Urahn des Jaguar: Standard Flying von 1936

Der Jaguar gehört – das wissen die Großkatzenfreunde – gemeinsam mit Löwe, Leopard und Tiger zur Familie der „pantherae“, ist aber im Unterschied zu diesen seit fast 1 Million Jahren in Amerika beheimatet. Seine Urahnen freilich stammen aus der Alten Welt.

Und ebendort bleiben wir heute auch, wenn es darum geht, einem Vorläufer des Jaguar nicht auf vier Tatzen, sondern auf vier Rädern auf die Spur zu kommen.

Als Appetithappen hier schon einmal eine Vorschau auf das fragliche Geschöpf:

Standard Flying 12 oder 20 von 1936; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Kennern ist natürlich geläufig, dass die Marke „Jaguar“ sich auf die 1922 gegründete britische Firma „Swallow Sidecar“ zurückführen ließ, welche urspünglich Seitenwagen für Motorräder fertigte. Ab 1927 bot man auch sportliche Karosserien auf Chassis von Fremdherstellern an. Dazu zählte neben Austin die altehrwürdige Firma Standard.

Die auf Rahmen und Motor von Standard basierenden Fahrzeuge von Swallow wurden unter der Marke „SS“ verkauft. Das Kürzel ließ sich als „Swallow Sidecars“, Swallow Standard“ oder „Standard Swallow“ interpretieren – britischer Pragmatismus at its best.

Der erste „SS“, der als Vorläufer der späteren Jaguar-Tradition angesehen werden konnte, war der im Herbst 1935 vorgestellte SS „Jaguar 2.5 litre“. Der 6-Zylinder-Motor und das Chassis dieses ersten als Jaguar bezeichneten Wagens (die Herstellerfirma wurde erst 1945 entsprechend umbenannt) wurden von Standard zugeliefert.

Dieses Detail – dass der erste Jaguar zwar bereits einen 6-Zylinder besaß, wie das bis zum Erscheinen der 12-Zylinder Standard für die Marke bleiben sollte, aber dieses Aggregat gar kein Eigengewächs war – das mag überraschen, oder auch nicht.

Jaguar-Freunde wissen das wahrscheinlich, aber wie der Motorspender des ersten Jaguar aussah, das dürfte vielen dann noch nicht geläufig sein.

Damit sind wir zurück bei dem eingangs gezeigten Foto, welches 1938 in Belgrad entstand. Nun nehmen wir den Wagen näher unter die Lupe:

Auch ohne profunde Kenntnis britischer Vorkriegsautomobile, die in meinem Blog nur eine Randerscheinung darstellen, da sie auf dem Kontinent vergleichsweise selten blieben, ahnt man anhand des hohen und recht schmalen Kühlers, dass es sich um ein englisches Fabrikat handelt.

Der 1934 eingeführte Hansa 1100 bzw. 1700 besaß eine sehr ähnliche Kühlerpartie, doch fiel diese deutlich breiter aus, was freilich nichts daran ändert, dass der Hansa damals wohl der deutsche Wagen mit der „britischsten“ Optik war.

Nach einigen Recherchen kam ich im Fall der Belgrader Limousine auf den „Standard Flying“ von 1935/36. Dieser besaß eine nach damaliger Mode „stromlinienförmig“ gestalteten steil abfallenden Heckpartie mit mittig geteilter Rückscheibe.

Dieses Detail ist hier leider nicht zu sehen, wofür uns die „im Weg stehende“ junge Frau freilich vollauf entschädigt. Wir sind ihr keineswegs böse, ist sie es doch, welche diesem Autofoto das Quentchen Lebendigkeit einhaucht, welches das Sammelgebiet für mich und viele Gleichgesinnte erst so reizvoll macht.

Sie mag zwar nicht die Besitzerin des Wagens gewesen sein, vielleicht war sie sogar bloß eine Passantin, die sich von ihrem Begleiter neben dem Auto ablichten ließ. Vielleicht wusste sie dennoch mehr darüber als wir.

Zumindest ich kann hier nur „Standard“ liefern – also den Hersteller und die Bezeichnung der Modellfamilie „Flying“, welche sich auf das neugestaltete Emblem der Marke bezog.

