Heute kommen sowohl die männlichen Leser auf ihre Kosten als auch die weiblichen (ich weiß von mindestens einer handvoll…).
Die Herren bekommen schwarz auf weiß die Antwort auf die für viele ungeklärte Frage, was sich eigentlich Frauen wünschen – die Damen unterdessen bekommen in schwarz-weiß einen echten Frauentyp präsentiert!
Selbstverständlich lesen Sie hier ja auch deshalb mit, weil es nicht bloß um Autos aus Vorkriegszeiten geht, sondern man oft etwas über Menschlich-Allzumenschliches lernt.
Ich erspare mir und Ihnen weitere Vorreden und halte gleich’s für Erste fest, was es braucht, um ein echter Frauentyp zu sein, dem die Damen bereitwillig Tür und Tor öffnen und für den sie gerne einen Haufen Geld hinlegen, nur um ihn ganz für sich zu haben.
Also: leicht lenkbar sollte er sein, einfach zur Aktivität zu motivieren, problemlos dorthin zu manövrieren, wo man ihn haben will und allgemein einfach in der Handhabung. Insgesamt sollte es eine Beziehung sein, die sich völlig reibungslos gestaltet.
Das war es auch schon. Von Äußerlichkeiten keine Rede, unauffälliger Durchschnitt genügt vollkommen, um von Frauen mit offenen Armen willkommen geheißen zu werden!
Diese sensationelle Erkenntnis entspringt freilich nicht meiner persönlichen Erfahrung, vielmehr habe ich sie 1:1 diesem Dokument entnommen, in dem bereits 1926 alles festgehalten wurde, worauf es der modernen Frau wirklich ankommt:

Natürlich habe ich mir bei der Interpretation dieser Reklame der amerikanischen Marke Willys Knight einige Freiheiten genommen – aber Sie werden alles oben Aufgeführte dort wiederfinden, auch wenn der Kontext ein wenig anders sein mag.
Tatsächlich warb die seit 1909 bestehende Mutterfirma Willys-Overland aus Toledo in Ohio, mit dem Sechsyzlindertyp 70 ab 1926 gezielt um Käuferinnen aus der Mittelklasse, die einen echten Frauentyp für den Alltag suchten, der in den Staaten damals schon von jedermann mit dem Automobil bewältigt wurde.
Der Zusatz “Knight” in der Typbezeichnung spielt nicht etwa auf vermeintliche “ritterliche” Qualitäten an, mit denen man den Wagen der Damenwelt anpreisen wollte.
Vielmehr weist er auf das beim Motor verwendete Patent von Charles Knight hin, bei dem der Gaswechsel anstatt durch Ventile über bewegliche Hülsen erfolgte, die um den Kolben herum angebracht waren und deren Betriebsgeräusche weit geringer ausfielen.
Willys-Overland nutzte diese Technik von 1914 bis um 1930 und verbaute bei seinen gehobenen Modellen so viele Motoren des Knight-Typs wie kein anderer Hersteller auf der Welt. Die mit der genialen Konstruktion einhergehenden spezifischen Probleme (Dichtigkeit und Ölverbrauch) scheint man zumindest hinreichend in den Griff bekommen zu haben.
Die Overland-Einsteigermodelle und der ab 1927 gebaute preisgünstige Whippet besaßen dagegen Motoren mit konventionellem Ventiltrieb.
Während also unter der Haube des Willys-Knight ein durchaus feines Aggregat (im Idealfall) unauffällig seine Arbeit verrichtete, hatte man – wie gesagt – auf das Äußere keine besondere Sorgfalt verwendet.
Tatsächlich kam auch der Frauentyp “Willys Knight” anno 1926 vollkommen durchschnittlich daher, und das war es vermutlich auch, wonach den Damen der Mittelschicht Sinn stand nach dem Motto: keine Extravaganzen, das sorgt nur für Neid und Getuschel.
So werden mir nun die Leserinnen gewiss beipflichten, dass es an diesem Frauentyp rein gar nichts zu beanstanden gab – gepflegtes Erscheinungsbild ohne auffällige Eigenheiten und für den Alltag einer Zweierbeziehung kompetent wirkend:

Wie die eingangs zitierte Reklame verheißt, darf man bei diesem Exemplar zurecht leichte Lenkbarkeit, mühelose Kontrolle und reibungsloses Funktionieren erwarten, meine ich.
Sollte sich das Bild indessen aus weiblicher Sicht ganz anders darstellen und der vermeintliche Frauentyp schon bei der geringsten Prüfung seiner Qualitäten durchfallen, dann bitte ich um Gegendarstellung im Kommentarbereich.
Wenn Willys-Overland also zuviel versprochen haben sollte, kann der “Frauentyp” leider nicht mehr beanstandet werden – 1942 endete diese Episode der Firmengeschichte und konzentrierte sich ganz auf einen sehr maskulinen Typ – den legendären Jeep.
Das ist eine andere Geschichte, die ich hier aber nicht erzählen kann, so sehr sich dies Männer vielleicht wünschen mögen…
Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Danke für diese schöne Gegenrede, auf die ich gehofft hatte! Ein glattgebügelter Schwiegermuttertyp ist selten das, wonach auch der Tochter der Sinn steht – das war und ist (meistens) gut so.
Hallo Michael,
eigentlich sollte ich es mit Karl Valentin halten, der gesagt hat:
“Gesegnet sind jene, die nichts zu sagen haben und trotzdem den Mund halten”! Aber das Thema deines heutigen Blogs reizt mich und außerdem fühle ich mich durch deine Aufforderung zur Gegendarstellung animiert, dem Rat Karl Valentins keine Folge zu leisten.
Beginnen wir mit der Karosse – (Marke nicht wichtig, technische Details ebenfalls) – die so “herrlich” speziell der holden Weiblichkeit angedient wird.
Leicht lenkbar, einfach in der Handhabung und, und, und …….
Und diese Eigenschaften sollen übertragbar sein auf die männlichen Wesen, auf die die Frauen fliegen? Sind das wirklich die Typen, nach denen sich eine Frau verzehrt?
Nun, für einen fahrbaren Untersatz sind diese Vorzüge unbestreitbar von großer Relevanz. Auch stimme ich zu, dass so manche Maid diese Merkmale gerne auch bei dem zukünftigen Partner sähe. Doch Achtung! Wenn sie erkennt, dass an diesem seltenen Exemplar nichts auszusetzen ist – und der Tag wird kommen -, dann wird der vermeintliche Frauentyp zum Langweiler und uninteressant. Genauso uninteressant wie die zweibeinige “Kühlerfigur” auf dem Foto, der die Kompetenz für eine Zweierbeziehung zugesprochen wird. Ein Frauentyp? Mitnichten! Der ist komplett durch’s Raster gefallen!
Ich wage zu behaupten, dass kein Mann genügend Fantasie hat, die weibliche Vernunft zu begreifen. Ein Frauentyp ist ein Kerl mit Ecken und Kanten, denn: Reibung erzeugt Wärme!
Diese Macken aber sollten dem heute besprochenen vierrädrigen Frauentypen erspart bleiben.
Gruß aus dem “finstren Tal”