Wir nähern uns der Mitte des Monats Februar und registrieren erfreut, dass die Tage endlich wieder länger werden. Doch der Winter ist noch nicht ganz vorüber – Temperaturen um die null Grad und häufige Schneeschauer erinnern uns daran.
In der Wetterau zwischen Taunus und Vogelsberg – der Heimat des Verfassers – fallen die Winter meist mild aus. Dennoch scheinen speziell junge Männer wild entschlossen, mit dicken Schals und Mützen mit Ohrenklappen Väterchen Frost zu simulieren.
Man fragt sich, ob dies bloß modische Attitüde ist oder ob die Burschen hierzulande heutzutage wirklich so schnell frieren. Was ziehen die bloß an, wenn’s mal wieder einen richtig strengen Winter gibt?
Unsere Altvorderen waren da aus anderem Holz geschnitzt:

Adler Primus; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Auf dieser Aufnahme sieht man den Schnee fast waagerecht vorbeisausen – nicht gerade ideale Bedingungen für einen Schnappschuss im Freien vor dem Automobil.
Die junge Dame im Kostüm mit Bluse und Krawatte – ein raffinierter Stil, den man heute schmerzlich vermisst – hält sich dennoch wacker. Ihr Begleiter mit fesch sitzendem Hut und zweireihigem Mantel scheint ebenfalls guter Dinge zu sein.
Vermutlich war es bloß ein Tag mit Temperaturen um die null Grad, an dem ein kräftiger Schneeschauer in Windeseile Frontscheibe und Nummernschild zuwehte – auf der Straße jedenfalls zeigt sich eher Schneematsch.
Bei solchen Bedingungen kam man auch mit einem Wagen mit Heckantrieb zurecht, wie wir ihn auf dem Foto sehen. Der klassische Flachkühler mit dem stilisierten Adler verrät, dass es sich um einen “Primus” der Frankfurter Adlerwerke von 1932 handelt.
Dieser blitzsauber gezeichnete Wagen war die konservative Variante eines Mittelklassemodells, mit dem Adler damals einen großen Erfolg landete.
Mit 32 PS aus 1,5 Liter Hubraum war man im Deutschland der frühen 1930er Jahre angemessen motorisiert. Das Fahrwerk des “Primus” war mit blattgefederten Starrachsen zwar konventionell, doch immerhin gab es hydraulische Vierradbremsen.
Parallel dazu gab es ein fortschrittliches Schwestermodell, den heute bekannteren Adler “Trumpf”. Davon haben wir ebenfalls ein zur Jahreszeit passendes Foto:

Adler “Trumpf”; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Vom identischen Motor abgesehen war bei diesem schönen 2-türigen Cabriolet, das ebenfalls 1932 entstanden sein dürfte, praktisch alles anders:
Mit Frontantrieb (man beachte die Schneeketten vorn) und Einzelradaufhängung bot Adler hier ein modernes Konzept, das auch durch den schräggestellten Kühler auf Anhieb vom traditionellen Primus zu unterscheiden war.
Weshalb man bei diesem zukunftsweisenden Typ, der von Hans Gustav Röhr entwickelt wurde, noch Seilzugbremsen verbaute, bleibt rätselhaft. Selbst Wagen der unteren Mittelklasse wie der Typ 4/23 PS von Hanomag besaßen damals hydraulische Bremsen.
Möglich, dass die seilbetätigten Bremsen bei korrekter Einstellung ausreichten und man aus Kostengründen daran festhielt. Denn Limousine und Cabriolet des Fronttrieblers Adler “Trumpf” waren teurer als die jeweiligen Varianten des “Primus”.
Kann jemand sagen, wer der Hersteller des feinen Adler “Trumpf” Cabrios war, das wir auf dieser Winteraufnahme sehen? Es scheint keine Standardkarosserie zu sein.
Was bleibt, sind zwei schöne Dokumente, die eine Vorstellung davon vermitteln, wie selbstverständlich die heute sorgsam behüteten Adler-Veteranen einst im Wintereinsatz bewegt wurden und wie stilvoll man sich damit präsentierte.
Vielleicht eine Anregung für Besitzer solcher Adler-Wagen, auch selbst möglichst “original” daherzukommen…
© Michael Schlenger, 2018. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://www.klassiker-runde-wetterau.com with appropriate and specific direction to the original content.
Karosserie sieht sehr nach Ambi-Budd aus…