Fraglich bleibt indessen vorerst, welche Ausführung wir hier vor uns haben. Die drei Vierzylinderversionen 9, 10 und 12 (was sich auf die britischen Steuer-PS bezieht) besaßen nämlich wie der parallel verfügbare 6-Zylindertyp „20“ eine fast identische Karosserie.

Nur der Vorderwagen scheint sich in Details sowie in der Länge unterschieden zu haben. Wie man sich das genau vorzustellen hat, das konnte ich auf die schnelle nicht herausfinden.

Immerhin ist es mir gelungen, ein prächtiges Foto eines praktisch identischen Exemplars von 1936 zu finden, das die an diesem Modell seltenen Scheibenräder besitzt, die auch an dem Belgrader Exemplar zu sehen sind.

Auch die eigenwillige Gestaltung der seitlichen Luftschlitze in der Motorhaube stimmt genau überein. Inwieweit diese einen Hinweis auf die Motorisierung geben, kann vielleicht ein sachkundiger Leser sagen oder ein fleißiger Mitstreiter herausfinden.

Sollte sich am Ende ergeben, dass wir es nur mit dem „großen“ Vierzylindertyp 12, nicht aber mit dem Spitzenmodell 20 mit dem für den ersten Jaguar ausgeborgten Sechszylindermotor zu tun habe, wäre das nicht weiter schlimm.

Meine kleine Geschichte vom Urahn des Jaguar würde auch dann noch passen. Denn SS bot parallel zum 6-zylindrigen „Jaguar 2.5 litre“ 1935/36 auch einen Vierzylindertyp an, den SS „Jaguar 1.5 litre“, dessen Motor ebenfalls von Standard stammte.

Genau das war nun eine für mich erstaunliche Erkenntnis – ganz am Anfang der unter anderem für ihre seidenweichen Sechszylinder legendären Marke Jaguar stand doch tatsächlich für kurze Zeit (auch) ein Vierzylinder…

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.   

Ganz‘ netter Versuch… Standard Superior von 1934

Nanu, ein Flüchtigkeitsfehler schon in der Überschrift?

Tja, an diesem Blog schreibe ich zu später Stunde, wenn es nicht mehr zum Besten steht mit der Konzentration und so bleiben einige Schnitzer nicht aus – die werden erst am nächsten Morgen beseitigt, meistens.

Doch das Apostroph hinter „Ganz“ ist ganz bewusst gesetzt – und sein Sinn erschließt sich schon bald.

Heute geht es zwar um den Standard „Superior“ – einen experimentellen Kleinstwagen der 1930er Jahre – doch man kommt bei seiner Betrachtung nicht an dessen Schöpfer vorbei.

Dieser war ein Zeitgenosse begnadeter Autoingenieure wie Ferdinand Porsche und Hans Ledwinka, doch im Unterschied zu ihnen blieb ihm ein durchschlagender Erfolg verwehrt.

In seiner Person vereinen sich Genie und Tragik auf mehrfache Weise, das wird auch am Standard „Superior“ deutlich, den wir gleich kennenlernen werden.

Zuvor ein paar Worte zu dem Mann, einem Vertreter der großen Ingenieurstradition im einstigen Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. Seinem Namen – Josef Ganz – begegnete man in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre auf Schritt und Tritt.

Ganz war dabei weniger als Schöpfer von Automobilen erfolgreich – im Gegenteil, wie wir noch sehen werden. Doch mit seinem soliden technischen Hintergrund war er der richtige Mann, um der Autoindustrie im deutschsprachigen Raum das Leben schwer zu machen.

Das tat er als Chefredakteur der „Motor-Kritik“ – eines vielbeachteten Blatts, das zum einen durch nüchterne Messmethoden aus dem Rahmen fiel, die Stärken und Schwächen verschiedener Fahrzeuge vergleichbar machten.

Zum anderen war die „Motor-Kritik“ die Plattform für Josef Ganz‘ persönliche Überzeugung von der einzig wahren Konstruktion eines Autos für die breite Masse.

Ganz meinte genau zu wissen, wie ein solcher „Volkswagen“ auszusehen habe – zweisitzig, mit Motor hinten und moderner Radaufhängung. Außerdem sollte er natürlich bezahlbar sein.

