Am 11. November 2018 jährt sich das Ende des 1. Weltkriegs zum hundertsten Mal.
Noch im Frühjahr 1918 hatte es danach ausgesehen, als könnten Deutschland und Österreich-Ungarn das millionenfache Blutvergießen mit einem Sieg beenden. Mit Russland war bereits ein maßvoller Separatfrieden geschlossen worden.
Doch die Kriegserklärung der USA, deren Eliten keine deutsch-österreichische Hegemonie in Europa wünschten, hatte das Kräfteverhältnis auf dem französischen Kriegsschauplatz zunehmend zugunsten der Alliierten verschoben.
Der frisch geölten amerikanischen Kriegsmaschine, die ab 1918 in Frankreich zum Einsatz kam, hatte man nichts entgegenzusetzen. Hinzu kamen der Kollaps des politischen Systems und die Erschöpfung des Volkes.
So traten nach der Kapitulation im November 1918 auch die Adler-Wagen den Rückzug an, die seit 1914 zusammen mit Fahrzeugen anderer deutscher Hersteller wie Benz, Opel und Wanderer an den verschiedenen Fronten präsent waren.
Allein vom Adler des Typs KL 9/24 PS können wir gleich vier Originalaufnahmen aus dem 1. Weltkrieg zeigen. Doch zunächst eine Prospektabbildung von 1914:

Adler Typ KL 9/24 PS, Prospektabbildung von 1914, Faksimile des Archiv Verlags
Dieser ab 1914 gefertigte Typ KL 9/24 PS war der letzte vor Beginn des 1. Weltkriegs entwickelte Vertreter der Kleinwagenlinie von Adler.
“Kleinwagen” waren die von Otto Göckeritz verantworteten, ab 1912 entwickelten KL-Typen nur gemessen an den parallel gebauten Oberklassemodellen von Adlern.
Von den Abmessungen her handelte es sich auch beim “kleinen” Adler 9/24 PS um ein großzügiges Fahrzeug. Der Antrieb – ein 2,2 Liter messender Vierzylinder mit konventioneller Seitensteuerung – erlaubte ein Höchsttempo von 70 km/h.
Offenbar scheint eine erhebliche Zahl dieses Modells nach Kriegsbeginn beim Militär gelandet oder eigens für Heereszwecke gefertigt worden zu sein:

Adler KL 9/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Hier hat sich der Fahrer in der zweireihigen Lederjacke, die nur an Fahrzeugführer ausgegeben wurde, in noch zivil anmutendem Umfeld ablichten lassen.
Für einen Kasernenhof wirkt das Umfeld zu ungepflegt – eventuell befand sich der Aufnahmeort auf einem privaten Garagengelände und der Adler war eventuell erst kürzlich für den Militärdienst eingezogen worden – mitsamt Chauffeur.
Das Fahrzeug trägt jedoch bereits den preußischen Adler als Hoheitszeichen und die militärische Kennung “G.O.W. 100”, die eventuell auch dem Kennzeichen entspricht.
Der Adler auf dem Kühlerverschluss und der “Adler”-Schriftzug auf dem Kühlernetz bedürfen keines weiteren Kommentars. Gut zu erkennen ist hier der Abwärtsschwung der oberen Kühlereinrahmung, der typisch für die Adler-Wagen jener Zeit war.
Ein weiteres Mal begegnen wir dem Adler Typ KL 9/24 PS auf folgender Abbildung:

Adler KL 9/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Alle typischen Elemente des Adler KL 9/24 PS sind auch hier zu erkennen:
- die in der Mitte der Haubenseite mittig angebrachten niedrigen Luftschlitze,
- die Belüftungsklappe im unteren Teil des Windlaufs (auf dem ersten Foto geöffnet),
- die recht dünne Ausführung der Vorderschutzbleche,
- die Drahtspeichenräder mit Zentralverschluss.
Auch die Proportionen “stimmen” – eine stärkere Motorisierung würde sich an der größer dimensionierten Hauben- und Kühlerpartie sowie an einem höheren und geräumigeren Aufbau erkennen lassen.
An Bord sehen wir fünf Soldaten unterschiedlicher – teils gehobener – Ränge sowie einen Fahrer “ohne Lametta”. Der Feldstecher vor der Brust des in zweiter Reihe links außen sitzenden Soldaten weist mindestens auf eine Manöversituation hin.
Die andere Montage der Adler-Kühlerfigur hat nichts zu bedeuten, hier finden sich alle möglichen Lösungen, sofern überhaupt eine solche Figur montiert war.
Auch die Scheinwerfer konnten bei identischen Typen stark variieren, und folgende Aufnahme zeigt sogar einen speziellen Tarnaufsatz:

Adler KL 9/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Eine derartige Lösung – die dem Verfasser auf Fotos von Automobilen im Militäreinsatz 1914-18 noch nicht begegnet ist – ergab nur in unmittelbarer Frontnähe einen Sinn, wo man bei nächtlichen Fahrten nicht am Scheinwerferlicht erkannt werden wollte.
Auch der auf dem Werkzeugkasten aufgeschnallte Reservetank in der damals üblichen Dreiecksform mit wohl 20 Liter Fassungsvermögen weist auf kriegsmäßigen Einsatz hin. Dazu passen die Auszeichnungen der beiden Soldaten ganz rechts.
Die Kennung auf der Haube lautet “E.K.K. 51“, was für “Etappen-Kraftwagen-Kolonne 51” steht.
Das große Kennzeichen am Kühler verrät, dass es sich um Wagen 1269 der VI. Armee aus Bayern handelt, die den gesamten Krieg über in Frankreich eingesetzt war. Das Wappen auf der Flanke konnte der Verfasser dagegen nicht genau zuordnen.
Kommen wir zur letzten Aufnahme eines Adler KL 9/24 PS im Militäreinsatz vor 100 Jahren, die uns vermutlich an die Ostfront führt:

Adler KL 9/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Hier kann der Krieg nicht sehr weit weg sein – die grimmig dreinschauenden Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett auf dem Gewehr sprechen für sich.
Eventuell entstand die Aufnahme vor einem als Stabsunterkunft dienenden Gebäude, bevor der Adler die höherrangigen Insassen auf der Rückbank an die Front brachte.
Da sich keiner der Beteiligten sicher sein konnte, den Tag zu überleben, wurden solche Aufnahmen oft auch mit Gedanken an die Angehörigen in der Heimat angefertigt.
Das verwegene Erscheinungsbild der beiden Männer auf den Vordersitzen lässt an entlegene Einsatzorte denken, wo ein vorschriftsmäßiges Erscheinungsbild nicht so wichtig war, solange ein Auftrag mit Erfolg ausgeführt wurde.
Was auch immer aus den Männern auf diesen Fotos wurde – für die Überlebenden des vierjährigen Gemetzels, das die Regierungen der beteiligten Länder ihren Völkern gnadenlos auferlegten, ging es spätestens im November 1918 zurück in die Heimat.
Mit Russland hatten Deutschland und Österreich-Ungarn – wie gesagt – schon früher Frieden geschlossen. Danach waren 1918 noch einmal in großem Stil Truppen an die Westfront verlegt worden – das sah dann so aus wie hier:

Bahntransport einer deutschen Militäreinheit im 1. Weltkrieg; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Eine Aufnahme wie diese aus dem 1. Weltkrieg ist äußerst selten.
Sie zeigt einen entspannten Moment aus Sicht eines Kraftfahrers und eines Passagiers, der es sich auf der Rückbank bequem gemacht hat und einer ungewissen Zukunft entgegensieht.
Nach der Kapitulation im November 1918 ging es für die Truppen Deutschlands und Österreich-Ungarns endgültig zurück nach Hause – auch die Adler-Wagen durften endlich in die Heimat zurückkehren, sofern sich noch Benzin auftreiben ließ.
Das letzte Dokument in dieser Reihe, mit der des Endes des 1. Weltkriegs gedacht werden soll, ist am 30. November 1918 auf der Rheinbrücke bei Worms entstanden:

Deutsche Heereskolonne auf der Wormser Rheinbrücke amm 30.11.1918; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Um die Mittagszeit – so verrät es die Uhr an einem der gewaltigen Brückentürme – zieht eine aus Frankreich kommende Kolonne des deutschen Heeres mit Pferdegespannen und einigen Automobilen heimwärts über den Rhein.
In diesem Zug mögen auch Wagen des Typs Adler KL 9/24 PS gewesen sein, von dessen Wertschätzung als motorisierter Kamerad nach 100 Jahren noch alte Fotos künden.
Das große Morden in Europa vor über 100 Jahren sollte uns im 21. Jh. eine Mahnung sein, welches Unheil droht, wenn sich Regierungen auch in demokratisch verfassten Staaten einfach über die Lebensinteressen ihrer Bürger hinwegsetzen, da es am verfassungsmäßigen Zwang zum Volksentscheid in elementaren Fragen fehlt…