Heute arbeite ich mich wieder einmal am Typ P 8/24 PS des einst so bedeutenden Herstellers Brennabor aus Brandenburg ab.
Obwohl die Firma in der ersten Hälfte der 1920er Jahre zu den größten Autoherstellern Deutschlands zählte und erst von Opel überflügelt wurde, kann man die Dokumentation der Wagentypen jener Zeit nur als desolat bezeichnen.
Weder in Buchform noch im Netz gibt es eine überzeugende Gesamtschau, die den zahlreichen Autotypen von Brennabor im Detail gerecht wird.
Ausgerechnet beim in etlichen tausend Exemplaren gebauten Typ P 8/24 PS, um den es heute geht, fehlt aus meiner Sicht eine Darstellung der unterschiedlichen Varianten, die es während der Bauzeit von 1919-25 gegeben hat.
An Fotos dieses Typs mangelt es nicht, auch wenn manche Anbieter (und Käufer) von Brennabor-Aufnahmen diese aus unerfindlichen Gründen für Raritäten zu halten scheinen, wenn man die oft gesalzenen Preise als Maßstab nimmt.
Über die Jahre ist es mir gelungen, etliche historische Fotos und Dokumente von Brennabor-Wagen für kleines Geld aufzutreiben – immer wieder steuern auch Leser meines Blogs interessante Aufnahmen bei.
Auf dieser Grundlage meine ich eine zumindest vorläufige Chronologie der einzelnen Versionen dieses Erfolgsmodells erstellen zu können.
Am Anfang der Modellgeschichte des Brennabor Typ P 8/24 PS steht die von 1919 bis 1920 gebaute Variante mit damals hierzulande sehr populärem Spitzkühler:

Brennabor Typ P 8/24 PS (1919/20); Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Festzuhalten sind hier – vom Kühler abgesehen – folgende Details:
- schrägstehende, mittig unterteilte Frontscheibe
- keine (sichtbaren) Luftschlitze in der Haube
- Vorderschutzblech folgt näherungsweise der Radform, ist aber nach hinten versetzt
- Kasten am Ende des Trittbretts mit Wartungsklappe zum Abschmieren der vorderen Blattfederaufnahme der Hinterachse
- je vier Radbolzen bzw. Speichenschrauben in zwei verschiedenen Größen
Diese frühe Ausführung ist die mit dem ausgeprägtesten Charakter.
Bei den ab 1921 folgenden Flachkühlermodellen ist die Identifikation nur mühsam anhand der übrigen oben aufgezählten Details möglich:

Brennabor Typ P 8/24 PS, ab 1921; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Diese Aufnahme zeigt den ersten Brennabor Typ P 8/24 PS, den ich in meiner Sammlung identifizieren konnte. Ich habe seither eine Reihe weiterer fast identischer Wagen vorstellen können, die in meiner Brennabor-Galerie zu finden sind.
Sie scheinen allesamt keine Luftschlitze in der Haube aufzuweisen, was mir merkwürdig vorkommt. Sollten sie so fein ausgeführt gewesen sein, dass sie auf den mir vorliegenden alten Abzügen schlicht nicht erkennbar sind?
Ich halte das für unwahrscheinlich, weil sich dieses Phänomen auf Autofotos konzentriert, die diesen Typ zeigen. Möglich, dass die vom Kühlventilator nach hinten geblasene warme Luft den Motorraum auf anderem Weg verließ, etwa nach unten.
Interessanterweise gibt es weitere Aufnahmen des Brennabor Typ P8/24 PS, auf denen ganz klar feine, in die Haube eingestanzte Luftschlitze zu sehen sind:

Brennabor Typ P 8/24 PS von 1925; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Ich habe den Wagen auf diesem Foto zeitweilig für den leistungsgesteigerten Typ PW 8/32 PS gehalten, den 1926/27 gebauten Nachfolger des Typs P 8/24 PS.
Allerdings lässt mich die Bezeichnung eines ganz ähnlichen Wagens als Typ 8/24 PS in der Literatur sowie die Rechtslenkung mittlerweile annehmen, dass wir hier noch einen späten Typ 8/24 PS von 1925 sehen, der (optionale) Vorderradbremsen besitzt.
Für eine späte Entstehung würde auch die nunmehr senkrecht stehende und durchgehende Frontscheibe sprechen, die Mitte der 1920er Standard wurde. Auch die wohl vernickelte Kühlermaske ist ein Hinweis darauf.
Wie ist nun vor diesem Hintergrund Variante 4 des Brennabor Typ P 8/24 zu beurteilen? Hier eine hervorragende Aufnahme vom Deutschen Eck in Koblenz, die mir Leser Peter Alt zugesandt hat:

Brennabor Typ P 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Peter Alt
Wir sehen hier wiederum alle eingangs erwähnten Merkmale eines Brennabor Typs P 8/24 PS, bis auf Spitzkühler und schrägstehende Frontscheibe.
Der Wagen besitzt noch keine Vorderradbremsen, aber im Unterschied zu allen bisher gezeigten Wagen desselben Typs zeichnet er sich durch fünf recht breite Luftschlitze in der Motorhaube aus.
Was ist von diesem Befund zu halten? Ist das eventuell die vorletzte Version des Typs P 8/24 PS, die derjenigen mit feinen Luftschlitzen und (optionaler) Vorderradbremse vorausging?
Kann ein Leser hier für Aufklärung sorgen? Dass der zuletzt gezeigte Wagen mit den fünf Kühlschlitzen – den man in der Literatur vergeblich sucht – gar kein Brennabor ist, halte ich angesichts der vollkommenen Übereinstimmung der übrigen Details für sehr unwahrscheinlich.
Dank eines Lesers aus den Niederlanden – Robert Rozemann – befinde ich mich in der komfortablen Lage, ein weiteres Foto genau dieser Ausführung des Brennabor Typs P 8/24 PS zeigen zu können:

Brennabor Typ P 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Robert Rozemann
Im Unterschied zum zuvor gezeigten Wagen besitzt dieser bereits eine vernickelte Kühlermaske – vielleicht war das aber auch ein optionales Zubehör.
Vorderradbremsen fehlen auch hier, dafür entspricht die Ausführung des Trittbretts mit in den Schweller hochgezogener Blechpartie bereits präzise derjenigen bei der mutmaßlich letzten Ausführung des Brennabor Typ P 8/24 PS mit feinen Luftschlitzen.
Für den Leser ist ein solches Hin und Her vermutlich anstrengend.
Aber es verdeutlicht, wie schwierig die korrekte Ansprache deutscher Serienautomobile der Vorkriegszeit sein kann. Für mich klafft hier eine Lücke, die hoffentlich irgendwann von Brennabor-Spezialisten (die es ja bspw. hier und hier gibt) geschlossen werden kann…
© Michael Schlenger, 2019. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Besten Dank, für die Erklärung, Herr Billicsich!
Sehr geehrter Herr Schlenger,
zu den fehlenden Kühlerschlitzen kann ich ihnen berichten. Das Schwungrad ist ähnlich einer Turbine gestaltet ist und die Luft durch Kühler und Motorraum wird nach hinten gesaugt. Ein üblicher Kühlerventilator wurde nicht gebraucht. Eine Vereinfachung in der Herstellung. Die untere notwendige Abdeckung des Motorraumes zur Luftführung mit Blechen die meist bis hinter das Getriebe gezogen wurde verhinderte auch eine Verschmutzung von Motor, meist offener Kupplung und Getriebe. Auch Austro-Daimler hatten diese Anordnung und keine Kühlungsschlitze in der Motorhaube.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Billicsich