Dieser Oldtimerblog konzentriert sich zwar auf zivile PKW der Vorkriegszeit. Behandelt werden aber auch militärisch genutzte Beutefahrzeuge. Außerdem werden auf Zivilmodellen basierende Kübelwagen präsentiert.
Anhand von Originalfotos vorgestellt wurden hier bislang die Kübelwagentypen Adler 12N-RW, Adler 12N-3G, BMW 3er, Hanomag 4/23 PS, Mercedes-Benz 170 VK, Stoewer M12 RW und Wanderer W11 12-50PS.
Heute haben wir es mit zwei Aufnahmen des Horch 830 R Kübelwagen zu tun, der hier und hier bereits dokumentiert ist. Er wurde von 1934-37 in rund 4.500 Exemplaren gebaut. Damit dürfte er einst das verbreitetste Modell der sächsischen Marke überhaupt gewesen sein.
Die Grundlage lieferte der zivile Horch 830. Ein Cabriolet dieses 8-Zylindertyps wurde in diesem Blog bereits besprochen (Bildbericht). Die markante Frontpartie der zivilen Variante wurde für den Horch 830 R Kübelwagen weitgehend übernommen. Selbst auf die vier Auto-Union-Ringe mochte man dabei nicht verzichten.
Bis zum Aufkommen des legendären VW Typs 82 waren alle Kübelwagen der Wehrmacht solche faulen Kompromisse. Die Fahrzeuge waren sehr schwer, durstig und nur eingeschränkt geländetauglich.
Bei Übungen vor Kriegsbeginn scheint man nichts von den Einsatzbedingungen geahnt zu haben, denen die Kübelwagen vor allem an der Ostfront ausgesetzt sein würden.
So beschränkten sich die Erprobungen auf den Truppenübungsplätzen eher auf Planschen in großen Pfützen. Das bescherte den Soldaten verschärften Putzaufwand, aber keine Erfahrung unter frontähnlichen Bedingungen:
© Horch 830 R Kübelwagen; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Diese einst zur Veröffentlichung gedachte Originalaufnahme zeigt einen Horch 830R Kübelwagen auf einem von Fahrspuren geprägten Übungsgelände.
Zum Augenblick der Aufnahme wird der Wagen gerade in eine Wasserlache gelenkt. Der Fotograf steht selbst darin, mehr als eine große Pfütze kann es also nicht gewesen sein. Auch der grimmige Gesichtsausdruck des Fahrers kann darüber nicht hinwegtäuschen:
Die beiden Männer vorne sind Unteroffiziere, wie an den silbernen Litzen am Kragen zu erkennen ist. Sie und der seelenruhig in die Kamera schauende einfache Soldat auf der Rückbank tragen Helme des seit dem 1. Weltkrieg gebräuchlichen Typs M18.
Dieser wurde 1935 durch ein Modell ersetzt, das bessere Sicht gewährte, die alte Form wurde aber weiterverwendet. Das Wappen auf dem Helm in den Hoheitsfarben des Deutschen Reichs verschwand 1940, da es die Tarnwirkung beeinträchtigte.
Dieses Detail sowie das Fehlen von Tarnüberzügen auf den Scheinwerfern und die Beschränkung auf den eher symbolischen 5-Liter-Benzinkanister hinter dem Reserverad sprechen für eine Entstehung des Fotos vor Kriegsausbruch.
Wie solche Fahrzeuge später im Fronteinsatz herangenommen wurden, lässt ansatzweise folgendes Foto erahnen, das wohl während des Russlandfeldzugs entstand:
© Wehrmachts-Fahrzeuge bei einer Bachdurchquerung; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Beim Vorrücken eines Wehrmachtsverbands müssen die improvisiert bepackten Fahrzeuge einen Bach durchqueren. Der Wagen im Vordergrund – wohl ein Dreiachser – befindet sich bis zu den Radnaben im Wasser, tiefer hätte es kaum sein dürfen.
Leider findet man in der Literatur kaum Angaben zur Tiefwatfähigkeit deutscher Kübelwagen. Lediglich für den Wanderer W11 werden über 50 cm angegeben, was als herausragend galt.
Ungeachtet ihrer begrenzten Geländegängigkeit wurden die Horch 830 R für ihre Robustheit geschätzt. Ihre großvolumigen, elastischen Motoren waren standfester als manches kleinere Aggregat (bis der VW-Kübel kam…).
So ist es kein Zufall, dass der Horch-Kübelwagen oft von den Landsern fotografiert wurde, wenn es die Situation zuließ, so auch hier:
© Wehrmachtssoldaten mit Horch 830 R Kübelwagen; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Dieses Foto muss einst ebenfalls an einem Gewässer entstanden sein. Hinter den beiden Männern in Badehose liegt ein aufgepumpter Autoreifen. Das Bild könnte in den 1930er Jahren am Berliner Wannsee entstanden sein.
Nur der in die Ferne gehende, ernste Blick der Beiden und das Auto im Hintergrund lassen ahnen, dass diese Aufnahme mitten im Krieg während einer Rast hinter der Front entstanden sein muss.
Dass wir es hier nicht mit Soldaten einer beliebigen Nachschubeinheit zu tun haben, die ein relativ sicheres Dasein hatten, verrät das Emblem auf dem in Fahrtrichtung rechten Schutzblech des Horch 830 R Kübelwagen hinter ihnen:
Das von einem Kreis umgebene stilisierte Hakenkreuz war das Abzeichen der 8. Jäger-Division, die 1934 in Schlesien gebildet worden war. Diese Kampfeinheit nahm an den Feldzügen gegen Polen 1939 und Frankreich 1940 teil.
Ab 1941 war die Einheit fast ununterbrochen an der Ostfront im Einsatz. Nach schweren Rückzugskämpfen wurde sie 1944 nach Rumänien verlegt und befand sich bei Kriegsende auf tschechischem Gebiet, wo die Überlebenden in russische Gefangenschaft gerieten.
Ob die beiden Maskottchen am Kühlergrill des Horch 830 R den Männern auf unserem Foto Glück gebracht haben, darf der Wahrscheinlichkeit nach bezweifelt werden.
Sie sind im Vertrauen auf die Regierung in Berlin und die militärische Führung im wahrsten Sinne des Wortes “baden gegangen”. Eine Mahnung, gegenüber dem Machbarkeitswahn von Politikern und sonstigen Rudelführern skeptisch zu sein…