Auf den Trichter mit Heckmotor waren freilich auch andere gekommen, die einen Kleinwagen propagierten – denn so kam man ohne platzraubenden Getriebetunnel aus. Frontantrieb war noch etwas für ganz Mutige.

Hanomag hatte schon ab 1925 ein Heckmotorkonzept mit dem Typ 2/10 PS „Kommissbrot“ realisiert – und das sogar mit revolutionärer Pontonkarosserie:

Hanomag 2/10 PS Sport-Zweisitzer; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks

Freilich krankte das „Kommissbrot“ trotz seiner Sympathiewerte an der Primitivität des Antriebs (1-Zylinder-Motor) und der fehlenden Familientauglichkeit.

Zu diesem Zeitpunkt hatten nicht nur die US-Hersteller, sondern auch europäische Fabrikate wie Austin und Citroen bereits vorgeführt, dass ein massenmarkttaugliches Auto kein fauler Kompromiss in Sachen Motorisierung und Platzangebot sein durfte, sondern ein vollwertiges Fahrzeug sein musste, das durch konsequente Ausrichtung der Konstruktion auf großindustrielle Fertigung erschwinglich wird.

Das wollte man weder bei Hanomag noch bei irgendeinem anderen deutschen Hersteller jener Zeit einsehen. Entsprechend fiel der „Erfolg“ aus.

An dieser Stelle begegnen wir erstmals dem genialen Motorkritiker Josef Ganz als tragische Figur. Denn sein Denken war – den von ihm angestrebten Volkswagen betreffend – auf eine ähnliche Sackgasse ausgerichtet wie der kleine Hanomag – bloß ohne die moderne Vision einer Pontonkarosserie.

So setzte sich Ganz wieder und wieder für ein nur zweisitziges Kleinstauto mit Heckantrieb ein, ohne dabei den Bedarf der breiten Masse an einem familientauglichen Fahrzeug zu berücksichtigen – er scheint selbst keine Kinder gehabt zu haben.

1931 baute Ganz mit dem „Maikäfer“ einen Prototyp seines Volkswagens – heckgetrieben und zweisitzig, aber formal konventionell und insoweit hinter dem Hanomag 2/10 PS zurückbleibend.

Das Interesse des Markts daran hielt sich – nachvollziehbar – in Grenzen. Doch Josef Ganz ließ nicht locker. So gelang es ihm, die Motorradfirma „Standard“ dazu zu bewegen, ein Auto in Serie zu fertigen, das seinem Ideal nahekommen sollte.

Unter der kühnen Bezeichnung Standard „Superior“ wurden dann zwischen 1933 und 1935 immerhin einige hundert Exemplare gebaut – hier haben wir eines davon:

Standard „Superior“; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Wie das Nummernschild des Motorrads vermuten lässt, hatte sich diese Gesellschaft mit gleich vier Kraftfahrzeugen in Berlin zum Fototermin eingefunden. Leider wissen wir nichts über Anlass und persönlichen Hintergrund.

Jedenfalls stellte die unbekannte Person, welche diese Aufnahme schoss, beabsichtigt oder nicht den winzigen Standard „Superior“ in den Mittelpunkt. Dabei handelte es sich um die Ausführung von 1934, die gegenüber dem arg primitiv gezeichneten Erstling von 1933 gefälligere Linien aufwies.

Man sieht es hier zwar nicht, aber die überarbeitete Version besaß nun zwei Seitenfenster. Die viel zu tief sitzende Stoßstange war wohl von einem Spaßvogel angebracht worden:

Man kann hier anhand des Größenverhältnisses der Personen und des Wagens bereits erahnen, dass es sich dabei um keinen „großen“ Wurf in Sachen Platzangebot handelte. Immerhin hatte man nun eine für sehr kleine Kinder geeignete Sitzbank untergebracht.

Einer der Gründe für die beengten Platzverhältnisse war die Anordnung des Motors vor der Hinterachse, die sich aus Überlegungen zur Gewichtsverteilung ergeben hatte. Der Standard „Superior“ nach Entwurf von Josef Ganz war also kein echter Hecktriebler wie der spätere VW, sondern eher ein Mittelmotorauto.

