Den ersten Volumenerfolg eines deutschen Autoherstellers nach dem 1. Weltkrieg landete keineswegs Opel, wie man meinen könnte.
Nach Stückzahlen führend war Anfang der 1920er Jahre vielmehr die Marke Brennabor aus Brandenburg an der Havel.
Dass die Autoproduktion der einst so vielseitigen Firma heute kaum noch bekannt ist, dürfte auch daran liegen, dass ein überzeugendes Standardwerk dazu bislang fehlt.
Im Internet finden sich ebenfalls nur wenige in die Tiefe gehenden Informationen und Originalfotos. Die äußerlichen Veränderungen der Brennabor-Typen während ihrer Produktionsdauer sind daher für Außenstehende nur mühsam nachzuvollziehen.
Dass es solche Veränderungen gab, liegt bei einer bis 1927 dauernden Produktion des ersten Nachkriegstypen “P” auf der Hand. Wenn der Eindruck nicht täuscht, gab es nicht nur Unterschiede in der Motorisierung (8/24 und 8/32 PS), sondern auch in Details wie Ausführung und Zahl der Luftschlitze, Scheinwerferform usw.
Von daher dürfte jedes “neue” Foto eines solchen P-Typs, von dem immerhin rund 10.000 Exemplare entstanden, auch für die Brennabor-Freunde ein Gewinn sein. Wie vielseitig dieses Modell daherkommen konnte, sehen wir beispielsweise hier:

Brennabor Typ P; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Zwar ist auch auf dem Originalabzug die Kühlerplakette nicht eindeutig zu erkennen. Doch deren Platzierung und Größe sowie das geschwungene Oberteil der Kühlermaske sprechen stark für einen Brennabor.
Einen Hinweis auf die genaue Datierung könnten die trommelförmigen Scheinwerfer, die demontierbaren Felgen, die Form des Vorderschutzblechs und die mindestens acht Luftschlitze in der Haube geben:
Für konkrete Hinweise von Brennabor-Spezialisten wäre der Verfasser ausgesprochen dankbar. Von den Dimensionen und dem Erscheinungsbild her tippt er auf einen Typ P 8/24 PS der frühen 1920er Jahre.
Dabei handelte es sich um ein technisch konventionelles Modell mit 2,1 Liter großem Vierzylindermotor.
Immerhin ist dokumentiert, dass es den Typ P auch in Nutzfahrzeugvarianten gab wie der hier abgebildeten. Der Beschriftung nach diente das Auto einst dem Leipziger Koffer- und Lederwarenhersteller Kleemann als Lieferwagen.
Viel war über die Firma nicht herauszufinden. Sie wurde 1842 gegründet und scheint in der Zwischenkriegszeit als F.C. Kleemann GmbH an der repräsentativen Adresse Brühl 37 existiert zu haben.
Vielleicht weiß ein Leser, was aus der Firma nach dem Krieg wurde – heute scheint sie jedenfalls nicht mehr zu existieren. Der besondere Reiz dieser Aufnahme liegt aus Sicht des Verfassers ohnehin in einem anderen Detail:
Wann hat man in einem so profanen Gefährt eine so hübsche und gutgekleidete junge Dame gesehen? War sie vielleicht eine Büroangestellte der Firma Kleemann, die in der Mittagspause auch einmal in einem Automobil posieren wollte?
Der Verfasser hat einen anderen Verdacht: Dies könnte die Tochter des Firmeninhabers gewesen sein, denn einer Angestellten hätte man vermutlich nicht die Mitnahme eines kleinen Hunds erlaubt.
Wer ihn übersehen hat, darf noch einmal nachsehen, er sitzt tatsächlich auf ihrem Schoß – mit einer überdimensionierten Hundemarke um den Hals.
Nicht zuletzt sind es solche liebenswerten Details, die die Magie historischer Originalaufnahmen von Vorkriegsautos ausmachen. Da ist es manchmal gar nicht so wichtig, auch noch den genauen Wagentyp herauszufinden…
© Michael Schlenger, 2018. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://www.klassiker-runde-wetterau.com with appropriate and specific direction to the original content.