteller wie Horch in der frühen Nachkriegszeit sehr ähnliche Wagen bauten. Speziell der Spitzkühler war schwer in Mode und Horch brachte damals seinen Markenschriftzug ebenfalls links und rechts der Mittelachse des Kühlers unter.
Selbst der bewährte “Oswald” (Deutsche Autos 1920-45) half hier nicht weiter. Gewissheit brachte erst Band 1 der Opel-Fahrzeug-Chronik von Eckhart Bartels und Rainer Manthey, hrsg. 2012 vom Podszun-Verlag. Dort ist auf Seite 62 das Opel-Modell 8/25 PS in zwei Tourenwagen-Versionen abgebildet.
Werfen wir zum Vergleich einen näheren Blick auf den Wagen auf unserem Foto:
Möglich wird die Identifikation des Wagens trotz des unleserlichen Logos auf dem Kühler durch die Scheinwerferkombination nebst Verbindungsstange, den markanten Schwung im Kotflügel zur Aufnahme des Ersatzrads, die Gestaltung der Speichenräder, die Position des Kastens auf dem Trittbrett und die zweiteilige Frontscheibe. Auch die übrigen Details entsprechen den beiden im Buch von Bartels/Manthey abgebildeten Wagen.
Ein historisch interessantes Detail an dem Opel 8/25 PS auf dem Foto offenbart sich erst bei genauem Hinsehen:
Auch wenn der linke Teil des Kennzeichens durch die vordere Rahmenspitze und die Blattfederaufnahme teilweise verdeckt ist, braucht es nicht viel Fantasie, um dort “SAAR” zu lesen. Tatsächlich wurde diese Buchstabenkombination von 1920-35 im Saargebiet vergeben, das offiziell unter Verwaltung des Völkerbunds stand, faktisch aber französisch besetzt war und wirtschaftlich Frankreich angegliedert war, das erheblichen Nutzen aus den Bodenschätzen der Region zog.
Leider lässt sich nicht mehr über Aufnahmeort und -situation herausfinden. Dennoch bleibt das Foto ein wertvolles und seltenes Originaldokument des Opel 8/25 PS-Modells, von dem nicht einmal die Zahl der produzierten Exemplare bekannt ist.
Wer nun wissen möchte, wie so ein 8/25 PS-Modell “in Farbe” aussah, sei auf einen Beitrag zu den Teilnehmern an der Kronprinz-Wilhelm-Rasanz 2013 verwiesen. Das zweite dort abgebildete Foto zeigt einen raren Überlebenden genau des Wagentyps auf unserer historischen Aufnahme.
Außerdem gibt es inzwischen einen weiteren Blog-Eintrag mit einem technisch exzellenten Originalfoto eines weiteren Opel 8/25 PS Tourers. Dort bestätigt sich auch die Ansprache des hier vorgestellten Fahrzeugs.