Der verbaute Motor – ein anfänglich 400ccm, später 500ccm messender – Zweizylinder-Zweitakter dürfte eine Konstruktion vom Motorradhersteller Standard selbst gewesen sein.

16 PS leistete dieser in der stärkeren Variante, was ein Spitzentempo von 80 km/h ermöglichte. Der Verbrauch an Zweitaktgemisch wurde mit 8 Liter/100 km/h angegeben.

Dummerweise hatte man dem Wägelchen bloß einen 18 Liter Tank spendiert, sodass rechnerisch schon nach 225 km Schluss mit dem Vergnügen war.

Nun könnte man – wie das heute bei Elektroautos beliebt ist – auf die Argumentation verfallen, dass man mit dem Automobil meist nur kürzere Strecken fährt. Das ist in etwa so intelligent, wie die Bremsen nach dem Bedarf im Stadtverkehr zu bemessen.

Warum sollte man eine Reichweiteneinschränkung hinnehmen, wenn es Autos gibt, die auch lange Strecken ohne Tankstopp absolvieren und auch sonst fast alles besser können?

Das galt natürlich auch für die Konkurrenz, gegen die der Standard Superior antrat. Der war zwar mit knapp 1600 Reichsmark sehr billig, aber schon für gut 250 Mark mehr gab es ein vollwertiges Auto wie diesen adretten DKW F2:

DKW F2 „Reichsklasse“ am Deutschen Eck; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Hand auf’s Herz: Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie doch sicher auch den DKW vorziehen oder?

Der hatte nicht nur eine bequeme Rückbank auch für Erwachsene, er sah auch wie ein richtiges Auto aus und nicht wie ein Spielzeug.

Sein kunstlederbezogener Holzaufbau weckte zwar keine Begeisterung, aber der Standard „Superior“ war in der Hinsicht ebenso simpel. Übrigens wurde bei letzterem vom Hersteller ernsthaft die „geräumige Stromlinienkarosserie“ gepriesen.

Selbige hatte – wie bei Kleinstwagen zu erwarten – keinen wesentlichen Effekt auf den Kraftstoffverbrauch. Der DKW F2 mit seiner weit größeren Querschnittsfläche und stärker zerklüfteter Karosserieform verbrauchte nämlich auch nicht mehr.

Für mich bleibt als Fazit, dass das ein netter Versuch von Ganz war, dass aber das auf dem Foto mitabgebildete Motorrad für die Tour zu zweit das reizvollere Gefährt als der winzige Standard „Superior“ gewesen wäre – jedenfalls bei gutem Wetter:

Der Flop des Standard „Superior“ war indessen nicht die einzige Tragik im Leben des Josef Ganz. Da er jüdischer Abkunft war, wurde er wie unzählige andere Bürger nach der Machtübernahme der National-Sozialisten terrorisiert und um sein Werk gebracht.

Immerhin gelang es Ganz, in die neutrale Schweiz auszureisen und entging so einem schlimmeren Schicksal. Dort arbeiteter unter anderem bei der Firma „Rapid“, die einen am Standard „Superior“ orientierten Kleinstwagen nach Enwurf von Ganz herausbrachte.

Dieser blieb indessen erfolglos wie schon der von Bungartz 1934 auf Basis einer Ganz-Konstruktion vorgestellte „Butz“-Kleinstwagen.

Vielleicht lag die Tragik von Josef Ganz nicht nur in den unglücklichen äußeren Umständen, sondern auch in seinem Beharren auf der immer gleichen Grundidee, welche eine reine Ingenieursperspektive widerspiegelte und die Bedürfnisse des Markts weitgehend ausblendete.

Zwar wurde von interessierter Seite versucht, Josef Ganz zum Erfinder des Volkswagens hochzuschreiben, doch das ist nicht nur aus meiner Sicht abwegig. Zur Vertiefung empfehle ich diesen differenzierten Artikel von Christoph Ditzler.

