Heute hatte ich “hohen” Besuch aus Berlin – jedenfalls gemessen an den Dimensionen des VW-Bus, welcher sich nachmittags vorsichtig in die schmale Hofeinfahrt hineintastete.
Zwei seit Jahren geschätzte Sammlerkollegen hatten sich anlässlich einer Veranstaltung in der Nähe angekündigt – eine schöne Gelegenheit, sich einmal persönlich kennenzulernen und natürlich in Vorkriegsdokumenten zu stöbern.
Ich hatte zwar erwartet, dass ich kleines Licht, das erst seit einigen Jahren ohne Systematik Material zusammenträgt, den beiden nicht viel zu bieten hatte. Doch tatsächlich war am Ende einiges dabei, womit ich den Herren eine Freude machen konnte und umgekehrt kam auch ich auf meine Kosten, den sie waren nicht mit leeren Händen gekommen.
Eine glückliche Verbindung, welche eine Vertiefung verdient, so lautete mein Fazit. Genau das soll auch das Thema meines heutigen Blog-Eintrags sein – in mehrfacher Hinsicht.
Eine glückliche Verbindung, auf die ich immer wieder gern zurückkomme und die ebenfalls eine Vertiefung verdient, war die Kombination des noch recht neuen Vorderradantriebs mit gekonntem Styling Anfang der 1930er Jahre.
Wenn Sie dabei zuerst an die attraktiv gezeichneten Frontantriebswagen von DKW denken, ist das nicht verkehrt. Es gab aber noch mehr Raffiniertes auf dem Sektor, wie ich finde.
Dazu müssen wir freilich erst an eine andere glückliche Verbindung erinnern, nämlich diejenige zwischen menschengemachter Maschine und natürlichen Pferdestärken – regelmäßige Leser erinnern sich vielleicht hieran:

Diese großartige Szenerie war keineswegs die einzige, welche bei derselben Gelegenheit festgehalten wurde.
Zu diesem Ausritt hatten sich nämlich einige Automobilisten eingefunden, welche auch ihre vierrädigen Lieblinge angemessen festgehalten wissen wollten. Dazu zählte neben dem Steyr 30 ein Mercedes 170 und mindestens ein weiteres, deutlich exklusiveres Fahrzeug.
Um letzteres soll es heute gehen. Damit am Ende auch klar ist, worum es sich handelt und ich mir langatmige Herleitungen sparen kann (obwohl manche Leser gerade die schätzen), beginnen wir ganz vorn – so gehört es sich ja auch für einen Fronttriebler:

Dieses repräsentative, wenn auch etwas düster wirkende Fahrzeug war das Ergebnis von nur drei Jahren Evolution, nachdem Stoewer aus Stettin noch 1930 (also kurz vor DKW) seinen ersten Wagen mit Vorderradantrieb vorgestellt hatte.
Mit jenem kleinen 1,2-Liter-Typ V5 hatte der Nachfolger R-140 bzw. R-150 kaum noch etwas gemeinsam – denn der war mit 1,5 Litern Hubraum und 35 PS klar in der Mittelklasse angesiedelt.
Nach den ersten noch bescheidenen Versuchen mit dem V5 gelang Stoewer spätestens mit dem 1934 eingeführten R-150 eine besonders glückliche Verbindung aus moderner Antriebstechnik und klassisch schöner Gestaltung:

Zugegeben, ganz so elegant wie auf dieser Zeichnung sah der R-150 als geschlossener Viertürer dann doch nicht aus.
Allerdings gab es davon auch eine Ausführung als zweitüriges Cabriolet, die man sehr wohl als glückliche Verbindung aus gefälliger Optik und vorteilhaften Fahreigenschaften betrachten darf.
Diese Version habe ich hier schon einmal vorgestellt – wenn ich sie nun nochmals zeige, dann nur, damit Sie am Ende auch mein Urteil nachvollziehen können, was den eigentlichen Gegenstand des heutigen Blog-Eintrags betrifft:

Einprägen müssen Sie sich nur drei Dinge: die horizontal verlaufenden Luftschlitze in der Motorhaube, die erhaben ausgeführten Chromradkappen und die spindelförmige Chromleiste im oberen Bereich der Tür, welche diese optisch niedriger wirken lässt.
Hat man einmal diese Elemente des Stoewer R-150 in der Ausführung als Cabriolet verinnerlicht, dann ist man in der Lage, diese Version auch bei nur ausschnitthafter Wiedergabe zu erkennen.
Normalerweise würde man abwinken, wenn auf einem Autofoto kaum mehr als die Türpartie zu sehen ist. Doch gibt es auch in solchen Fällen glückliche Verbindungen, welche die Defizite mehr als ausgleichen.
Jetzt begeben wir uns wieder auf das herrschaftliche Anwesen, auf dem die eingangs gezeigte Aufnahme entstand.
Wieder geht es – wenn man genau hinschaut – um die glückliche Verbindung aus Pferdestärken und motorisiertem Fortbewegungsmittel – doch in den Schatten gestellt wird diese mühelos durch die glücklichste Verbindung, die man sich als Autoliebhaber und Verehrer alles Schönen vorstellen kann:

Muss ich zu dieser wahrlich glücklichen Verbindung noch irgendetwas sagen? Wohl kaum, dann genießen wir still und erfreuen uns an den zeitlosen Momenten, welche uns die gemeinsame Beschäftigung mit Vorkriegswagen auf alten Fotos bescheren kann…
Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.