Ein schickes Kuriosum: DKW 4=8 V800 von 1930/31

Für die meisten Vorkriegsautofreunde ist die Sache klar: Ein DKW hat einen Zweizylinder-Zweitaktmotor und Frontantrieb. Das stimmt auch für fast alle Fälle, aber eben nur fast.

Die früheste Abweichung von der Regel war der Erstling DKW Typ P 15 PS, der ab 1928 gebaut wurde. Er kam zwar bereits mit dem typischen 2-Zylindermotor daher, war aber noch heckgetrieben.

Von diesem bis 1931 fast 5.000mal gebauten Typ wurden in diesem Blog schon einige Exemplare vorgestellt. Hier haben wir ein bislang unveröffentlichtes Foto des DKW Typ P 15 PS:

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DKW Typ P 15 PS, 3-sitzige Cabriolimousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Diese 1932 entstandene Aufnahme wirkt zwar, als habe jemand unbeabsichtigt auf den Auslöser der Kamera gedrückt, sie kommt uns aber sehr bei der Identifikation des Wagens entgegen, den wir heute besprechen wollen.

Die Rede ist vom DKW 4=8 V800, einem Wagen mit wohl einzigartigem Antrieb, nämlich einem V-Vierzylinder-Zweitakter mit Ladepumpe. Klingt kompliziert und war es auch.

An sich war die Idee genial: Ein Vierzylinder in V-Anordnung braucht nicht viel Platz bzw. bietet genug Platz für die Ladepumpen, die als dritter Kolben in den beiden Zylinderbänken untergebracht waren.

Die Ladepumpe wurde über die Kurbelwelle angetrieben und bewirkte die Vorverdichtung des Kraftstoff-Öl-Luft-Gemischs, die beim Zweitakter sonst durch Einleiten in das Kurbelgehäuse erfolgt.

Die Konstruktion überzeugte auf dem Papier, barg aber in der Praxis einige Tücken. Eine davon war, dass mit dem Verzicht auf Durchleitung des Gemischs durch das Kurbelgehäuse die zweitakttypische Versorgung der Lager mit Öl entfiel.

Also musste eine Schleuderschmierung dazukonstruiert werden, die den Motor noch komplizierter machte und auch eher nach dem Zufallsprinzip funktionierte.

Dieser technische Mangel war nur einer von mehreren, die einem größeren Erfolg des DKW 4=8 V800 entgegenstanden.

An den Aufbauten hat es dagegen nicht gelegen, dass nur rund 1.700 Exemplare dieses Typs verkauft wurden, denn diese waren DKW-typisch sehr gelungen:

DKW_V800_Cabrio-Limousine_vollbesetzt_Galerie

DKW 4=8 V800 Cabriolimousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Auch wenn das Emblem auf der Kühlermaske im klassischen Stil einer antiken Tempelfront nicht lesbar ist, lässt sich der Wagen als früher DKW identifizieren.

Vom eingangs gezeigten Typ P 15 PS unterscheidet er sich hauptsächlich durch die senkrechten Luftschlitze. Ansonsten ist der Aufbau sehr ähnlich, dasselbe gilt für das Farbschema der Karosserie.

Tatsächlich sind es die Luftschlitze in Verbindung mit dem rechteckigen Emblem auf dem Kühler, die die Ansprache als DKW 4=8 V800 erlauben:

DKW_V800_Cabrio-Limousine_vollbesetzt_Frontpartie

Die doppelte Stoßstange nach US-Vorbild war ein Extra, ebenso die Radkappen.

Der etwas stärkere Nachfolger DKW 4=8 V1000 (25 statt 22 PS) sah fast genauso aus, trug aber ein dreieckiges Emblem in den sächsischen Landesfarben Grün und Weiß.

Auf der folgenden Aufnahme sehen wir einen weiteren DKW 4=8 V800, bei dem man den Schriftzug DKW auf dem Emblem schemenhaft erkennen kann:

DKW_V800_4=8_Galerie Weshalb „unser“ DKW 4=8 V800 in der Ausführung als Cabriolimousine nicht (mehr) die wohl standardmäßige „4=8“-Kühlerfigur besitzt, wissen wir nicht.

Die Insassen scheint dieser Mangel jedenfalls nicht gestört zu haben, ihnen ist der Stolz auf das Automobil anzusehen, das von Form und Platzangebot her in der  Mittelklasse angesiedelt war:

DKW_V800_Cabrio-Limousine_vollbesetzt_Insassen

Hier bevölkern sechs Personen die an sich nur viersitzige Cabriolimousine. Leider wissen wir wie so oft nichts über die Insassen.

Wir dürfen aber davon ausgehen, dass sie gut situiert waren, denn die aufwendig konstruierten DKWs mit V-Vierzylinder und Ladepumpe hatten ihren Preis.

Erst die zuverlässigeren und noch attraktiver gezeichneten Frontantriebs-DKWs erlaubten einen erschwinglicheren Einstieg in die Automobilität.

Von ihnen werden wir hier noch einige bislang nicht besprochene Modelle vorstellen. DKW-Freunde werden also auch künftig auf ihre Kosten kommen.

© Michael Schlenger, 2017. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://www.klassiker-runde-wetterau.com with appropriate and specific direction to the original content.

 

 

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