© Michael Schlenger, 2022. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Pseudo-Stromlinie: Ein Standard 12 „Flying“ in Irland

Wer sich für die Geschichte der Stromlinie im Automobilbau interessiert, findet in diesem Blog reiches Anschauungsmaterial – darunter auch Abbildungen sehr früher und kaum bekannter Fahrzeuge (siehe Schlagwort „Stromlinie“).

Damit verwandt ist die Gattung der „Pseudo-Stromlinienfahrzeuge“ – also Autos, die einzelne formale Elemente des Stromlinienideals aufwiesen, ohne ein wirklich windschnittiges Gesamtbild abzugeben.

Großen Einfluss in dieser Hinsicht hatte vor allem der „Wasserfall“-Grill des Chrysler Airflow von 1934. Er taucht als Gestaltungselement bei etlichen Fahrzeugen der 1930er Jahre auf, die keine ernsthaften aerodynamischen Ambitionen verfolgten.

Ein Beispiel dafür ist auf dem folgenden Originalfoto zu sehen:

Standard_12 Flying_Vorkrieg_Galerie

© Standard 12 „Flying“, Baujahr 1937-39; Foto aus Sammlung Michael Schlenger

Der Wagen wirkt unverkennbar britisch, auch wenn wir Kontinentaleuropäer Hersteller und Typ nicht gleich parat haben.

Engen wir die Auswahl ein: In Frage kommen der Größe nach zu urteilen nur Mittelklassehersteller. Ausschließen kann man Austin und Morris, deren Wagen keine so markante Front aufwiesen. Ford of Britain und Vauxhall trauten sich in dieser Hinsicht mehr, doch ein „waterfall grille“ war auch dort nicht zu finden.

Es bleiben von den bekannten Marken nur Triumph und Standard. Tatsächlich war es das Modell Standard Flying, das ab 1937 mit diesem auffallenden Kühlergrill gebaut wurde.

Die Marke aus Coventry hatte bereits vor dem 1. Weltkrieg Modelle in der Klasse von 12-Steuer-PS im Programm und bot auch in den 1930er Jahren entsprechende Wagen an. Der Standard auf unserem Foto ist ein solcher Typ 12, wie ein Blick auf die Abdeckung der Öffnung für die Anlasserkurbel verrät:

Standard_12 Flying_Vorkrieg_Ausschnitt

Apropos 12: Der solide gebaute Standard Flying 12 war mit seinem 44 PS leistenden 1,6 Liter-Vierzylinder zwar nur mäßig motorisiert; er bot aber immerhin eine 12 Volt-Elektrik, was damals viele Hersteller noch für unnötig hielten.

Offenbar teilte man damals die (fälschlicherweise) Joseph Lucas zugeschriebene Ansicht: „A gentleman does not motor about after dark“ – also: „Ein Mann mit Stil fährt nachts nicht im Auto herum“.

Von der Elektrik abgesehen bot der Standard 12 Flying in technischer Hinsicht Hausmannskost: Die Bremsen waren seilzug- bzw. gestängebetätigt, und erst 1939 gab es eine Version mit Einzelradaufhängung vorne.

Immerhin betont der britische „Standard Motor Club“ in seiner Kaufberatung des Modells die außergewöhnlich gute Verarbeitung und die Nehmerqualitäten des Antriebs („praktisch unzerstörbar“).

Einige Überlegungen zu Aufnahmezeitpunkt und -ort: Der 1937 vorgestellte Wagen sieht auf dem Foto schon etwas mitgenommen aus. So fehlen die beiden Hupen, man sieht nur noch die Kabeldurchführungen in den Kotflügeln. Die Stoßstange hängt etwas schief und der Lack wirkt matt.

Sicher ist dieses Bild erst nach dem 2. Weltkrieg entstanden, als auch in England alles, was noch fuhr, bis zum bitteren Ende aufgebraucht wurde.

Das Nummernschild mit dem Kürzel „ZC“verweist übrigens auf eine Zulassung im Raum Dublin (Irland) zwischen 1937 und 1940. Wer sich schon immer gefragt hat, was die kryptisch anmutenden Nummernschilder britischer Wagen verraten, dem wird hier geholfen.

Weitere Blog-Einträge zu Pseudo-„Streamlinern“: Röhr 8F , Maybach und DKW.