“What’s next?” – Was kommt als Nächstes? Das fragten einst Journalisten den Leiter des Projekts Apollo – Wernher von Braun – nach der Mondlandung 1969.
“Mars” lautete seine Antwort. Wir wissen natürlich, dass es nicht dazu kam, weil die USA sich kein weiteres Prestigeprojekt dieser Größenordnung leisten konnten. Der Vernichtungskrieg in Vietnam wollte schließlich auch finanziert werden…
Schade eigentlich, denn man darf davon ausgehen, dass die damaligen Entwickler, Techniker und Astronauten es auch zum roten Planeten geschafft hätten. Unterdessen versucht die NASA im Jahr 2022 verzweifelt, zumindest wieder eine unbemannte Mondrakete auf die Umlaufbahn zu bringen – bisher vergeblich.
Was in der Zwischenzeit an Kompetenz nicht nur in der Raumfahrt verlorengegangen ist, soll nicht Gegenteil dieses Blogeintrags sein.
“What’s next?” ist heute einfach nur die Frage, die sich mir jedesmal stellt, wenn ich nach Gegenstand und Titel des nächsten Blog-Eintrags suche.
Die Auswahl ist beängstigend, zumal sich laufend neues Material einfindet, nicht zuletzt dank etlicher großzügiger Sammlerkollegen. Doch diesmal fällt die Entscheidung leicht.
Denn was sollte als Nächstes auf die Vorstellung eines Fiat folgen? Nun, ein Wagen aus den USA! Wer jetzt auf einen der Wagen hofft, die von 1909 bis 1918 im Fiat-Werk in Poughkeepsie im US-Bundesstaat New York entstanden, wird enttäuscht sein.
Dass nach einem populären Fiat natürlich ein amerikanisches Fabrikat das nächste ist, das ist anders gemeint – es ergibt sich von selbst aus dieser Aufnahme, die ich kürzlich erwarb:

Dass der Wagen rechts ein Fiat sein muss, das hatte ich gleich erkannt. Mich reizte aber das Fahrzeug daneben, das ich auf Anhieb nicht identifizieren konnte.
Um zur Lösung zu gelangen, kommt man um eine kurze Beschäftigung mit dem Fiat nicht umhin – aber es gibt ja Schlimmeres. Die Kühlerform und die Gestaltung der Motorhaube mit sehr schmalen, recht tief liegenden Luftschlitzen deutete auf den Typ 501 hin.
Dieser ab 1919 gebaute Vierzylinderwagen mit 1,5 Liter-Motor und standfesten 23 PS war der erste Welterfolg der Turiner Marke, die zuvor noch auf Manufaktur ausgerichtet war.
Es gab auch eine etwas längere Ausführung davon, den Typ 502, aber dieser ist auf solchen Fotos kaum eindeutig zu identifizieren, obwohl der Radstand hier schon recht lang erscheint. Der deutlich stärkere und noch größere Paralleltyp 505 mit 2,3 Litern Hubraum und 33 PS könnte prinzipiell ebenfalls in Betracht kommen.

Jedoch spricht viel für den 501, von dem die größeren Stückzahlen entstanden. Speziell in Deutschland, wo dieses Foto ausweislich des Nummernschilds entstand, gab es in der 1,5 Liter-Klasse anno 1920 kein so leistungsfähiges und zugleich geräumiges Serienauto.
Was bringt uns das jetzt im Hinblick auf den danebenstehenden Wagen? Nun, ganz einfach: Im direkten Vergleich ist unübersehbar, dass der dem Fiat “Nächste” einen wesentlich längeren Vorderwagen besitzt.
Die schiere Länge der Haube bei sonst vergleichbaren Dimensionen des Tourenwagenaufbaus spricht dafür, dass sich darunter auch ein längeres Aggregat verbirgt – wofür in den frühen 1920er Jahren hauptsächlich ein Sechszylinder in Betracht kam.
Allerdings bot damals kein deutscher Hersteller einen Sechszylinderwagen mit einer so unscheinbaren Frontpartie an:

