Beängstigend beinahe, wie die Zeit vergeht – hätte ich doch fast übersehen, dass schon wieder ein Monat (und damit das erste Halbjahr) herum ist.
Kaum weniger irritierend, dass es nun schon fast genau drei Jahre her ist, dass ich zuletzt das heutige Thema gestreift habe; ich hätte schwören können, es sei letztes Jahr gewesen.
Egal, wir wollen uns hier ja dem Dahinfliegen der Zeit und dem Vergessen nach besten Kräften entgegenstemmen – am zuverlässigsten geht das mit einer Reise in die Welt von gestern, die in den besten Momenten beinahe real wird.
Schauen wir aber erst einmal, was ich seinerzeit als Fund des Monats August 2020 ausgegraben hatte:

Diese großzügige Limousine mit dem Standard-Aufbau von Ambi-Budd (Berlin), der sich zeitgleich auch am Adler “Favorit” bzw. “Standard 6” fand, ist einer der raren Sechszylindertypen 9/40 PS, die ab 1927 zunächst unter dem Markennamen “Cyklon”, dann als “Dixi” bei den Fahrzeugwerken Eisenach gebaut wurden.
Die beiden Marken gehörten ab 1922 (Cyklon) bzw. 1924 (Dixi) zum Auto-Imperium von Jacob Shapiro und wie Dixi-Spezialist Matthias Doht hier überzeugend kommentiert, wurden diese großen Wagen wahrscheinlich schon in Eisenach gebaut, als sie noch als Cyklon firmierten.
Warum man sie überhaupt anfänglich mit der vor allem durch seine Dreirad-Automobile bekanntgewordenen Firma Cyklon in Verbindung brachte, ist schwer zu erklären. Vielleicht wollte Schapiro so vor sich selbst den (Fehl)Kauf der Marke rechtfertigen.
Doch dummerweise vermochte auch der prächtig daherkommende Cyklon 9/40 PS – Deutschlands billigster Sechsyzlinder – am Markt nicht zu überzeugen. So findet man ihn vorwiegend auf zeitgenössischen Reklamen und in Büchern jener Zeit:

Vom eingangs gezeigten Dixi 9/40 PS unterscheidet sich dieses Exemplar zum einen durch den Tourenwagenaufbau, zum anderen durch das abweichende Markenemblem. Dessen Form prägen wir uns ein, auch wenn das Firmenlogo nicht zu erkennen ist.
Vor kurzem stieß ich dann auf die Aufnahme eines Autos, das mir merkwürdig vertraut vorkam. Doch da ich die Dixi-Cyklon-Connection wieder aus dem Auge verloren hatte, wollte der Groschen eine ganze Weile nicht fallen.
Nur dass das fragliche Fahrzeug ebenfalls die typische Ambi-Budd-Karosserie besaß, wie sie vor allem für die Adlerwerke in Frankfurt/Main geliefert wurde, das war klar.
Ich befasste mich erst einmal ein Weile mit dem Beseitigen von Flecken auf dem Abzug, aber das gab ich in dem Moment auf, als mir klar wurde, was ich da vor mir hatte:

Nehmen Sie sich etwas Zeit und vergleichen diesen Wagen mit dem Dixi 9/40 PS bzw. dem Cyklon auf obiger Buchabbildung – alles wesentliche stimmt überein und der Kühler entspricht klar dem des Cyklon.
Wenn ich damit richtig liege, ist dieses Foto das erste Original überhaupt, welches ich von einem Cyklon 9/40 PS gefunden habe. Wenn jemand ein weiteres kennt, freue ich mich natürlich dennoch über einen Hinweis.
Über den Wagen und seine Besitzer wissen wir leider nichts – außer, dass er im Raum Recklinghausen zugelassen war.
Sehr gut gefällt mir die entspannte Haltung des Paars vor dem Wagen – so gekleidet posiert man würdig vor einem derartigen Wagen. Auch das ist eine leider vergangene Facette von Stilbewusstsein (nur wenige Menschen sind so schön, dass sie sich im Alltag weitgehend entblößen können, ohne dass dies anderen Ungemach bereitet).
Datieren würde ich diesen großartigen Fund auf die frühen 1930er Jahre. Wir Nachgeborenen haben es gut und können uns daran ungeschmälert erfreuen.
Dabei wissen wir, dass sich die Welt damals in einen Höllenschlund verwandelte, weil die sogenannten Eliten in Politik, Wirtschaft und Militär glaubten, dass sie die Herren der Welt seien und die Masse hierzulande leider oft mehr mitmachte, als nötig war.
Wenn das Paar auf dem Foto den 2. Weltkrieg überlebt hat, konnte es sich glücklich schätzen, der Cyklon wird sicher früher oder später unter die Räder geraten sein. Hier bekommt er noch einmal die Bühne, die er verdient.
Übrigens sollte es (angeblich) 1929 noch einen weiteren Cyklon mit Sechszylinder geben – nun jedoch mit geringerem Hubraum (1,8 Liter) – vielleicht als Konkurrenz zum Opel 8/40 PS.
Darauf weist diese Reklame hin, deren Interpretation ich aber den Spezialisten überlasse…

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Diesen Wagen muß es gegeben haben, denn es existiert ein Emblem, welches offensichtlich auf einem Kühler angelötet war. Das belegt die Rückseite des Emblems (s.a. mein Blog: http://www.radiatoremblems.com ) Dem üblichen Motto nach, dass die nächste Fahrzeuggeneration immer größer werden muss, sollte der fragliche Typ 7/40 eher 1926, also vor dem Typ 9/40 erschienen sein. Ist denn die Anzeige datiert ?
Mit den besten Grüßen aus Bärlin
Claus
Genau, das ist auch die Auffassung von Dixi-Spezialist Matthias Doht.
Irgendwie passt der Sechs-Ender nicht so recht zu “Cyclonette” und deren Nachfolgern.
Ähnlich Goggomobil und GLAS V8 ….