Über den Sommerbeginn hierzulande kann man sich dieses Jahr (2019) kaum beklagen – wolkenloser Himmel und Sonne satt bis spät in den Abend.
Aus den angesagten 32 Grad in meinem Wohnort wurden zwar gestern “nur” 28 Grad, doch scheint die Wärme uns noch eine Weile treu zu bleiben – ähnlich wie in anderen “Jahrhundertsommern”, von denen immer wieder die Rede ist und die jedes Mal “alles Dagewesene übertreffen”…
An einen dieser wirklich heißen Sommer kann ich mich erinnern – das war 1976. In weiten Teilen Europas herrschte damals ungewöhnliche Trockenheit, die Felder waren verdorrt, die Flusspegel sehr niedrig.
Regional wurden damals Verbote ausgesprochen, private Gärten zu wässern, so ging auch unser liebevoll gepflegter Rasen vor die Hunde. Temperaturen um 38° Grad wurden damals in unserer Region gemessen.
1983 stieg das Quecksilber in Deutschland dann örtlich sogar auf über 40 Grad – davon weiß ich allerdings nichts mehr – vermutlich weil das noch nicht so hochgejazzt wurde, wie das beim Wetter neuerdings der Fall ist.
Nun aber zurück in die Vorkriegszeit – in der es bisweilen auch sensationell zuging: 1934 etwa kam es wieder einmal zu einer „beispiellosen“ Hitzewelle an der Ostküste der USA, am 5. Juli wurden in New York über 50°C gemessen!
Man war schon früher gut beraten, cool zu bleiben, auch wenn der Sensationsjournalismus heißläuft. Dabei hilft zuverlässig ein klassisches Automobil mit “smartem” Belüftungskonzept:

Hanomag 3/16 oder 4/20 PS Limousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Der junge Mann, der hier bei offensichtlich hochsommerlicher Temperatur in cooler Pose eine Zigarettenpause einlegt, fuhr einen braven Hanomag 3/16 bzw. 4/20 PS – das erste vollwertige Automobil, das die Maschinenbauer aus Hannover ab 1929 bauten.
Leser meines Blogs sind schon dem einen oder anderen Exemplar dieses recht erfolgreichen Vierzylindermodells konventioneller Bauart begegnet.
Neben dem markentypischen springenden Pferd als Kühlerfigur, das das niedersächsische Wappentier zitiert, sind folgende Elemente typisch:
- Scheibenräder mit vier Radbolzen, Nabenkappe nicht verchromt,
- auf zwei Felder verteilte vertikale Luftschlitze in der Motorhaube
- lackierte trommelförmige Frontscheinwerfer
- doppelte, bis zum Heck durchlaufende Zierleiste
Gut zu sehen ist hier außerdem die nach vorne ausgestellte Windschutzscheibe, die bei sommerlichen Temperaturen in Verbindung mit heruntergekurbelten Seitenscheiben für ordentlich Durchzug sorgte.
Weniger durchzugsstark war das Motörchen mit 800 bzw. 1100ccm Hubraum, das 16 bzw. 20 PS leistete. Ganze 75 bis 80 km/h Spitzengeschwindigkeit waren damit drin. Doch die Käufer dieses wohlgestalteten Wagens hatten zuvor meist gar kein Auto besessen – für sie war so ein Hanomag 3/16 oder 4/20 PS eine Offenbarung.
Übrigens boten die Hannoveraner für sommerliche Temperaturen bei vergleichbarer Leistung einen noch “cooleren” Aufbau an, und zwar diesen hier:

Hanomag 3/16 oder 4/20 PS Cabriolimousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Ich bin nicht sicher, ob es sich um eine Version des Hanomag 3/16 bzw. 4/20 PS mit besserer Ausstattung oder um den Nachfolger 3/17 bzw. 3/18 PS (ab 1931) handelt.
Letzterer sollte am längeren Radstand und schüssselförmigen Scheinwerfern erkennbar sein. Vielleicht haben wir ein Auto vor uns, das Elemente beider Modelle vereint.
Der Aufbau als Cabrio-Limousine – also eines oben offenen Aufbaus mit feststehenden Seitenteilen und komplett niederlegbarem Verdeck – war für beide Typen verfügbar.
Diese Aufnahme ist ein gutes Beispiel für die Lücken in der Dokumentation der frühen Hanomag-Automobile, denn mir ist keine Abbildung eines vergleichbaren Wagens mit Chromradkappen und linierten Scheibenrädern bekannt.
In Sachen “Coolness” schießt ohnehin die folgende Ausführung den Vogel ab, die wir der schier unerschöpflichen Sammlung von Leser Klaas Dierks verdanken:

Hanomag 3/16 PS, 2-sitzige Cabriolimousine; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks
Hier war nicht nur für maximale Belüftung bei sommerlichen Temperaturen gesorgt, sondern auch für hohen Aufmerksamkeitswert, da die Karosserie in der Regel beige lackiert war und laut Literatur mit einem roten Verdeck kontrastierte.
Fiat bietet heute beim trefflichen Retro-Modell 500 etwas ganz Ähnliches und man kann sich vorstellen, dass die Besitzer dieses luftigen Hanomag mit diesem Farbkonzept vor rund 90 Jahren ebenfalls “bella figura” machten.
Fazit: In Sachen Coolness hatten die Hanomags vor dem Krieg einiges zu bieten, während sie unter der Haube nicht gerade über die heißesten Eisen verfügten.
Entspannnt und unaufgeregt durch den Sommer zu kommen, das ermöglicht ein Hanomag 3/16 bzw. 4/20 PS auch heute noch für relativ kleines Geld – vorausgesetzt man findet einen Überlebenden von ehemals gut 9.000 Exemplaren…
© Michael Schlenger, 2019. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Gute Frage, Rolf! Wenn das tatsächlich ein Landaulet und keine Cabriolimousine sein sollte, wäre das eine Sensation – dieser Aufbau wird nämlich beim braven Hanomag nirgends erwähnt…
Moin Michael , bist du sicher das es eine Hanomag Cabrio Limousine ist ? Mir scheint die Stoffmenge nur für das Landaulet Dach zu reichen .. Gruß aus Süditalien .. Rolf