Ich erinnerte mich, eine solche Kühlergestaltung schon bei gängigen US-Mittelklassewagen der frühen 1920er Jahre gesehen zu haben und landet so nach einigen Versuchen bei Studebaker.
Tatsächlich tauchen bei den 1923 gebauten Sechszylinder-Studebakers markante Details auf, wie sie hier zu sehen sind. Vor allem zu nennen sind die Positionslampen, die nunmehr im unteren Windschutzscheibenrahmen untergebracht waren.
Nur bei den stärkeren Ausführungen “Special Six” und “Big Six” finden sich zudem die Trittschutzbleche am Schweller, von denen der hintere eine Wartungsöffnung aufweist – nicht schön, aber ungewöhnlich und damit bei der Identifikation hilfreich.
Bei der Spitzenmotorisierung “Big Six” schließlich wurde ein vernickelter statt nur lackiertes Kühlergehäuse verbaut, außerdem die ansatzweise zu sehende Stoßstange, damals noch ein Novum und meist nur als Zubehör erhältlich.
Die beim “Big Six” in der Literatur (Kimes/Clark: Standard Catalog of American Cars) genannten serienmäßigen Scheibenräder fehlen hier zwar, doch waren optional stets auch Drahtspeichen- oder Holzspeichenräder erhältlich.
Nach der Lage der Dinge spricht daher vieles dafür, dass der hier dem Fiat “nächste Wagen” ein Studebaker des Typs “Big Six” von anno 1923 war. Mit seinem bärenstarken 5,8 Liter-Motor, der schon bei 2000 Umdrehungen seine Höchstleistung von 60 PS abwarf, spielte der Studebaker in einer völlig anderen Liga als der Fiat und deutsche Konkurrenten.
Wie souverän sich ein solcher Wagen auch nach bald 100 Jahren im modernen Verkehr bewegen lässt, davon vermittelt das folgende Video einen Eindruck:
“What’s next?”, mögen Sie jetzt fragen? Das weiß ich noch nicht, aber es wird sich schon etwas Hübsches finden…
Michael Schlenger, 2022. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.
Beim 510 sehe ich wie beim 505 die wohl doch serienmäßig abgeflacht vorragenden Kotflügelkanten, weshalb ich nun eher einen 502 vermuten würde. Auch die Motorraumproportionen sehen mehr nach 65/35 als nach 70/30 aus …
https://www.heritagemotor.it/index.php/it/in-vendita/auto/52-fiat-510-torpedo-1923-ex-re-italia
https://www.ruotevecchie.org/fiat-510-torpedo-20170916/
https://motor-car.net/fiat/item/21558-fiat-502
Auch der Fiat 510 (Sechszylinder) käme in Betracht, wie mir verschiedentlich gesagt wurde.
Aus diesem Bild ergibt sich ein idealer italo-amerikanischer Vergleich, denn schon die beiden Kühlergrills sind sich nicht unähnlich ! Und während der Studebaker als typischer Amerikanerwagen mit 6 Zylindern daherkommt, ist die kürzere Motorhaube des Fiat (dessen Bautyp sich so als Nachfolger des Tipo 3 und 4 erweist) gemessen am Windlaufbereich doch nicht so kurz, sodaß ich eher zum 505 neige (501: 60/40, 505: 67/33), wie ich ihn gerade auch in Ihrem ebenso tollen Bildbericht zum “Außenlenker” sah, auch wenn die hier runde Form der Kotflügel dem entgegensteht. Vielleicht ist es somit doch der 502 ? Jedenfalls paßt dieses Paar perfekt zusammen, denn als 6-passenger-phaetons mit je 3 Sitzreihen bieten beide gleichermaßen Platz ! Und selbstverständlich bin ich schon gespannt auf das folgende “what’s next ?”!
https://www.streetsideclassics.com/vehicles/3305-atl/1923-studebaker-big-6-sport-phaeton