Heute kommen wieder einmal die Freunde der einst hochangesehenen Frankfurter Marke “Adler” auf ihre Kosten – und das gleich mit einem der seltensten Modelle der 1930er Jahre, einem Adler “Diplomat”.
Wer sich mit den Adler-Typen jener Zeit nicht auskennt, hat vom “Diplomat” wohl noch nie gehört – es wurden davon ab 1934 auch nur wenige tausend Stück gebaut.
“Den” Adler der 1930er Jahre schlechthin kennt dagegen jeder, der sich für deutsche Vorkriegsautos erwärmen kann, die Rede ist vom “Trumpf Junior”. Hier haben wir ein Exemplar auf einer schönen, bislang unveröffentlichten Originalaufnahme:

Adler “Trumpf Junior”; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Viel besser hätte die Werbeabteilung das Volumenmodell von Adler – rund 100.000 wurden davon gebaut – auch nicht treffen können.
Schräg von vorn kommt das Adler-Emblem an dieser Cabrio-Limousine perfekt zur Geltung. Die beiden Herren mit Fahrerhaube machen durchaus den Eindruck, dass sie zufrieden mit ihrem 25 PS leistenden modernen Fronttriebler sind.
Wer übrigens eine Idee hat, wo sich die Kirchen- oder Klosterruine im Hintergrund befindet, kann dies über die Kommentarfunktion kundtun.
Nun aber zurück zum raren Adler “Diplomat”, von dem wir bislang überhaupt nur ein Exemplar zeigen konnten, dieses hier:

Adler “Diplomat” Limousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
Den eindrucksvollen Wagen hatten wir vor einiger Zeit hier vorgestellt. Dabei sind wir auch ausführlich auf den Ursprung und die besonderen Qualitäten dieses 6-Zylindermodells eingegangen.
Deshalb verzichten wir an dieser Stelle auf eine ausführliche Besprechung des Typs an sich – und widmen uns stattdessen einer Karosserievariante des Adler “Diplomat”, die nach Meinung des Verfassers das Attribut “formvollendet” verdient.
Leider wissen wir bislang nicht, welcher Karosseriebaufirma wir dieses Prachtstück zu verdanken haben:

Adler “Diplomat”; Orignalfoto aus Sammlung Michael Schlenger
So repräsentativ die Limousine auch wirkt, so elegant kommt dieses 4-Fenster-Cabriolet daher. Es soll auch eine zweifenstrige Version gegeben haben – im Fundus des Verfassers findet sich aber bislang noch keine entsprechende Aufnahme.
Selbst Fotos dieser offenen Ausführung sind ausgesprochen selten, zumal es sich um die nur 1934 gebaute Variante handelt.
Diese ist an den schüsselförmigen Scheinwerfergehäusen (später tropfenförmig) und den ausstellbaren Luftklappen in der Motorhaube zu erkennen, außerdem an der wie beim “Trumpf Junior” nur leicht geneigten Kühlermaske:
Auf dieser Ausschnittsvergrößerung kann man auf der Radkappe deutlich “Adler Diplomat” lesen, sodass formal ähnliche Wagen wie der Hanomag “Sturm” ausscheiden.
Leider ist der Abzug im Bereich zwischen A-Säule und Ersatzrad beschädigt, doch die Qualität des Aufbaus ist auch so bemerkenswert. Was besticht, ist die Klarheit der Karosserieelemente, die wie gemeißelt wirken.
Ob die präzise Sicke entlang des Vorderschutzblechs, die Ausschnitte der Luftklappen oder die seitliche Zierleiste, die die Gürtellinie des Wagens akzentuiert, alles wirkt konzentriert, schlüssig und selbstverständlich.
Gerade Linien werden so weit wie möglich vermieden, selbst der Türgriff weist einen leichten Schwung auf und die seitliche Zierleiste wird nach hinten breiter.
Wunderbar dann der Verlauf der nach hinten erst leicht abwärts- und dann wieder aufwärtsschwingenden Linien unterhalb der Seitenfenster und der kurvige Abschluss der Fahrgastzelle oberhalb des Trittbretts:
Diese leicht gegenläufigen Bögen erzeugen Spannung im Wagenkörper, vermeiden die öde Gleichförmigkeit paralleler Linien und rechter Winkel.
Wie hier das Karosserievolumen spannungsreich und dennoch im Einklang mit der Funktion der einzelnen Elemente gestaltet ist, verrät eine meisterliche Hand. Das gilt gleichermaßen für die Zeichner des Aufbaus wie für die Arbeiter, die diese organischen Formen mit ihren Händen schufen.
Denn solch eine Blechskulptur fiel nicht aus irgendeiner Stanze und wurde auch nicht über einer Abkantbank in simple Form gezwungen – so etwas war Stilsicherheit pur und Kunsthandwerk vom Feinsten.
Nun betrachte man sich, was heutzutage von vielen Herstellern an “Design” produziert wird, das von irgendwo beginnenden und im Nichts endenden Sicken und Falzen geprägt ist, das mit plump aufgesetzten Plastikelementen und grotesk überzeichneten Lufteinlässen und Auspuffpartien daherkommt.
Wer sich fragt, was die Magie der wirklich alten Autos ausmacht, findet hier eine Antwort.
So wie eine Violine irgendwann ihre vollendete Form fand (das ist schon ein paar Jahrhunderte her) so markieren auch die Autos der 1930er Jahre in den gelungensten Fällen eine formale Vollkommenheit, an der es nichts zu verbessern gibt.
Mit dem “Diplomat” von 1934 erreichte Adler in gestalterischer Hinsicht einen Grad der Vollendung, dem nichts Vergleichbares mehr folgen sollte.
Wenn jetzt noch jemand belegen könnte, wer der Hersteller dieses wunderbaren Cabriolet-Aufbaus war, wäre das Glück perfekt…
© Michael Schlenger, 2018. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://www.klassiker-runde-wetterau.com with appropriate and specific direction to the original content.
“Wenn jetzt noch jemand belegen könnte, wer der Hersteller dieses wunderbaren Cabriolet-Aufbaus war, wäre das Glück perfekt…”
Sehr geehrter Herr Michael Schenker,
mein guter Freund, der für mich eine absolute Autorität zum Thema “karosseriefirmen”, ist geneigt zu glauben, dass es der karosserie der Firma Hornig ist.
Entschuldigen Sie für die maschinelle übersetzung.
Alles gute, Alexander.